Foundation 02: Die Stahlhöhlen
der Erde in naher Zukunft zerbrechen; die Äußeren Welten werden allmählich degenerieren und zu einem etwas weiter in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zerfallen. Aber die neuen Kolonien werden das Beste beider Kulturen in sich vereinen und damit die Zukunft sichern. Und durch das Zusammenleben der neuen Welten mit den alten – auch mit der Erde – kann es sein, daß wir selbst neue Lebenskraft gewinnen.«
»Ich weiß nicht. Das ist alles sehr nebulös, Dr. Fastolfe.«
»Ein Traum ist es, ja. Denken Sie darüber nach!« Der Spacer stand abrupt auf. »Jetzt habe ich mehr Zeit mit Ihnen verbracht, als ich vorhatte. Tatsächlich sogar mehr Zeit, als unsere Gesundheitsvorschriften zulassen. Würden Sie mich bitte entschuldigen?«
Baley und R. Daneel verließen die Kuppel. Wieder fiel das Licht der Sonne auf sie, diesmal in einem anderen Winkel, etwas gelber. Baley überlegte, ob das Sonnenlicht auf anderen Welten nicht ganz anders aussehen mochte, weniger grell und hart vielleicht. Annehmbarer.
Andere Welten? Der häßliche Spacer mit den großen Ohren hatte ihm da seltsame Phantasien in den Kopf gesetzt. Hatten die Ärzte auf Aurora sich einmal das Kind Fastolfe angesehen und sich gefragt, ob man zulassen durfte, daß es heranreifte? War er nicht zu häßlich? Gehörte körperliches Aussehen vielleicht überhaupt nicht zu den Kriterien, nach denen geurteilt wurde? Wann wurde Häßlichkeit als Verformung betrachtet, und welche Verformungen?
Aber als das Sonnenlicht verschwand und sie die erste Tür hinter sich brachten, die zum Personal führte, fiel es ihm schwer, an diesen Gedanken festzuhalten.
Baley schüttelte verstimmt den Kopf. Das war alles lächerlich. Erdenmenschen dazu zu zwingen, auszuwandern, eine neue Gesellschaft zu gründen! Unsinn war das! Was hatten diese Spacer wirklich vor?
Er dachte darüber nach, kam aber zu keinem Schluß. Langsam rollte ihr Streifenwagen über die Fahrbahn. Rings um Baley war vertraute Wirklichkeit. Sein Blaster war ein warmes, irgendwie Behagen schaffendes Gewicht an seiner Hüfte. Der Lärm und das vibrierende Leben der City waren ebenso warm, ebenso behaglich.
Einen Augenblick lang, als die Stadt wieder ganz von ihm Besitz ergriff, verspürte er ein flüchtiges Aroma, das irgendwie in seiner Nase prickelte.
Und er dachte verwundert: Die City riecht.
Er dachte an die zwanzig Millionen menschlicher Wesen, die zwischen den stählernen Wänden der großen Höhle eingezwängt waren. Und zum ersten Mal in seinem Leben roch er sie mit einer Nase, die die saubere Luft der freien Natur gerochen hatte.
Ob es wohl auf einer anderen Welt anders sein würde? überlegte er. Weniger Leute und mehr Luft – sauberer?
Aber das nachmittägliche Tosen der Stadt war rings um sie, und der Geruch ließ nach und war dann wieder verschwunden. Und er schämte sich ein klein wenig.
Er ließ den Antriebsstab etwas tiefer eintauchen und zapfte damit das Energienetz etwas stärker an. Der Streifenwagen beschleunigte scharf und bog in die leere Autobahn ein.
»Daneel«, sagte er.
»Ja, Elijah.«
»Warum hat Dr. Fastolfe mir das alles erzählt?«
»Mir scheint, Elijah, daß er Ihnen damit klarmachen wollte, wie wichtig diese Ermittlungen sind. Wir sind nicht nur hier, um einen Mordfall aufzuklären, sondern um Spacetown zu retten. Und mit Spacetown die Zukunft der ganzen Menschheit.«
Baley sagte trocken: »Ich glaube, es hätte ihm mehr gebracht, wenn er mir den Schauplatz des Verbrechens gezeigt und zugelassen hätte, daß ich die Männer verhöre, die die Leiche gefunden haben.«
»Ich bezweifle, daß Ihnen das irgend etwas eingebracht hätte, Elijah. Wir waren sehr gründlich.«
»Waren Sie das? Sie haben aber nichts gefunden. Keinen Hinweis. Keinen Verdächtigen.«
»Nein, Sie haben recht. Die Antwort muß in der City liegen. Aber um genau zu sein, wir hatten einen Verdächtigen.«
»Was? – Davon haben Sie aber bisher nichts gesagt.«
»Ich hielt es nicht für notwendig, Elijah. Sie wissen doch sicherlich auch, daß einer ganz automatisch verdächtig war.«
»Wer? In drei Teufels Namen, wer?«
»Der eine Erdenmensch, der sich am Tatort befunden hat: Commissioner Julius Enderby.«
10
DER NACHMITTAG EINES ERMITTLUNGSBEAMTEN
Der Streifenwagen bog ab und kam an der häßlichen Betonmauer der Autobahn zum Stehen. Als das Summen seines Antriebsaggregats verstummt war, lastete das Schweigen schwer auf ihnen.
Baley sah den Roboter an, der neben ihm saß, und fragte
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