Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
manchmal sogar
entfernen.«
»Das läuft also auf einen chirurgischen Eingriff
hinaus«, sagte Seldon. »Sie schneiden das kranke Gewebe
weg.«
»Ja.«
»Und was tun Sie, um zu verhindern, daß so etwas
passiert?«
»Was können wir schon tun? Wir führen ständig
Tests durch, um irgendwelche Mutationen oder neue Viren zu entdecken,
oder auch eine zufällige Verseuchung oder Veränderung der
Umgebung. Wir finden nur selten etwas, aber wenn doch, dann schreiten
wir sofort ein. Aus diesem Grunde gibt es nur wenige schlechte Jahre,
und selbst ein schlechtes Jahr hat nur eine geringe Auswirkung. Das
schlimmste Jahr, das wir je hatten, blieb um nur zwölf Prozent
unter dem Durchschnitt – aber das reichte aus, um große
Not zu verursachen. Das Problem ist nur, daß selbst noch so
sorgfältig überlegte und geschickt aufgebaute
Computerprogramme nicht immer das vorhersagen können, was man im
wesentlichen gar nicht vorhersagen kann.«
Seldon spürte, wie ihn unwillkürlich ein leichter
Schauer durchlief. Es war, als spräche sie von Psychohistorik
– aber sie sprach nur von der Mikrofarmproduktion eines winzigen
Bruchteils der Menschheit, während er selbst das mächtige
Galaktische Imperium in all seinen Aktivitäten im Sinn
hatte.
So fragte er etwas bedrückt: »Aber sicherlich ist doch
nicht alles unvorhersehbar. Es gibt Kräfte, die das lenken und
für uns sorgen.«
Die Schwester schien zu erstarren. Sie drehte sich zu ihm herum,
und es hatte den Anschein, als würde sie ihn mit ihren
durchdringenden Augen studieren.
Aber sie sagte nur: »Was?«
Jetzt war Seldon unbehaglich. »Mir scheint, wenn wir von
Viren und Mutationen sprechen, dann sprechen wir in Wirklichkeit
über ganz natürliche, den Naturgesetzen unterworfene
Phänomene. Das Übernatürliche bleibt dabei
unberücksichtigt, nicht wahr? Alles, was nicht den Naturgesetzen
unterworfen ist und deshalb seinerseits die Naturgesetze
kontrollieren kann, bleibt dabei unberücksichtigt.«
Sie starrte ihn an, als hätte er plötzlich in
irgendeinem unbekannten Dialekt der galaktischen Standardsprache zu
ihr gesprochen. Und wieder sagte sie, diesmal halb im
Flüsterton: »Was?«
Er stolperte über nicht vertraute Worte, die ihm peinlich
waren. »Sie müssen doch an irgendeine große Essenz,
einen großen Geist, eine Wesenheit… appellieren. Ich
weiß nicht, wie ich es nennen soll.«
Regentropfen Dreiundvierzig sagte mit einer Stimme, die in die
höheren Register stieg, aber dabei doch leise blieb: »Das
habe ich mir doch gedacht. Ich dachte schon, daß Sie das
meinen, aber ich konnte es nicht glauben. Sie werfen uns vor, Religion zu haben. Warum haben Sie das nicht gesagt? Warum
haben Sie das Wort nicht gebraucht?«
Sie wartete auf Antwort, und Seldon, den der Ausbruch etwas
verwirrte, sagte: »Weil das nicht das Wort ist, das ich
gebrauche. Ich nenne es ›Supernaturalismus‹.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen! Für mich ist es
Religion, und so etwas haben wir nicht. Religion ist für die
Stammesmenschen, für das schwärmerische…«
Die Schwester hielt inne, um zu schlucken, als wäre sie
beinahe erstickt, und Seldon war ziemlich sicher, daß das Wort,
an dem sie so gewürgt hatte, ›Gesindel‹ hatte lauten
sollen. Jetzt hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Langsam und
etwas tiefer als in ihrer üblichen Sopranstimme sagte sie:
»Wir sind kein religiöses Volk. Unser Reich ist von dieser
Welt, und das war es immer. Wenn Sie eine Religion
haben…«
Seldon hatte das Gefühl, in der Falle zu stecken. Damit hatte
er irgendwie nicht gerechnet. Er hob abwehrend die Hand.
»Eigentlich nicht. Ich bin Mathematiker, mein Reich ist auch von
dieser Welt. Ich hatte nur gedacht, aus Ihren starren Sitten
geschlossen, daß Ihr Reich…«
»Denken Sie es gar nicht erst, Stammesmann. Wenn unsere
Sitten und Gebräuche starr sind, dann deshalb, weil wir nur
Millionen zählen und von Milliarden umgeben sind. Irgendwie
müssen wir uns hervorheben, damit wir Wenigen nicht inmitten
Ihrer Schwärme und Horden verloren gehen. Unsere Haarlosigkeit
muß uns hervorheben, unsere Kleidung, unser Verhalten, die Art
und Weise, wie wir leben. Wir müssen wissen, wer wir sind und
müssen auch sicherstellen, daß Stammesleute wie Sie
wissen, wer wir sind. Wir rackern uns auf unseren Farmen ab, um uns
in Ihren Augen nützlich zu machen, und sorgen auf diese Weise
dafür, daß Sie uns in Frieden lassen. Das ist alles, was
wir von Ihnen verlangen… daß Sie uns in
Weitere Kostenlose Bücher