Foundation 09: Die Suche nach der Erde
befohlen worden, Sie zu belügen,
Sir«, sagte der Lieutenant mit gewissem Stolz. Trevize begriff,
daß er es mit einem Berufssoldaten zu tun hatte, also jemandem,
der eines ausdrücklichen Befehls bedurfte, ehe er log; und wenn
er log, würden sein Tonfall und seine Miene ihn verraten.
»Entschuldigen Sie, Lieutenant«, sagte Trevize.
»Ich wollte nicht andeuten, daß ich an Ihrem Wort
zweifle.«
Draußen wartete ein Wagen. Die Straße lag verlassen,
nirgends war ein Mensch zu sehen, ganz zu schweigen von einem Mob.
Aber der Lieutenant hatte die Wahrheit gesprochen. Er hatte nicht
behauptet, draußen sei ein Mob. Nur von ›einer
Menschenmenge, die sich womöglich versammeln könnte‹,
hatte er geredet. ›Womöglich könnte‹, hatte er
gesagt.
Der Lieutenant hatte Trevize wachsam zwischen sich und dem Wagen
gehalten. Trevize hätte nicht losstürzen und davonrennen
können. Unmittelbar nach ihm stieg der Lieutenant ein und setzte
sich an seine Seite. Der Wagen fuhr ab.
»Ich nehme an«, sagte Trevize, »daß ich,
sobald ich daheim bin, wieder ungehindert meinen Geschäften
nachgehen kann – zum Beispiel fortgehen, wenn ich’s
möchte.«
»Uns liegt kein Befehl vor, Ratsherr, Sie in irgendeiner
Weise zu behindern, außer insofern, daß wir Befehl haben,
Sie zu schützen.«
»Insofern? Was hat das in diesem Fall zu bedeuten?«
»Meine Anweisung lautet, Sie darüber aufzuklären,
daß Sie Ihren Wohnsitz, sobald Sie erst einmal dort sind, nicht
verlassen dürfen. Die Straßen sind für Sie zu
unsicher, und ich bin für Ihre Sicherheit
verantwortlich.«
»Sie wollen sagen, ich stehe unter Hausarrest.«
»Ich bin kein Anwalt, Ratsherr. Ich weiß nicht, was das
heißt.«
Er blickte geradeaus, aber sein Ellbogen berührte Trevizes
Seite. Trevize konnte keine noch so geringfügige Bewegung
machen, ohne daß der Lieutenant sie bemerkte.
Der Wagen hielt vor Trevizes kleinem Haus im Vorort Flexner.
Gegenwärtig lebte er ohne Gefährtin – Flavella war des
unregelmäßigen Lebens, das die Ratsmitgliedschaft ihm
abverlangte, schließlich überdrüssig geworden –,
deshalb ging er davon aus, daß niemand ihn erwartete.
»Darf ich jetzt aussteigen?« fragte Trevize.
»Ich steige als erster aus, Ratsherr. Wir werden Sie
hineinbegleiten.«
»Im Interesse meiner Sicherheit?«
»Ja, Sir.«
Drinnen, hinter der Tür, standen zwei Wachen. Die
Nachtbeleuchtung brannte, aber war von draußen unsichtbar, weil
man die Fenster verdunkelt hatte.
Im ersten Moment empfand er wegen dieses Eindringens
Empörung, dann tat er den neuen Zwischenfall mit einem
innerlichen Achselzucken ab. Wenn der Verwaltungsrat nicht einmal im
eigenen Sitzungssaal seine Sicherheit gewährleistete, wie sollte
er da erwarten, daß sein Heim sich als seine Burg
bewährte?
»Wieviel sind denn schon hier?« fragte Trevize.
»Ein ganzes Regiment?«
»Nein, Ratsherr«, ertönte eine strenge, feste
Stimme. »Nur eine weitere Person außer denen, die Sie
sehen, und ich habe lange genug auf Sie gewartet.«
Harla Branno, Terminus’ Bürgermeisterin, stand auf der
Schwelle zum Wohnzimmer. »Höchste Zeit, daß wir uns
einmal in aller Ruhe unterhalten, finden Sie nicht auch?«
Trevize starrte sie an. »All dieser Popanz, nur
um…«
»Schweigen Sie, Ratsherr!« unterbrach die Branno ihn mit
leiser Stimme, aber in nachdrücklichem Tonfall. »Und Sie
treten ab!« wandte sie sich an die vier Wachen. »Hinaus und
draußen Posten gestanden! Hier drinnen wird alles seine Ordnung
haben.«
Die vier Wachen salutierten und vollzogen auf dem Absatz eine
Kehrtwendung. Trevize und die Branno blieben allein zurück.
Zweites Kapitel
Bürgermeisterin
5
Die Branno hatte eine Stunde lang gewartet und müde über
alles nachgedacht. Rein formal gesehen hatte sie sich des Einbruchs
und Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Darüber hinaus –
und das wog schwerer – hatte sie gegen die Verfassung
verstoßen und die Rechte eines Ratsmitglieds angetastet. Auf
der Grundlage der strengen Gesetze, die seit den Tagen Indburs III.
und des Fuchses alle Bürgermeister zur Rechenschaft
verpflichteten, konnte sie zur Verantwortung gezogen werden.
Am heutigen Tag jedoch – vierundzwanzig Stunden lang –
konnte sie gar nichts falsch machen.
Doch das würde vorübergehen. Sie vollführte
nervöse Bewegungen.
Die ersten eineinhalb Jahrhunderte waren das Goldene Zeitalter der
Foundation gewesen, die Ära der Heroen – zumindest im
Rückblick, wenn
Weitere Kostenlose Bücher