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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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EINS
    27. Juni
    Es gab keine Vorwarnung, keinen Alarm, nicht einmal einen noch so kleinen Hinweis auf die bevorstehende Festnahme von Kriminalhauptkommissar Gregor Kreidler. Im Gegenteil. Alles war gerade total gechillt. Gregor saß mit seiner Liebsten Katrin, seinem besten Freund Martin und dessen Freundin Birgit in einem chinesischen Restaurant, das allen Anforderungen gerecht wurde: Katrin liebte Essen, das so scharf war wie sie selbst, Martin lebte grundsätzlich von Gemüse, das er vor dem Kompost bewahrte, und Birgit war schwanger. Als wenn das allein nicht schon reichte, hatte sie nun auch noch einen seltsamen Appetit auf eklige Dinge wie glibberige Pilzsalate und knorpelige Schweineohren entwickelt, also echte Ohren von echten Schweinen, die es nur in dem Restaurant gab, in dem die vier saßen. Gregor hatte sich wie immer mit allem einverstanden erklärt, denn wenn er überhaupt Ansprüche an das Essen stellte, dann nur diesen: Es musste satt machen.
    Da ich seit über einem Jahr tot war und daher nicht mitessen konnte, waren meine Einwände ungehört geblieben. Ich hasste vegetarischen Fraß, ich hasste aber auch das Geräusch, wenn menschliche Zähne knorpelige Schweineohren durchbissen, und wäre sowieso nie im Lebenauf die Idee gekommen, meine Ernährung von ein paar zwitschernden Schlitzaugen abhängig zu machen. Aber meine Meinung gilt ja nicht viel, zumal ich sie nur Martin mitteilen kann, dem einzigen Menschen, mit dem mir eine direkte Kommunikation möglich ist.
    Nicht, dass Sie jetzt denken, ich würde ständig dem Snack-Flash der vier Freunde beiwohnen, aber heute hatten sie ein Namenslexikon dabei und wollten dem Bonsai in Birgits Bauch nun endlich, drei Wochen und einen Tag vor dem errechneten Geburtstermin, seine persönliche Note geben. Da galt es, dem Kevinismus vorzubeugen und pädophobe Strafnamen von vornherein zu vermeiden. Deshalb war ich hier.
    Man war gerade mit der Vorspeise fertig und bei dem Buchstaben G angekommen.
    »Gregor ist ja ein überaus heldenhafter Name, auch für ein kleines Mädchen«, sagte der werdende Patenonkel gerade, was ihm einen Klaps auf den Hinterkopf von Katrin, ein Kopfschütteln von Martin und ein Bäuerchen von Birgit einbrachte. »Der Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet ›wachsam sein‹.«
    »Und das Lateinische egregius bedeutet ›hervorragend‹«, fügte Martin an.
    »Siehst du«, wandte Gregor sich an Katrin. »Kein Grund für körperliche Misshandlung. Ich erwarte eine Entschuldigung, sobald wir zuhause sind.«
    Katrin grinste ihn lüstern an.
    »Eine sehr ausführliche Entschuldigung«, fügte Gregor leise hinzu.
    Birgit hickste.
    »Gregoria wäre dann die weibliche Form«, erklärte Gregor gewollt oberlehrerhaft, was ihm erneut ein Augenrollen von Katrin, ein Kichern von Birgit und ein Seufzenvon Martin einbrachte. In die allgemeinen Unmutsäußerungen hinein klingelte Gregors Handy.
    Er meldete sich, hörte geschätzte drei Sekunden lang zu, runzelte die Stirn, knurrte: »Hey, was soll das heißen?«, und drückte die rote Taste, nachdem aus dem Hörer nur noch Tuten zu vernehmen gewesen war.
    »Was war denn?«, fragte Katrin alarmiert. Als Häschen eines Kripobullen rechnet sie immer mit dem Schlimmsten.
    »Keine Ah…«, sagte Gregor, aber der Rest ging in dem Sprachmüll unter, den die zwei Herren absonderten, die plötzlich rechts und links hinter Gregor aufgetaucht waren.
    »Gregor Kreidler, Sie werden des Mordes an Susanne Hauschild verdächtigt. Wir müssen Sie bitten, uns zu begleiten.«
    In der folgenden Stille hörten wir alle nur Birgits Bäuerchen, ein Zeichen von Nervosität, das sie – und mich – seit dem fünften Monat in zunehmendem Maße quälte.
    »Das ist ja wohl totaler Schwachsinn«, brach es aus Katrin heraus. »Wer seid ihr Vögel überhaupt?«
    Eigentlich kennt Katrin alle Kollegen von Gregor, aber die Anwesenden offenbar nicht. Ich auch nicht.
    »Kripo Düsseldorf, Kriminalkommissare Keller und Stein«, sagte der größere der beiden Vögel. »Und nein, das ist kein Schwachsinn. Herr Kreidler?«
    »Kollege Kreidler«, hätten die Kripos normalerweise gesagt, wenn sie sich bei einer Ermittlung über den Weg gelaufen wären, danach hätte man sich recht schnell auf das kollegiale Du geeinigt. Ja, sogar mit denen aus Düsseldorf.
    Von kollegialer Gemeinsamkeit war hier allerdings nichts zu spüren. Gregors Gesichtsfarbe hatte die Farbskala zwischen dunkelrot und kreidebleich durchlaufen und war jetzt bei einem

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