Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
kopfschüttelnd im Zimmer auf und ab. Es war tiefe Nacht, und er sehnte sich nach Schlaf, aber er wußte, daß er dazu abermals Somnin brauchen würde.
»Es fehlte nicht viel«, sagte Abel, »und ich hätte Steens Rat doch noch folgen und mit Gewalt drohen müssen, aber das wäre eine schlechte Lösung gewesen. Gewaltiges Risiko mit ungewissem Ergebnis. Doch solange man den Schultheiß nicht bei uns abgeliefert hatte, sah ich, von völliger Passivität einmal abgesehen, keine andere Möglichkeit.«
Junz schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Irgend etwas mußte geschehen. Aber was Sie getan haben, lief letztlich auf Erpressung hinaus.«
»Im Prinzip wohl schon. Wie hätte ich mich denn Ihrer Meinung nach verhalten sollen?«
»Ihr Verhalten war genau richtig. Ich bin kein Heuchler, Abel, jedenfalls bemühe ich mich um Aufrichtigkeit. Wie könnte ich Ihre Methoden verurteilen, wenn ich die Absicht habe, von den Ergebnissen nach Kräften zu profitieren. Trotzdem, was ist mit dem Mädchen?«
»Solange Fife sich an die Abmachung hält, geschieht ihr nichts.«
»Sie tut mir leid. Die sarkitische Aristokratie ist mir alles andere als sympathisch, vor allem wegen ihrer Behandlung Florinas, aber für die Kleine empfinde ich unwillkürlich Mitleid.«
»Für sie als Einzelne, gewiß. Doch im Grunde liegt die Schuld an der Misere bei Sark. Seien Sie ehrlich, mein Alter, haben Sie nie ein Mädchen in einem Bodenwagen geküßt?«
Der Schatten eines Lächelns zuckte um Junz’ Mundwinkel. »Doch.«
»Genau wie ich, auch wenn meine Erinnerungen daran weiter zurückliegen als die Ihren. Derzeit ist wohl eher meine älteste Enkelin dabei, entsprechende Erfahrungen zu sammeln. Was hat ein Kuß in einem Wagen schon zu bedeuten, außer, daß er der natürlichsten Regung in der Galaxis Ausdruck verleiht?
Die Sache ist doch wohl folgende. Wir haben hier ein junges Mädchen, zugegebenermaßen aus höchsten Kreisen, das plötzlich auf Grund eines Versehens mit einem Verbrecher in einem Wagen sitzt. Der Mann nützt die Gelegenheit und küßt sie, spontan und ohne um Erlaubnis zu fragen. Was soll sie nun empfinden? Und was soll ihr Vater empfinden? Bestürzung? Vielleicht. Empörung? Natürlich. Soll er zornig sein, gekränkt, beleidigt? Alles das, ja. Aber ist er deshalb entehrt? Nein! Ist der Skandal so groß, daß er sich bereitfinden muß, in wichtigen Staatsdingen klein beizugeben, nur damit nichts an die Öffentlichkeit dringt? Unsinn.
Doch genau so sieht die Sache aus, und das konnte nur auf Sark geschehen. Die ›Herrin‹ Samia hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Sie ist nur dickköpfig und ein wenig naiv. Sicher war es nicht ihr erster Kuß, und sie könnte so viele Männer küssen, wie sie nur wollte, niemand würde ein Wort darüber verlieren, solange es kein Floriner ist. Aber sie hat nun einmal einen Floriner geküßt.
Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr bekannt war, daß er Floriner ist. Es spielt keine Rolle, ob er ihr den Kuß aufgedrängt hat. Die Photographie von der ›Herrin‹ Samia in den Armen des Floriners zu veröffentlichen, hieße ihr und ihrem Vater das Leben zur Hölle machen. Ich habe Fifes Gesicht gesehen, als er den Abzug betrachtete. Dabei ist nicht einmal eindeutig zu erkennen, daß der Schultheiß Floriner ist. Er ist wie ein Sarkit gekleidet und trägt eine Mütze, die sein Haar recht gut verdeckt. Seine Haut ist hell, aber das allein besagt noch nichts. Dennoch war Fife auf der Stelle klar, daß alle skandal- und sensationsgierigen Zeitgenossen dem Gerücht bereitwillig Glauben schenken und das Photo als hieb- und stichfesten Beweis ansehen würden. Und weiterhin war ihm klar, daß seine politischen Gegner soviel Kapital daraus schlagen würden wie nur möglich. Sie sprechen von Erpressung, Junz, und vielleicht haben Sie recht damit, aber Erpressung in dieser Form würde auf keinem anderen Planeten der Galaxis funktionieren. Mit seinem kranken Gesellschaftssystem hat Sark selbst uns die Waffe in die Hand gedrückt, und ich habe keine Skrupel, sie auch zu gebrauchen.«
Junz seufzte. »Wie sind Sie mit ihm verblieben?«
»Wir treffen uns morgen mittag.«
»Das Ultimatum wurde also verlängert?«
»Auf unbestimmte Zeit. Ich werde mich persönlich in sein Amtszimmer begeben.«
»Müssen Sie dieses Risiko eingehen?«
»Es ist nicht besonders groß. Schließlich werden Zeugen anwesend sein. Außerdem kann ich es kaum erwarten, diesen Weltraumanalytiker, nach dem Sie schon so lange
Weitere Kostenlose Bücher