Foundation 02: Die Stahlhöhlen
Decoder füllte sich
plötzlich mit Schrift; Schrift, die im entschlüsselten
Zustand einige Blätter Papier gefüllt hätten; eine
Schrift, die aber unmöglich von jemandem entschlüsselt
werden konnte, der nicht über einen offiziellen Polizei-Decoder
verfügte.
Baley las das Material ungerührt. Die erste Person war
Francis Clousarr, zur Zeit der Verhaftung vor zwei Jahren
dreiunddreißig Jahre alt; verhaftet wegen Anstiftung zum
Krawall; Angestellter der New Yorker Hefe-Versorgung; Adresse so und
so; Eltern so und so; Haar- und Augenfarbe, unveränderliche
Kennzeichen, Ausbildung, berufliche Laufbahn, psychoanalytisches
Profil, physisches Profil, Daten, Daten und noch mal Daten. Und
schließlich ein Hinweis auf ein Tri-Foto im
Verbrecher-Album.
»Sie haben sich das Foto angesehen?« fragte Baley.
»Ja, Elijah.«
Die zweite Person war Gerhard Paul. Baley sah sich das Material
an, das ihm die Karte lieferte, und sagte: »Das taugt alles
nichts.«
Doch R. Daneel widersprach: »Ich bin ganz sicher, daß
das nicht so sein kann. Wenn es eine Organisation von Erdenmenschen
gibt, die zu dem Verbrechen imstande sind, das wir augenblicklich
untersuchen, sind dies Mitglieder davon. Liegt die Wahrscheinlichkeit
dafür denn nicht auf der Hand? Sollte man diese Männer
nicht verhören?«
»Wir würden nichts aus ihnen herausbekommen.«
»Sie waren sowohl vor dem Schuhgeschäft als auch in der
Küche. Das können sie nicht leugnen.«
»Die bloße Anwesenheit ist kein Verbrechen.
Außerdem können sie es leugnen. Sie können
einfach behaupten, sie wären nicht dort gewesen. Ganz einfach.
Wie könnten wir denn beweisen, daß sie
lügen?«
»Ich habe sie gesehen.«
»Das ist doch kein Beweis«, sagte Baley hitzig.
»Kein Gericht – falls es jemals soweit kommen würde
– würde glauben, daß Sie sich an zwei Gesichter unter
Millionen erinnern können.«
»Es liegt aber doch klar auf der Hand, daß ich das
kann.«
»Sicher. Sagen Sie denen doch, was Sie sind. Sobald Sie das
tun, sind Sie als Zeuge wertlos. Kein Gericht auf der Erde erkennt
die Aussage eines Roboters an.«
»Daraus schließe ich, daß Sie es sich anders
überlegt haben«, meinte R. Daneel.
»Was meinen Sie damit?«
»Gestern, in der Küche, haben Sie gesagt, es sei nicht
nötig, sie zu verhaften. Sie sagten, solange ich mich auch nur
an die Gesichter erinnern könnte, würden wir sie jederzeit
verhaften können.«
»Nun, ich hatte mir das nicht hinreichend
überlegt«, sagte Baley. »Das war unsinnig.
Natürlich geht das nicht.«
»Nicht einmal aus psychologischen Gründen?
Schließlich würden sie ja nicht wissen, daß wir
keinerlei stichhaltigen Beweis für ihre Teilhaberschaft an einer
Verschwörung hätten.«
Baley wurde unruhig. »Hören Sie, ich erwarte in einer
halben Stunde Dr. Gerrigel aus Washington. Macht es Ihnen etwas aus,
solange zu warten? Macht es Ihnen wirklich nichts aus?«
»Ich werde warten«, sagte R. Daneel.
Anthony Gerrigel war ein präziser und sehr höflicher
Mann mittlerer Größe, dem man es keineswegs ansah,
daß er einer der erfahrensten Robotiker der Erde war. Er
verspätete sich um beinahe zwanzig Minuten und entschuldigte,
sich deswegen überschwenglich. Baley, der sich darüber
geärgert hatte, nahm seine Entschuldigungen nicht besonders
höflich an. Er überprüfte die Reservierung, die er
für Konferenzzimmer D veranlaßt hatte, wiederholte seine
Instruktionen, sie unter keinen Umständen während der
nächsten Stunde zu stören, und führte Dr. Gerrigel und
R. Daneel den Korridor hinunter, eine Rampe hinauf und
schließlich durch eine Tür, die in einen der
abhörsicheren Konferenzräume führte.
Baley überprüfte die Wände sorgfältig, ehe er
Platz nahm, und lauschte auf das weiche Summen des Pulsometers, den
er in der Hand hielt, wartete, daß das gleichmäßige
Geräusch unterbrochen wurde und damit auf eine wenn auch nur
winzige Lücke in der Isolierung hinwies. Er richtete das
Gerät auf Decke, Boden und dann mit besonderer Sorgfalt auf die
Tür. Es gab keine Lücke.
Dr. Gerrigel lächelte leicht. Er sah wie ein Mann aus, der
sich nie mehr als ein kleines Lächeln gestattete. Die Sorgfalt,
mit der er gekleidet war, konnte man nur als penibel bezeichnen. Sein
eisengraues Haar war sorgfältig nach hinten gekämmt, und
sein Gesicht wirkte rosa und frischgewaschen. Er setzte sich ein
wenig steif, als hätten häufige mütterliche
Ratschläge in jüngeren Jahren sein Rückgrat für
immer erstarren
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