Foundation 05: Das Foundation-Projekt
gegen ihn verwenden, aber ich zögere, die
Kräfte der Intoleranz zu entfesseln.«
»Was für Ihre Weisheit spricht. Man könnte vieles
tun, wenn die unerwünschten Nebenwirkungen nicht wären.
Sehen Sie, Hari, ich hänge nicht an meinem Posten – es
müßte sich nur ein Nachfolger finden, der weiterhin nach
meinen Grundsätzen regiert, um den Niedergang so weit wie
möglich zu verlangsamen. Sollte aber Joranum selbst nach mir
Kanzler werden, so hielte ich das für eine
Katastrophe.«
»Heißt das, um ihn aufzuhalten, wäre jedes Mittel
recht?«
»Nicht unbedingt. Das Imperium kann auch in Anarchie
versinken, wenn Joranum vernichtet wird und ich bleibe. Folglich darf
ich nichts tun, was Joranum vernichtet und mir zu bleiben gestattet
– wenn genau diese Maßnahme den Sturz des Imperiums
herbeiführt. Mir ist noch nichts eingefallen, womit ich Joranum
vernichten und mit gleicher Gewißheit die Anarchie vermeiden
könnte.«
»Minimalismus«, flüsterte Seldon.
»Wie bitte?«
»Dors hat mir erklärt, Sie seien an das Prinzip des
Minimalismus gebunden.«
»Dem ist auch so.«
»Dann war mein Besuch bei Ihnen vergebens, Daneel.«
»Sie meinen, Sie suchten Trost und fanden ihn
nicht.«
»Ich fürchte, ja.«
»Aber ich habe Sie empfangen, weil auch ich Trost
suchte.«
»Bei mir?«
»Bei der Psychohistorik. Sie sollte den rettenden Weg
aufzeigen, den ich nicht finden kann.«
Seldon stieß einen tiefen Seufzer aus. »Daneel, so weit
ist die Psychohistorik noch nicht entwickelt.«
Der Kanzler sah ihn ernst an. »Sie hatten acht Jahre Zeit,
Hari.«
»Und wenn es achthundert gewesen wären, wir wären
noch immer nicht am Ziel. Die Probleme sind
hartnäckig.«
»Ich hatte nicht erwartet, daß das Verfahren bereits
bis ins letzte vervollkommnet ist, aber vielleicht gibt es einen
Entwurf, ein Gerüst, ein Prinzip, an dem man sich orientieren
könnte. Lückenhaft vielleicht, aber doch mehr als
bloßes Herumgerate.«
»Ich habe nicht mehr als vor acht Jahren«, gestand
Seldon traurig. »Und die Quintessenz ist folgende: Sie
müssen an der Macht bleiben, und Joranum muß auf eine
Weise beseitigt werden die es gestattet, die Stabilität des
Imperiums möglichst lange zu erhalten, damit ich eine
vernünftige Chance habe, die Theorie der Psychohistorik zu
erarbeiten. Das ist jedoch nicht zu machen, solange die
Psychohistorik nicht erarbeitet ist. Richtig?«
»So scheint es, Hari.«
»Dann bewegen wir uns im Kreise, und das Imperium ist bereits
am Ende.«
»Wenn nicht etwas Unerwartetes geschieht. Wenn Sie nicht
etwas Unerwartetes geschehen lassen.«
»Ich? Daneel, wie kann ich das ohne die
Psychohistorik?«
»Das weiß ich nicht, Hari.«
Und Seldon erhob sich und ging – ein gebrochener Mann.
12
Im Anschluß an dieses Gespräch vernachlässigte
Hari Seldon tagelang seine Arbeit in der Fakultät und
benützte seinen Computer ausschließlich im
Zeitungsmodus.
Es gab nicht viele Rechner, die imstande waren, die täglichen
Meldungen von fünfundzwanzig Millionen Welten zu verarbeiten.
Einige davon standen in der Kaiserlichen Hauptverwaltung, wo sie auch
unentbehrlich waren. Auf den Außenwelten verfügten nur
einige der größeren Zentren über solche Anlagen, die
meisten begnügten sich mit einer Hyperverbindung zur
Nachrichtenzentrale auf Trantor.
Ein Computer in einer bedeutenden mathematischen Fakultät
konnte, wenn er modern genug war, zur eigenständigen
Nachrichtenquelle umfunktioniert werden, und Seldon hatte bei seinem
Rechner auf diese Möglichkeit Wert gelegt. Sie war
schließlich für seine Arbeit an der Psychohistorik
erforderlich, auch wenn man für die Leistungsfähigkeit des
Geräts tunlichst andere und überaus einleuchtende
Gründe angeführt hatte.
Im Idealfall sollte der Computer alle außergewöhnlichen
Vorkommnisse von allen Welten des Imperiums melden. Zu diesem Zweck
war ein unauffälliges Warnlicht einprogrammiert, dem Seldon
unschwer nachgehen konnte. Das Licht flackert jedoch nur selten auf,
denn der Begriff ›außergewöhnlich‹ war
äußerst eng definiert und bezog sich nur auf wenige und
besonders schwerwiegende Umwälzungen.
Wenn das Licht nicht blinkte, wählte man aufs Geratewohl
verschiedene Welten an – natürlich nicht alle
fünfundzwanzig Millionen, aber doch ein paar Dutzend. Das war
eine deprimierende, ja belastende Tätigkeit, gab es doch keine
Welt ohne tägliche, mehr oder weniger unbedeutende Katastrophen.
Ein Vulkanausbruch hier, eine Überschwemmung
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