Foundation 05: Das Foundation-Projekt
den
Überzeugungen aller seiner Untertanen ein fast väterliches
Wohlwollen entgegen. Sie machen keine Unterschiede, denn Sie sind der
Kaiser des gesamten Volkes.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sire, Joranum hat die religiösen Empfindungen der
Mykogenier verletzt, und Sie sind entsetzt über seinen Frevel,
wurde er doch als einer der ihren geboren. Was liegt da näher,
als Joranum den Mykogeniern zu übergeben, damit sie nach
Belieben mit ihm verfahren. Soviel kaiserliches Feingefühl
würde viel Beifall finden.«
»Werden ihn dann wenigstens die Mykogenier
hinrichten?«
»Das könnte durchaus sein, Sire. Auf Blasphemie stehen
bei ihnen sehr strenge Strafen. Bestenfalls werden sie ihn zu
lebenslänglicher Haft und Zwangsarbeit verurteilen.«
Cleon lächelte. »Ausgezeichnet. Ich heimse für
meine Humanität und Toleranz die Lorbeeren ein, und sie nehmen
mir die Schmutzarbeit ab.«
»Das würden sie gewiß tun, Sire, wenn Sie ihnen
Joranum tatsächlich auslieferten. Aber damit würden Sie ihn
immer noch zum Märtyrer machen.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Wie soll ich denn nun
vorgehen?«
»Lassen Sie Joranum selbst entscheiden. Sagen Sie, Ihre Sorge
um das Wohlergehen aller Bürger Ihres Reiches lege ihnen nahe,
ihn an die Mykogenier auszuliefern, damit die ihm den Prozeß
machen, aber als Menschenfreund befürchten Sie, die Mykogenier
könnten zu streng mit ihm verfahren. Als Ausweg aus diesem
Dilemma wollten Sie ihm daher anbieten, nach Nishaya in die
Verbannung zu gehen, auf jene kleine, abgelegene Welt also, die er ja
ohnehin schon als seine Heimat ausgegeben habe. Dort könne er
unbeachtet, aber in Frieden den Rest seiner Tage verbringen. Sie
werden natürlich dafür sorgen, daß er ständig
überwacht wird.«
»Und damit wären alle Probleme gelöst?«
»Gewiß. Für Joranum wäre es praktisch
Selbstmord, sich für die Auslieferung an Mykogen zu entscheiden
– und wie ein potentieller Selbstmörder sieht er mir nicht
aus. Folglich wird er mit Sicherheit Nishaya wählen, was zwar
vernünftig, zugleich aber wenig heldenhaft ist. Als Verbannter
auf Nishaya kann er schlecht eine Bewegung anführen, deren Ziel
die Eroberung des Imperiums ist. Seine Anhänger werden sich
verlaufen. Einem Märtyrer würden sie mit glühenden
Fanatismus die Treue halten, aber wer ist schon gerne der Gefolgsmann
eines Feiglings?«
»Erstaunlich! Wie haben Sie das nur so hingekriegt,
Seldon?« Aus Cleons Worten klang unüberhörbare
Bewunderung.
»Nun«, begann Seldon, »es schien mir logisch, davon
auszugehen…«
»Schon gut«, unterbrach Cleon. »Ich habe keine
ehrliche Antwort erwartet und hätte sie ohnehin nicht
verstanden, aber dafür habe ich Ihnen nun etwas mitzuteilen:
Demerzel scheidet aus dem Amt. Diese letzte Krise war zu viel
für ihn, und ich pflichte ihm bei, daß es an der Zeit
für ihn ist, sich zur Ruhe zu setzen. Andererseits brauche ich
unbedingt einen Kanzler, und dazu ernenne ich hiermit Sie.«
»Sire!« rief Seldon erstaunt und entsetzt.
»Kanzler Hari Seldon«, sagte Cleon ungerührt.
»So will es der Kaiser.«
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»Nur keine Aufregung«, beschwichtigte Demerzel.
»Der Vorschlag kam von mir. Ich bin schon zu lange im Amt, und
nach so vielen Krisen ist nun ein Punkt erreicht, an dem mich die
Bindung an die Drei Gesetze zur Handlungsunfähigkeit verurteilt.
Und Sie sind wie dafür geschaffen, mein Nachfolger zu
werden.«
»Davon kann gar keine Rede sein«, ereiferte sich Seldon.
»Was verstehe ich von der Verwaltung eines Imperiums? Der
Kaiser ist so töricht zu glauben, ich hätte diese Krise mit
Hilfe der Psychohistorik bewältigt. Was natürlich nicht
stimmt.«
»Darauf kommt es nicht an, Hari. Solange er daran glaubt, daß Sie alle Probleme mit Hilfe der Psychohistorik
lösen können, wird er Ihnen begeistert folgen, und schon
deshalb werden Sie ein guter Kanzler sein.«
»Er könnte mir geradewegs ins Verderben
folgen.«
»Ich glaube, Ihr gesunder Menschenverstand – oder Ihre Intuition – werden Ihnen den rechten Weg schon
weisen… ob mit oder ohne Psychohistorik.«
»Aber was soll ich ohne Sie anfangen – Daneel?«
»Vielen Dank, daß Sie mich so nennen. Demerzel gibt es
nicht mehr, ich bin wieder Daneel. Und was Sie ohne mich anfangen
sollen – was würden Sie denn davon halten, einige von
Joranums Vorstellungen von Gleichberechtigung und sozialer
Gerechtigkeit in die Tat umzusetzen? Er mag sie nicht ernst gemeint
– mag sie nur als Lockmittel
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