Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
eines großen Mannes sein; und er wird ein großer Mann werden. Er ist ehrgeizig. Er möchte, daß ich eine gewandte Gastgeberin werde und ihm helfe, Eingang in die bessere Gesellschaft zu finden. Er möchte, daß ich wie G-guh-guh-Gladys Claffern werde.«
Ihre Nase rötete sich, und sie blickte weg.
Aber Tony beobachtete sie nicht. Seine Augen musterten den Raum. »Ich kann Ihnen helfen, den Haushalt zu führen.«
»Aber das nützt ja nichts«, wimmerte sie. »Das Haus braucht einen gewissen Pfiff, den ich ihm nicht geben kann. Ich kann es nur gemütlich machen. Ich kann es nie so machen, wie man es in den feinen Zeitschriften wie ›Haus und Garten‹ abgebildet sieht.«
»Wollen Sie denn so etwas?«
»Wollen schon, aber ich habe dafür nicht die richtige Hand.«
Tony blickte sie voll an. »Ich könnte helfen.«
»Wissen Sie denn etwas über Innendekoration?«
»Ist das etwas, das ein guter Haushälter wissen sollte?«
»O ja.«
»Dann habe ich die Fähigkeit, es zu lernen. Können Sie mir Bücher über das Thema besorgen?«
Das war der Anfang.
Claire ging zur Bibliothek und schaffte zwei dicke Bände über Innendekoration und schöneres Wohnen herbei. Sie beobachtete Tony, als er einen der Bände öffnete und darin blätterte. Es war das erstemal, daß sie seine Finger bei einer so feinen Arbeit sah.
Ich begreife nicht, wie sie so etwas machen, dachte sie; dann griff sie impulsiv nach seiner Hand und betrachtete sie. Tony ließ es geschehen.
»Das ist wirklich großartig«, sagte sie. »Sogar Ihre Fingernägel sehen natürlich aus.«
»Die Haut besteht aus flexiblem Plastikmaterial, der Skelettrahmen aus einer Leichtmetallegierung. Finden Sie es amüsant?«
»Nein, gewiß nicht.« Sie ließ seine Hand fahren und errötete. »Es macht mich nur verlegen, so in Ihrem Innern herumzustochern. Es geht mich schließlich nichts an. Sie fragen mich ja auch nicht, wie ich zusammengesetzt bin.«
»Für solche Art Neugier ist mein Gehirn nicht eingerichtet. Ich kann nur innerhalb vorgeschriebener Grenzen operieren, müssen Sie wissen.«
In der darauffolgenden Stille fühlte Claire etwas wie einen Knoten in ihrer Kehle. Warum vergaß sie immer wieder, daß er eine Maschine war. Das Ding mußte sie selbst daran erinnern. Hungerte sie so nach Sympathie, daß sie sogar einen Roboter als gleichwertig ansah, weil er ihr mit Sympathie und Geduld begegnete?
Sie sah, daß Tony immer noch wie hilflos die Seiten des Buches umblätterte, und plötzlich verspürte sie ein beglückendes Gefühl von Erleichterung und Überlegenheit. »Sie können nicht lesen, nicht wahr?«
Tony blickte auf. Seine Stimme war ruhig und ohne einen Vorwurf. »Ich lese, Mrs. Belmont.«
»Aber…« Sie deutete verwirrt auf das Buch.
»Ich taste die Zeilen ab, wenn Sie das meinen. Mein Lesen ist ein fotografischer Prozeß.«
Es wurde Abend, und als Claire zu Bett ging, war Tony bereits in der Mitte des zweiten Bandes angelangt.
Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen war seltsam. Sie erinnerte sich wieder an seine Hand und wie sie sich angefühlt hatte. Sie war warm und weich gewesen, wie die eines Menschen. Wie klug von der Fabrik, dachte sie und ließ sich vom Schlaf entführen.
In den folgenden Tagen wurde sie zu einer eifrigen Benutzerin der Leihbibliothek. Tony schlug ihr die Wissensgebiete vor, die sich sehr schnell verzweigten. Sie brachte ihm Bücher über Farbzusammenstellungen, Kosmetik, Mode, Teppiche, Kunstgeschichte und Raumgestaltung. Er las mit erstaunlicher Geschwindigkeit, und er schien nichts zu vergessen.
Bevor die erste Woche zu Ende gegangen war, hatte er ihr eigenhändig die Haare geschnitten und zu einer neuen Frisur geformt, sie zur Verwendung eines neuen Make-up und einer anderen Lippenstiftfarbe überredet und sie davon überzeugt, daß es unvorteilhaft war, wenn sie sich die Augenbrauen rasierte.
»Es läßt sich noch mehr tun«, sagte Tony am Ende seiner Verschönerungsbemühungen, »besonders, was die Kleidung angeht. Aber für den Anfang ist es schon ganz ordentlich. Wie finden Sie es?«
Claire, die über eine Stunde unter den sanften Berührungen seiner nichtmenschlichen Finger geschwitzt hatte, blickte in den Spiegel und sah sich sprachlos einer Erscheinung gegenüber, an deren Schönheit sie sich erst gewöhnen mußte. Dann sagte sie stockend, ohne die Augen von ihrem faszinierenden Spiegelbild abzuwenden: »Ja, Tony, sehr gut – für den Anfang.«
In ihren Briefen an Larry schrieb sie nichts davon.
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