Foundation 08: Foundation
Jahrhunderts wiedervereinigt werden.
Eine derartige Regelmäßigkeit ist ein starkes Argument
gegen die ›Eroberer‹-Theorie des Krieges. Selbst wenn
Kriege von ehrgeizigen Feldherren angezettelt werden, müssen wir
immer noch eine Erklärung dafür liefern, wieso die
Feldherren zu vorbestimmten Zeitpunkten auftauchen! Die
ökologische Theorie liefert einige plausible
Erklärungen:
»Wenn einem der Nischenraum für das gute Leben knapp
wird«, schreibt Colinvaux, »kann man immer noch anderswo
nach mehr Ausschau halten – durch Handel, Kolonien und
Angriffskrieg.«
Zivilisatorisch gesprochen, besetzte man wesentlich mehr Raum als
seine unmittelbare Umgebung. Dieser ›Raum‹ enthält proportionale Anteile all des Ackerlandes, der Bergwerke,
Parks, Theater usw. deren es bedarf, um einem die gewohnte Nische und
den gewohnten Lebensstil zu bewahren. So kommt es, daß Menschen
sich beengt fühlen können, obwohl scheinbar genügend
freies Land vorhanden ist (Abb. 19).
Abbildung 19: Eine schematische Darstellung von
Nischenüberfüllung. Der Durchmesser eines jeden Kreises
stellt das Maß an Ressourcen dar, das für den Lebensstil
in einer bestimmten Nische benötigt wird. Es gibt 25% mehr
›schmale Nischen‹, diese sind jedoch weniger
›überfüllt‹. Aus diesem Grund machen sich die
Angehörigen der Ober- und der Mittelklasse mehr Sorgen über
Bevölkerungskontrolle, und dies ist auch der Grund, weshalb
wohlhabendere Nationen arme Nationen angreifen.
Der Handel ermöglicht es einem, teilweise im Land eines
anderen zu leben. Die alten Hellenen importierten Weizen aus Sizilien
und der Ukraine; man könnte also sagen, daß die Mägen
an jene Orte emigriertem, ebenso wie unsere Benzintanks nach dem
Nahen Osten ›emigriert‹ sind. Und das Wichtigste dabei ist,
daß der Handel für die Händler viele neue breite
Nischen schafft. Und auch für die Soldaten, die die Karawanen
und die Schiffe beschützen. Am Ende, wenn die Zahlen gewachsen
sind, um den zusätzlichen Nischenraum zu füllen, wird das
Land vom Handel abhängig. Man beachte, daß die dichte
Bevölkerung eine Folge der Abhängigkeit vom Handel ist,
nicht etwa eine Ursache dafür.
Als nächstes kommen Kolonien. Die relativ kleine Zahl von
Kolonien wird die Massen zu Hause nicht verringern. Das Mutterland
bleibt dicht bevölkert. Das wird selbst dann gelten, wenn die
Kolonien sich im Weltraum befinden. Aber den Druck auf die
bedrängten Mittel- und Oberklassen erleichtern die Kolonien!
(Man beachte das Zusammenfließen von Theorien: Die hohe
spezifische Küstenlinie deutet darauf hin, daß die
Atlantik-Anrainerstaaten Europas eine schnelle kulturelle Entwicklung
durchmachen. Sie werden daher als erste das Gefühl der
›Beengung‹ empfinden, wobei ›Insel-Länder‹
wie England und Holland diese Beengung am stärksten empfinden.
Ein Potentialfeld, dessen Zentrum die Atlantikküste bildet und
in dem die Entfernungen auf Segelzeiten [bei gegebenen Wind- und
Meeresströmungen] basieren, definiert die Ökozone der
europäischen Kolonisation. Die Verknüpfung des Netzes weist
auf die Wichtigkeit der Route zwischen der Iberischen Halbinsel und
der Karibik hin. Die höhere Komplexität früher
mechanischer Gesellschaften gegenüber Hackbauern und Jägern
läßt das Ergebnis ahnen. Auf diese Weise lassen sich die
groben Umrisse des frühen europäischen Kolonialismus
mühelos aus der Geographie und grundlegenden psychohistorischen
Prinzipien skizzieren. Wahrscheinlich werden überfüllte
wohlhabende Inselländer auch am erfolgreichsten bei der
Errichtung von Weltraumkolonien sein. – Irgendwelche
Kandidaten?)
Am Ende werden die Handel treibenden Staaten erkennen, daß
sie sich die von ihnen benötigten Ressourcen leichter durch
unmittelbaren Diebstahl beschaffen können. Das hat nichts mit
Begriffen wie dem ›Nackten Affen‹ oder dem
›territorialem Imperativ‹ zu tun. Die Zivilisation, nicht
etwa die Biologie, ist die Ursache. »Der Staat ist
berechnend«, schreibt Colinvaux. »Die Soldaten sind
gepanzert und vorsichtig. Der Feind ist schwach und ein Opfer. Das
Ziel ist Beute.«
Colinvaux liefert die Requisiten für Angriffskriege. Der
Aggressor ist ein reiches, dichtbesiedeltes, im Wachstum begriffenes
Land mit zunehmenden Erwartungen. Operativ ausgedrückt
können wir sagen, das Land hat (1) eine hohe
Bevölkerungsdichte, (2) ein hohes Pro-Kopf-Einkommen und (3) in
beiden Bereichen hohe Wachstumsraten. Der Lebensstandard nimmt zu,
und die
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