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Foundation 05: Das Foundation-Projekt

Foundation 05: Das Foundation-Projekt

Titel: Foundation 05: Das Foundation-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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dem menschlichen
Verstand eigene Fähigkeit, aus an sich unvollständigen oder
gar irreführenden Aufgaben die richtigen Schlüsse zu
ziehen.«
    »Und das hast du gemacht?«
    Und Seldon antwortete im Brustton der Überzeugung:
»Jawohl.«
    Seine geheimen Zweifel wagte er freilich nicht mit Dors zu teilen.
Wenn Raychs Charme nun seine Wirkung verloren hätte? Oder,
schlimmer noch, wenn ihn das Bewußtsein seiner dahlitischen
Abstammung überwältigte?

 
14
     
     
    Billibotton war immer noch Billibotton – ein schmutziges,
finsteres Labyrinth aus krummen Gäßchen, über dem ein
Hauch von Verfall lag – doch zugleich pulsierend vor
Vitalität wie kein anderes Viertel auf Trantor. Vielleicht hatte
es im ganzen Imperium nicht seinesgleichen, aber aus eigener
Anschauung kannte Raych eben nur Trantor.
    Als er Billibotton zum letzten Mal gesehen hatte, war er gerade
zwölf Jahre alt gewesen, doch sogar die Menschen erschienen ihm
unverändert: immer noch die alte Mischung aus
Armesündermiene und Respektlosigkeit; durchdrungen von falschem
Stolz und dumpfem Groll; die Männer erkennbar an ihren
buschigen, schwarzen Schnauzbärten, die Frauen an ihren
sackartigen Kleidern, in denen sie dem älter gewordenen und sehr
viel welterfahreneren Raych von heute ungeheuer schlampig
vorkamen.
    Was konnten die Männer an Frauen finden, die solche Kleider
trugen? – Die Frage war töricht. Schon als
Zwölfjähriger hatte Raych sich recht genau vorstellen
können, wie leicht und rasch sich diese Hüllen abstreifen
ließen.
    Da stand er nun, in Gedanken und Erinnerungen versunken, in einer
Straße voller Schaufenster, versuchte sich einzureden, er kenne
diese oder jene Stelle von früher, und fragte sich, ob es auch
unter all den Menschen welche gab, die er kannte, und die nur acht
Jahre älter geworden waren. Die Freunde von damals vielleicht
– unbehaglich wurde ihm bewußt, daß er sich an
keinen einzigen Namen erinnern konnte, nur an einige von den
Spitznamen, mit denen sie sich gegenseitig belegt hatten.
    Die Erinnerungslücken waren ohnehin gewaltig. Acht Jahre
waren zwar keine Ewigkeit, aber doch immerhin zwei Fünftel der
Lebensspanne eines Zwanzigjährigen, und seit er Billibotton
verlassen hatte, verlief sein Leben so völlig anders, daß
alles, was davor lag, verblaßt war wie ein Traum.
    Aber die Gerüche waren noch da. Vor einer kleinen,
schmuddeligen Bäckerei blieb er stehen und sog den alles
durchdringenden Duft der Kokosglasur ein – so roch es nirgends
sonst auf der Welt. Auch wenn er anderswo Kuchen mit Kokosglasur
gekauft hatte, sogar solche ›nach dahlitischem Rezept‹, es
war immer nur ein schwacher Abklatsch gewesen, mehr nicht.
    Die Versuchung war stark. Nun, warum auch nicht? Die Credits hatte
er, und Dors war nicht da, um die Nase zu rümpfen und lautstark
ihre Ansicht über die Reinlichkeit – oder vielmehr die
mangelnde Reinlichkeit – des Geschäfts zum besten zu geben.
Wer hatte sich damals schon um Reinlichkeit gekümmert?
    Raych betrat den Laden und wartete, bis seine Augen sich an das
herrschende Dämmerlicht gewöhnt hatten. Ein paar niedrige
Tische standen herum, jeder mit zwei recht wackeligen Stühlen,
sicher dafür gedacht, einen kleinen Imbiß einzunehmen,
etwas in der Art von Mokka und Kuchen. An einem der Tische saß
vor einer leeren Tasse ein junger Mann in einem ehemals weißen
T-Shirt, das bei besserer Beleuchtung wahrscheinlich noch schmutziger
ausgesehen hätte.
    Der Bäcker oder jedenfalls der Kellner trat aus einem
Hinterzimmer und fragte eher mürrisch: »Was soll’s
sein?«
    »’n Kokser«, antwortete Raych nicht minder
mürrisch (wenn er sich höflich zeigte, nähme ihm kein
Mensch den Billibottoner ab). Den Slangausdruck kannte er noch gut
von früher.
    Das Wort war offenbar immer noch gebräuchlich, denn der
Kellner reichte ihm das Gewünschte – mit bloßen
Fingern. Für Raych den Jungen wäre das
selbstverständlich gewesen, Raych der Mann war ein wenig
verblüfft.
    »Brauchste ’ne Tüte?«
    »Nein«, sagte Raych. »Ich eß’ gleich
hier.« Er bezahlte, nahm den Kokser aus der Hand des Kellners
und biß mit halb geschlossenen Augen in die fettige
Süße. In seiner Kindheit war ihm diese Köstlichkeit
nur selten vergönnt gewesen – manchmal hatte er sich den
notwendigen Credit irgendwo erbettelt, manchmal hatte er bei einem
gerade zu Reichtum gekommenen Freund abbeißen dürfen, aber
meistens hatte er einfach einen Kuchen mitgehen lassen, wenn gerade
niemand hinsah.

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