Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
wenn es nur
ein Stammesmann ist –, dann werde ich wahrhaftig zur
Ausgestoßenen.«
»Dann lassen Sie uns nicht hier bleiben«, meinte Seldon
und erhob sich schnell.
»Setzen Sie sich! Wenn ich in dieser Stimmung bin, kann ich
nicht hinausgehen. Sie haben mich nach Religion gefragt. Worauf sind
Sie wirklich aus?«
Seldon schien es, als hätte sie sich völlig
verändert. Da war nichts mehr von der Passivität oder der
Unterwürfigkeit und auch nichts von der Scheu und der
Rückständigkeit in Anwesenheit eines Mannes. Sie funkelte
ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
»Das sagte ich doch. Wissen. Ich bin Wissenschaftler. Es ist
mein Beruf und mein Wunsch, Wissen. Ganz besonders möchte
ich die Menschen verstehen, also will ich Geschichte lernen. Für
viele Welten sind die alten historischen Aufzeichnungen – die wahrhaft antiken historischen Aufzeichnungen – zu Mythen
und Legenden verkümmert und oft Teil des religiösen
Glaubens oder des Supernaturalismus geworden. Aber wenn Mykogen keine
Religion besitzt…«
»Ich sagte, daß wir Geschichte haben.«
»Jetzt haben Sie schon zweimal gesagt, daß Sie
Geschichte haben«, meinte Seldon. »Wie alt?«
»Sie reicht zwanzigtausend Jahre zurück.«
»Wirklich? Lassen Sie uns offen sprechen. Handelt es sich um
echte Geschichte oder nur um etwas, das zu Legenden degeneriert
ist?«
»Natürlich echte Geschichte.«
Seldon wollte schon fragen, wie sie das feststellen konnte,
überlegte es sich dann aber anders. Sollte es wirklich
möglich sein, daß die Geschichte zwanzigtausend Jahre in
die Vergangenheit zurückreichte und dennoch authentisch war? Er
war kein Historiker, würde sich also bei Dors erkundigen
müssen.
Aber für ihn stand ziemlich sicher fest, daß die
ältesten geschichtlichen Aufzeichnungen auf jeder Welt ein
Gemisch aus heroischen Legenden und Minidramen sein mußten, die
als moralische Spiele gemeint waren und daher nicht für bare
Münze genommen werden durften. Das galt ganz sicherlich für
Helicon, und doch würde man wohl nur selten einen Heliconier
finden, der nicht auf all die Geschichten, die man ihm erzählt
hatte, schwören würde, darauf bestehen, daß es sich
bei allem um echte historische Fakten handelte. Insoweit würden
sie sogar jene völlig lächerliche Geschichte von der ersten
Erforschung Helicons unterstützen, die sich mit
Zusammenstößen mit großen, gefährlichen
fliegenden Reptilien befaßten – obwohl man noch auf keiner
von Menschen erforschten und besiedelten Welt etwas gefunden hatte,
was auch nur im entferntesten an fliegende Reptilien erinnerte.
»Wie beginnt diese Geschichte?« fragte er statt
dessen.
Die Augen der Schwester schienen in endlose Weiten zu blicken, ein
Blick, in dem weder Platz für Seldon noch irgend etwas im Raum
war. »Sie beginnt mit einer Welt«, sagte sie, »der unseren. Einer Welt.«
»Einer Welt?« (Seldon erinnerte sich daran,
daß Hummin von Legenden über eine einzige Ursprungswelt
der Menschheit gesprochen hatte.)
»Eine Welt. Später gab es weitere. Aber unsere
war die erste. Eine Welt mit Platz für jeden, mit fruchtbaren
Feldern, mit freundlichen Häusern, warmherzigen Leuten.
Jahrtausendelang haben wir dort gelebt. Und dann mußten wir sie
verlassen und an einem oder anderen Ort herumlungern, bis einige von
uns einen Winkel auf Trantor fanden, wo wir es lernten, Lebensmittel
zu züchten, die uns ein wenig Freiheit einbrachten. Und hier, in
Mykogen, leben wir jetzt auf unsere Art – und haben unsere
eigenen Träume.«
»Und Ihre Geschichte liefert alle Einzelheiten bezüglich
der ursprünglichen Welt? Jener einen Welt?«
»Oh, ja, das steht alles in einem Buch. Wir haben es alle,
jeder von uns. Wir tragen es stets bei uns, so daß es nie einen
Augenblick gibt, wo nicht jeder einzelne von uns es aufschlagen und
lesen kann und sich daran erinnern, wer wir sind und wer wir waren.
Und jeder von uns weiß, daß wir eines Tages unsere Welt
wieder haben werden.«
»Wissen Sie, wo diese Welt ist und wer jetzt auf ihr
lebt?«
Regentropfen Dreiundvierzig zögerte und schüttelte dann
heftig den Kopf. »Das wissen wir nicht, aber eines Tages werden
wir sie finden.«
»Und Sie haben dieses Buch jetzt in Ihrem Besitz?«
»Natürlich.«
»Darf ich dieses Buch sehen?«
Jetzt huschte ein Lächeln über das Gesicht der
Schwester. »Das wollen Sie also«, sagte sie. »Ich
wußte, daß Sie etwas wollten, als Sie darum baten,
daß ich Sie allein durch die Mikrofarmen führe.« Sie
schien
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