Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Sternhimmel, unschlüssig, ob ich ins Bett gehen oder meine Illustrierte weiterlesen und mir dabei Camerons Flüche anhören sollte. Sie bildeten die Begleitmusik, während er seine Zahlenkolonnen zum hundertsiebenundzwanzigstenmal nachrechnete.
Zuerst sah es wie eine Sternschnuppe aus, aber dann verbreiterte sich die Lichtspur zu zwei feurigen Schweifen, die wie Raketenabgase aussahen, und das Ding ging elegant und geräuschlos nieder. Ein dürres Blatt hätte beim Aufprall lauter geraschelt. Das Ding setzte unglaublich sanft auf, und zwei Männer stiegen aus.
Ich war unfähig, etwas zu sagen oder zu tun. Ich saß einfach da und stierte hinaus, als sähe ich irgendeinen sonderbaren Spuk.
Cameron blickte nicht auf.
Dann wurde an die Tür geklopft, die wir nicht abgeschlossen hatten. Bevor einer von uns reagieren konnte, ging sie auf, und die zwei Männer aus der fliegenden Untertasse traten ein. Ich hätte sie für Stadtleute gehalten, wenn ich ihre fliegende Untertasse nicht beobachtet hätte. Sie trugen anthrazitgraue Anzüge mit weißen Hemden und dezent gemusterten Krawatten. Sie hatten schwarze Halbschuhe an den Füßen und hielten schwarze Homburger in den Händen. Beide waren von ziemlich dunkler Gesichtsfarbe und hatten braune Augen und schwarzes, gewelltes Haar. Ihre Gesichter machten einen ernsten, fast feierlichen Eindruck. Sie waren mittelgroß und ähnelten einander sehr.
Ich brachte vor Angst den Mund nicht auf und saß wie gelähmt.
Aber Cameron blickte einfach auf und runzelte die Stirn, als die beiden Männer hereinkamen. Normalerweise wäre ihm beim Anblick dieser städtischen Kleider vor Lachen der Kragenknopf vom Hemd geplatzt, aber er stand noch so im Bann seiner Einkommensteuererklärung, daß er nicht einmal lächelte.
Er sagte: »Was kann ich für Sie tun?« und ließ seine rechte Hand auf die Formulare klatschen, damit die Fremden sehen sollten, daß er nicht viel Zeit hatte.
Einer der beiden Männer trat vor. »Wir haben Ihre Leute seit langer Zeit beobachtet.« Er sprach langsam und mit sorgfältiger Betonung jedes Wortes.
»Meine Leute?« fragte Cameron. »Ich habe nur eine Frau. Was hat sie getan?«
Der Mann sagte: »Wir haben diesen Ort für unseren ersten Kontakt ausgewählt, weil er abgelegen und friedlich ist. Wir wissen, daß Sie hier der Leiter sind.«
»Ich bin der Sheriff, wenn Sie das meinen. Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Wir waren sorgfältig bemüht, uns Ihrer Kleidermode anzupassen und Ihre Umgangsformen anzunehmen.«
»Das soll meine Kleidermode sein?« Cameron schien erst jetzt die Anzüge zu sehen.
»Die Kleidermode Ihrer herrschenden Klasse, wollte ich sagen. Wir haben auch Ihre Sprache erlernt.«
Man konnte sehen, wie es bei Cameron zündete. »Sie sind Ausländer?« fragte er. Cameron hielt nicht viel von Ausländern, weil er nur im Krieg als Soldat welche kennengelernt hatte, aber er gab sich im allgemeinen Mühe, fair zu sein.
Der Mann aus der fliegenden Untertasse lächelte höflich. »Ausländer? Ja, das sind wir wohl. Wir sind Venusianer. Unsere Heimat ist ein sehr wässeriger Ort, verglichen mit dem Ihren.«
Ich hatte mich gerade soweit gefaßt, daß ich meine Lider auf- und zuklappen konnte, aber das ließ mich von neuem erstarren. Ich hatte die fliegende Untertasse gesehen. Ich hatte miterlebt, wie sie gelandet war. Ich mußte es glauben. Diese Männer – oder diese Wesen – kamen vom Planeten Venus.
Aber Cameron zwinkerte nicht einmal mit den Augen.
»All right«, sagte er. »Hier sind wir in den USA, hier haben alle Leute die gleichen Rechte, egal welcher Rasse, Glaubensgemeinschaft oder Nationalität sie angehören. Ich stehe Ihnen zu Diensten. Was kann ich für Sie tun?«
»Wir möchten Sie bitten, sofort Vorbereitungen zu treffen, daß die wichtigen Männer Ihrer USA, wie Sie es nennen, hierher kommen. Wir wollen mit diesen führenden Männern über die Aufnahme in unsere Organisation verhandeln.«
Camerons Gesicht wurde allmählich rot. »Wir sollen Ihrer Organisation beitreten? Wir gehören schon zur UNO und Gott weiß was sonst noch für Organisationen. Und ich soll den Präsidenten hierher holen, wie? Gleich jetzt? Nach Twin Gulch? Durch ein Telegramm?« Er blickte mich an, als erwartete er ein Lächeln auf meinem Gesicht, aber ich konnte nicht reagieren, weder so noch so. Vielleicht wäre ich gerade noch fähig gewesen, hinzufallen, wenn jemand den Stuhl unter mir weggezogen hätte.
Der Mann aus der fliegenden Untertasse
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