Foundation 02: Die Stahlhöhlen
bemerken müssen; eine, die unter ihr so verborgen
war, daß die Roboter sie nicht bemerkten. Zum zweiten
hätte er aus dem Wenigen, was er von der Waffe sah,
unverzüglich auf ihre Existenz schließen und sofort
erkennen müssen, daß eine Mordanklage gegen seine Tochter
nur schwer zu beweisen sein würde, wenn es ihm gelang, die Waffe
unbemerkt zu entfernen. Für einen alten, in Panik geratenen Mann
ist das doch ein recht subtiles Denken. Zum dritten hätte er den
Plan auch durchführen müssen, was für einen Mann
seines Alters auch nicht gerade leicht sein dürfte. Und nun
würde er zuallerletzt auch noch sein Vergehen dadurch schwerer
machen müssen, indem er an seiner Lüge festhielt. Das alles
mag sehr wohl das Ergebnis logischen Denkens sein, aber nichts davon
ist vernünftig.«
»Haben Sie eine andere Lösung für das Verbrechen,
Partner Elijah?« fragte Daneel.
Baley hatte sich während seines letzten Redeschwalls gesetzt
und versuchte nun wieder aufzustehen, was ihm aber sowohl infolge
seiner Müdigkeit als auch wegen der Tiefe des Sessels
mißlang. Er streckte ungeduldig die Hand aus. »Geben Sie
mir Ihre Hand, Daneel.«
Daneel starrte seine eigene Hand an. »Wie, bitte, Partner
Elijah?«
Baley verfluchte im stillen die wörtliche Denkweise des
Roboters und sagte: »Sie sollen mir beim Aufstehen
helfen.«
Daneels kräftige Arme hoben ihn mühelos aus dem
Sessel.
»Danke!« sagte Baley. »Nein, ich habe keine andere
Lösung. Das heißt, ich habe schon eine, aber das Ganze
hängt davon ab, wo diese Waffe war oder ist.«
Er schritt ungeduldig zu den schweren Gardinen, die den
größten Teil einer Wand bedeckten, und hob den Vorhang
etwas an, ohne sich dabei ganz darüber klarzuwerden, was er tat.
Er starrte die schwarze Glasscheibe an, bis ihm bewußt wurde,
daß er in die Nacht hinausblickte, und ließ den Vorhang
in dem Augenblick fallen, als Daneel, der leise hinzugetreten war,
ihn ihm aus der Hand nehmen wollte.
In dem kurzen Augenblick, in dem Baley zusah, wie die Hand des
Roboters ihm den Vorhang mit der liebevollen Fürsorge einer
Mutter entziehen wollte, die ihr Kind vor dem Feuer beschützt,
vollzog sich in ihm eine Revolution.
Er riß den Vorhang zurück, riß ihn Daneel weg,
hängte sich mit seinem ganzen Gewicht daran und fetzte ihn so
heftig vom Fenster herunter, daß die Nähte aufrissen.
»Partner Elijah!« sagte Daneel leise. »Sie wissen
doch ganz sicher, was das Draußen an Ihnen bewirkt.«
»Ich weiß, was es für mich bewirkt«,
sagte Baley.
Er starrte zum Fenster hinaus. Da war nichts zu sehen, nur
Schwärze; aber jene Schwärze war das Draußen, war
ungebrochener, unbehinderter Raum, auch wenn er jetzt nicht
beleuchtet war. Und er sah hinaus und stellte sich ihm.
Und zum ersten Mal stellte er sich ihm ganz frei und offen. Das
war jetzt nicht länger Tollkühnheit oder perverse Neugierde
oder der Weg, der zur Lösung eines Mordfalles führen
sollte. Er stellte sich ihm, weil er wußte, daß er das
wollte, und weil er es mußte. Und das war es, was den
Unterschied machte.
Wände waren Krücken! Finsternis und Menschenmengen waren
Krücken! Als solche mußte er sie unbewußt eingestuft
und sie gehaßt haben, obwohl er doch glaubte, sie zu lieben und
sie zu brauchen. Warum sonst war es ihm so unangenehm gewesen,
daß Gladia sein Porträt mit grauen Wänden umschlossen
hatte.
Er spürte, wie ihn ein Gefühl des Sieges erfüllte.
Und dann, als wäre der Sieg etwas Ansteckendes, kam ein neuer
Gedanke, brach über ihn herein wie ein innerer Schrei.
Baley wandte sich benommen Daneel zu. »Ich weiß
es!« flüsterte er. »Jehoshaphat! Ich weiß
es!«
»Was wissen Sie, Partner Elijah?«
»Ich weiß, was mit der Waffe geschehen ist. Ich
weiß, wer verantwortlich ist. Alles fügt sich
zusammen.«
17
EINE BESPRECHUNG FINDET STATT
Daneel wollte nicht zulassen, daß Baley sofort etwas
unternahm.
»Morgen!« sagte er respektvoll, aber entschieden.
»Das ist mein Vorschlag, Partner Elijah. Es ist schon spät,
und Sie brauchen Ruhe.«
Baley mußte zugeben, daß das vernünftig war, und
außerdem bedurfte das, was er vorhatte, einiger Vorbereitungen.
Er hatte die Lösung des Mordfalles in der Hand, dessen war er
sicher; aber sie beruhte ebenso wie Daneels Theorie auf Folgerungen
und nicht auf greifbaren Beweisen. Er würde also die Hilfe von
Solarianern brauchen.
Und wenn er ihnen gegenübertreten mußte – ein
Erdenmensch gegen ein halbes Dutzend Spacer –, dann
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