Foundation 02: Die Stahlhöhlen
schmutzige Hände so
abstoßen, daß man einen öligen Mechanismus selbst in
einem Notfall nicht mit bloßen Händen säubern kann.
Trotzdem sorgt dieser Ab scheu im normalen Lauf des Lebens
dafür, daß man sauber bleibt, und das ist gut.«
»Ich verstehe. Fahren Sie fort!«
»Sonst ist da nichts mehr. Meine Gen-Gesundheit ist die
dritthöchste, die auf Solaria je registriert wurde, also trage
ich meinen Ring. Ich genieße es, dieses Symbol bei mir zu
tragen.«
»Ich gratuliere Ihnen.«
»Sie brauchen sich nicht lustig zu machen. Vielleicht kann
ich gar nichts dafür. Vielleicht ist das die blinde Permutation
elterlicher Gene. Aber es macht einen irgendwie stolz, so etwas zu
besitzen, ganz gleich, worauf es zurückzuführen ist. Und
niemand würde mich für fähig halten, eine so
psychotische Tat wie einen Mord zu begehen. Nicht bei meiner
Gen-Zusammensetzung. Vergeuden Sie also keine Anklagen an
mich.«
Baley zuckte die Achseln und sagte nichts. Die Frau schien
Gen-Zusammensetzung und Beweismaterial miteinander zu verwechseln,
und der Rest Solarias würde es wahrscheinlich genauso
halten.
»Wollen Sie jetzt die Kleinen sehen?« fragte Klorissa.
»Danke, ja.«
Die Korridore schienen kein Ende zu nehmen. Das Gebäude war
offensichtlich riesengroß; nicht ganz so groß wie die
mächtigen Apartment-Blocks in den Cities der Erde
natürlich; aber für ein einzelnes Gebäude, das sich an
die Außenhaut eines Planeten klammerte, mußte es ein
Gebilde von geradezu gebirgsähnlichen Dimensionen sein.
Er sah Hunderte von kleinen Betten mit rosafarbenen Babies, die
entweder schrien oder schliefen oder gerade Nahrung zu sich nahmen.
Und dann waren da Spielräume für die Krabbler.
»In dem Alter sind sie gar nicht so schlimm«, meinte
Klorissa widerstrebend, »obwohl sie eine Unzahl von Robotern
beschäftigen. Man kann praktisch sagen, ein Roboter pro Baby,
bis sie zu gehen anfangen.«
»Warum?«
»Sie werden krank, wenn man sich nicht individuell um sie
kümmert.«
Baley nickte. »Ja. Ich nehme an, das Bedürfnis nach
Zuneigung ist etwas, das man nicht einfach abschaffen kann.«
Klorissa runzelte die Stirn und meinte brüsk: »Man
muß sich eben um Babies kümmern.«
»Es überrascht mich ein wenig, daß Roboter das
Bedürfnis nach Zuneigung erfüllen können«, meinte
Baley.
Sie wirbelte zu ihm herum, und der Abstand zwischen ihnen reichte
nicht aus, um ihre Ungehaltenheit zu verbergen. »Jetzt
hören Sie mal zu, Baley! Wenn Sie versuchen, mich dadurch zu
schockieren, daß Sie unangenehme Worte benutzen, dann wird
Ihnen das nicht gelingen. Du lieber Himmel, seien Sie nicht
kindisch!«
»Sie schockieren?«
»Ich kann das Wort auch aussprechen: Zuneigung! Wollen Sie
ein kurzes Wort, ein gutes, altes Wort mit nur zwei Silben? Das kann
ich auch sagen: Liebe! Liebe!, und jetzt, wenn Sie sich damit
abreagiert haben, dann benehmen Sie sich!«
Baley ersparte sich die Mühe eines Disputs über
Obszönität und meinte: »Können ihnen Roboter dann
die nötige Aufmerksamkeit bieten?«
»Offensichtlich. Sonst wäre diese Farm nicht so
erfolgreich, wie sie ist. Die albern mit dem Kind herum. Sie
drücken es an sich und schaukeln es herum. Dem Kind ist es
gleichgültig, ob das ein Roboter ist. Aber dann, zwischen drei
und zehn Jahren, wird es schwieriger.«
»Oh?«
»In der Phase bestehen die Kinder darauf, miteinander zu
spielen. Völlig durcheinander.«
»Ich nehme an, Sie lassen das zu.«
»Das müssen wir. Aber wir vergessen nie, daß es
unsere Aufgabe ist, ihnen die Erfordernisse des Erwachsenenlebens
beizubringen. Jedes hat einen separaten Raum, den man
abschließen kann. Sie müssen von Anfang an allein
schlafen. Darauf bestehen wir. Und dann haben wir jeden Tag eine
Isolierzeit, und die nimmt mit den Jahren zu. Wenn ein Kind zehn
Jahre alt ist, ist es imstande, sich eine ganze Woche lang auf das
Sichten zu beschränken. Die Sichteinrichtungen sind
natürlich sehr hochentwickelt. Sie können draußen
sichten und sich dabei bewegen, und das den ganzen Tag
lang.«
»Es überrascht mich, daß Sie einen Instinkt so
gründlich unterdrücken können. Und das tun Sie; das
kann ich sehen. Trotzdem überrascht es mich.«
»Welchen Instinkt?« fragte Klorissa.
»Den Instinkt der Geselligkeit. Einen solchen gibt es. Sie
sagen selbst, daß sie als Kinder darauf bestehen, miteinander
zu spielen.«
Klorissa zuckte die Achseln. »Das nennen Sie einen Instinkt?
Aber schön, wenn es schon einer ist? Du lieber Himmel,
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