Foundation 05: Das Foundation-Projekt
dort,
wirtschaftliche Zusammenbrüche in dieser oder jener Form und
natürlich Unruhen. In den letzten tausend Jahren war kein Tag
vergangen, an dem nicht auf hundert oder mehr verschiedenen Welten
aus irgendeinem Grund Unruhen ausgebrochen wären.
Dergleichen mußte man natürlich unberücksichtigt
lassen. Um die Unruhen konnte man sich ebensowenig kümmern wie
um die Vulkanausbrüche, wenn beide auf bewohnten Welten
alltägliche Erscheinungen waren. Ganz im Gegenteil, sollte ein
Tag kommen, an dem nirgendwo der kleinste Aufstand gemeldet wurde,
dann wäre das ein höchst ungewöhnliches Phänomen,
das zu größter Besorgnis Anlaß gäbe.
Besorgnis war genau das, was in Seldon nicht aufkommen wollte.
Trotz aller Katastrophen und Wirren glichen die Außenwelten
einem gewaltigen Ozean bei Windstille, leichte Dünung und
kleinere Wellen – nicht mehr. Nirgendwo entdeckte er
Erscheinungen, die unmißverständlich eine Verschlechterung
der Gesamtsituation in den letzten acht oder gar achtzig Jahren
angezeigt hätten. Und doch behauptete Demerzel (wenn Seldon
nicht mit ihm zusammen war, konnte er den Namen Daneel nicht einmal
mehr in Gedanken aussprechen), der Niedergang schreite fort, und der
Kanzler hatte Tag für Tag den Finger am Puls des Imperiums.
Diesen umfassenden Überblick hatte Seldon nicht – das
würde erst anders werden, wenn er sich einmal von der
Psychohistorik leiten lassen konnte.
Womöglich vollzog sich der Niedergang in so kleinen
Schritten, daß er sich erst bemerkbar machte, wenn ein
kritischer Punkt erreicht war – einem Wohnhaus zu vergleichen,
das langsam herunterkommt und verfällt, ohne daß nach
außen hin etwas davon sichtbar wurde, bis eines Nachts das Dach
einstürzt.
Wann würde das Dach einstürzen? Das war die Frage, und
Seldon hatte keine Antwort darauf.
Gelegentlich wählte er auch Trantor selbst an. Hier gab es
immer sehr viel mehr Neuigkeiten. Zum einen war Trantor mit seinen
vierzig Milliarden Menschen die am dichtesten bevölkerte Welt
von allen. Zum zweiten bildeten seine achthundert Bezirke ein eigenes
Mini-Imperium. Und zum dritten sendete man massenweise Berichte
über langweilige Regierungsempfänge und über das Leben
und Treiben der Kaiserlichen Familie.
Doch dann fiel Seldons Blick auf den Bezirk Dahl. Bei den letzten
Wahlen waren fünf Joranumiten in den Bezirksrat gekommen. Dem
Kommentar zufolge war dies das erste Mal, daß sich die
Joranumiten in einem Bezirk durchgesetzt hatten.
Verwunderlich war es nicht. Dahl war die größte
Joranumiten-Hochburg überhaupt, dennoch hielt Seldon den
Wahlerfolg für ein bedenkliches Zeichen dafür, in welchem
Maße der Demagoge Fortschritte machte. Er forderte von dieser
Meldung einen Mikrochip an und nahm ihn an diesem Abend mit nach
Hause.
Als Seldon eintrat, blickte Raych von seinem Computer auf und
fühlte sich offenbar zu einer Erklärung genötigt.
»Ich helfe Mom dabei, ein paar Dinge nachzuschlagen«, sagte
er.
»Und was ist mit deiner eigenen Arbeit?«
»Erledigt, Dad. Alles erledigt.«
»Gut. – Sieh dir das an.« Er zeigte Raych den Chip
in seiner Hand und schob ihn dann in den Mikroprojektor.
Raych warf nur einen Blick auf die Meldung, die vor seinen Augen
in der Luft schwebte, dann sagte er: »Ja, ich
weiß.«
»Tatsächlich?«
»Klar. Ich verfolge gewöhnlich, was sich in Dahl so tut.
Heimatbezirk und so, du verstehst schon.«
»Und was hältst du davon?«
Ȇberrascht hat es mich nicht. Dich etwa? Ganz Trantor
behandelt Dahl wie ein Stück Dreck. Warum sollten Joranums
Ansichten dort also keine Resonanz finden?«
»Finden sie diese Resonanz auch bei dir?«
»Na ja…« Raych verzog nachdenklich das Gesicht.
»Ich muß zugeben, manches von dem, was er fordert,
gefällt mir. Er sagt, daß alle Menschen gleichberechtigt
sind. Was ist dagegen einzuwenden?«
»Ganz und gar nichts – wenn er es ehrlich meint. Wenn er
aufrichtig ist. Wenn es nicht nur eine Masche ist, um Stimmen zu
gewinnen.«
»Sicher, Dad, aber die meisten Dahliter denken sich
wahrscheinlich: Was haben wir schon zu verlieren? Wir sind auch jetzt
nicht gleichberechtigt, obwohl es im Gesetz steht.«
»So etwas läßt sich nur schwer gesetzlich
verordnen.«
»Das kühlt keinen ab, der sich zu Tode schwitzt.«
Seldons Verstand arbeitete auf Hochtouren. Seit er auf die Meldung
gestoßen war, dachte er angestrengt nach. »Raych«,
sagte er, »du warst nicht mehr in Dahl, seit deine Mutter und
ich dich von dort weggeholt haben, nicht
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