Foundation 02: Die Stahlhöhlen
macht einen Unterschied?«
»Und ob! Einen größeren gibt es gar
nicht.«
»Ich verstehe.« In gewisser Weise tat er das sogar. Es
fiel ihm nicht leicht, die Unterscheidung zu treffen; aber eine
gewisse Logik konnte man ihr nicht absprechen.
Jetzt beugte sie den Kopf etwas zur Seite und sagte:
»Verstehen Sie wirklich?«
»Ja.«
»Bedeutet das, daß es Ihnen etwas ausmachen würde,
wenn ich mein Badetuch ablegen würde?« Sie
lächelte.
Sie macht sich über mich lustig, sagte er sich und ich sollte
sie eigentlich auf die Probe stellen.
Aber laut sagte er: »Nein, es würde mich von meiner
Arbeit ablenken. Wir sprechen ein anderes Mal darüber.«
»Stört es Sie, daß ich nur das Badetuch trage und
nicht etwas Formelleres? Ernsthaft!«
»Es stört mich nicht.«
»Darf ich Sie mit Vornamen ansprechen?«
»Wenn sich die Gelegenheit ergibt.«
»Wie heißen Sie mit Vornamen?«
»Elijah.«
»Gut.« Sie kuschelte sich in einen Sessel, der hart
wirkte, fast wie ein Keramikgegenstand; aber während sie sich
zurechtsetzte, gab er langsam nach, bis er sie sanft
umhüllte.
»Dann wollen wir jetzt zur Sache kommen«, meinte
Baley.
»Ja, zur Sache«, sagte sie.
Baley fand alles ungeheuer schwierig. Er wußte nicht einmal,
wie er anfangen sollte. Auf der Erde hätte er sich nach ihrem
Namen erkundigt, ihrem Rang, der City, aus der sie stammte, und dem
Wohnsektor; eine Million verschiedener Routinefragen hätte er da
zur Verfügung gehabt. Vielleicht hätte er sogar die
Antworten darauf von Anfang an gewußt, und doch hätte er
diese Taktik angewandt, um sich behutsam auf die ernsthafte Phase
hinzuarbeiten. Das hätte ihm geholfen, sich mit der Person
vertraut zu machen, sich ein Urteil über die anzuwendende Taktik
zu bilden, anstatt einfach nur zu raten.
Aber hier? Wie konnte er irgend etwas mit Sicherheit wissen?
Allein schon, daß das Zeitwort ›sehen‹ für ihn
und für die Frau etwas völlig anderes bedeutete. Wie viele
weitere Worte gab es da, die vielleicht unterschiedliche Bedeutung
hatten? Wie oft würden sie sich mißverstehen, ohne
daß er das bemerkte?
»Wie lange waren Sie denn verheiratet, Gladia?« fragte
er.
»Zehn Jahre, Elijah.«
»Wie alt sind Sie?«
»Dreiunddreißig.«
Seltsamerweise bereitete das Baley eine gewisse Genugtuung.
Ebensogut hätte sie hundertdreiunddreißig sein
können.
»Waren Sie glücklich verheiratet?« fragte er.
Die Frage schien Gladia unangenehm. »Wie meinen Sie
das?«
»Nun…« Einen Augenblick lang wußte Baley
nicht weiter. Wie beschreibt man eine glückliche Ehe? Und, was
das betraf, was würde ein Solarianer als glückliche Ehe
ansehen? »Nun, haben Sie einander häufig gesehen?«
fragte er.
»Was? Das will ich doch nicht hoffen. Schließlich sind
wir doch keine Tiere, wissen Sie?«
Baley zuckte zusammen. »Sie haben in derselben Villa gewohnt?
Ich dachte…«
»Natürlich haben wir das. Wir waren verheiratet. Aber
ich hatte meinen Bereich, und er den seinen. Sein Beruf war ihm sehr
wichtig und seine Karriere, und das hat viel von seiner Zeit
beansprucht. Und ich habe meine eigene Arbeit. Wir sichteten
einander, wann immer das notwendig war.«
»Er hat Sie aber doch auch gesehen, oder
nicht?«
»Das ist nichts, worüber man spricht. Aber, ja, er hat mich gesehen.«
»Haben Sie Kinder?«
Gladia sprang sichtlich erregt auf. »Jetzt reicht es aber.
Eine solche Ungehörigkeit…«
»Warten Sie! Warten Sie! Machen Sie mir jetzt keine
Schwierigkeiten. Das hier ist die Untersuchung eines Mordfalls,
verstehen Sie? Mord! Und der Ermordete war Ihr Ehemann. Wollen Sie,
daß man den Mörder findet und bestraft, oder wollen Sie
das nicht?«
»Dann fragen Sie auch nach dem Mord und nicht
nach… nach…«
»Ich muß Ihnen alle möglichen Fragen stellen. So
will ich zum Beispiel wissen, ob Sie darüber traurig sind,
daß Ihr Mann tot ist.« Und dann fügte er mit
kalkulierter Brutalität hinzu: »Das scheinen Sie
nämlich nicht zu sein.«
Sie starrte ihn hochmütig an. »Ich bin immer traurig,
wenn jemand stirbt, besonders wenn er jung und nützlich
ist.«
»Und die Tatsache, daß er Ihr Mann war, steigert das
nicht irgendwie?«
»Er war mir zugeteilt, und… nun, wir haben einander
tatsächlich gesehen, wenn die Zeit dafür da war, und…
und…« Sie sprudelte die nächsten Worte geradezu
hervor: »Und wenn Sie es schon wissen müssen, wir haben
keine Kinder, weil uns noch keine zugeteilt waren. Ich begreife
nicht, was all das damit zu tun hat, ob
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