Fränkisch Schafkopf
war Klaus Zwo.
»Paula, kommst du mal runter? Ich muss dir was Wichtiges zeigen.«
»Jetzt gleich?«
»Ja.«
Die Hoffnung lieà sie nach unten eilen. Kaum hatte sie sein Büro betreten, hielt er ihr triumphierend eine kleine Plastiktüte entgegen. Sie beugte sich darüber, konnte aber durch die milchfarbige Hülle nur ein zerknittertes Foto von schlechter Qualität sehen. Sie sah fragend zu dem Kriminaltechniker auf.
»Das habe ich in Jakobsohns Geldbeutel gefunden. Sonst war da nicht viel drin. Kaum Bargeld. Nur sein Personalausweis und die Karte von der Krankenversicherung. Aber sonst â keine EC - oder Kreditkarte.«
Klaus zog das Foto aus der Tüte und legte es auf den Tisch. Es zeigte Ulrich Jakobsohn Arm in Arm mit einer auffallend jungen Asiatin. Die beiden standen auf einer Terrasse oder einem Balkon, im Hintergrund waren Palmen zu sehen und ein wolkenloser blauer Himmel. Der strahlend in die Kamera lachende Jakobsohn wirkte glücklich, die zierliche kleine Frau dagegen ernst und steif.
»Denkst du, was ich denke?«, fragte Klaus.
»Ich fürchte, ja. Wobei nicht alles so sein muss, wie es auf den ersten Blick wirkt.«
Hatte Jakobsohn das Klischee vom dumpfen Sextouristen bedient? Dagegen sprach schon seine Plattensammlung. Und ihre Sympathie für ihn. Sie verachtete Männer, deren sexuelle Leidenschaft sich nur an der Generation ihrer Töchter entzünden konnte. Und doch, warum sollte es sich eigentlich nicht so verhalten, wie es auf den ersten Blick aussah?
»Kann ich das Foto haben?«
»Dieses Foto nicht, aber ich habe für dich eine Kopie gemacht. Die ist besser als das zerknitterte Original hier. Vor allem ist sie gröÃer.« Klaus langte in den roten Ablagekorb auf seinem Schreibtisch und überreichte ihr den Abzug.
»Und sonst, Klaus? Habt ihr auÃer diesem Foto etwas gefunden?«
»Leider nein.«
»Keine Fingerabdrücke?«
»Negativ. Auffällig ist, dass an den Türklinken und auf dem Knauf an der AuÃenseite der Wohnungstür nicht einmal Jakobsohns Fingerabdrücke waren. Nur auf der Tatwaffe konnten wir Abdrücke sichern.«
»Na, das ist doch schon mal was.«
»Kein Grund, sich zu freuen. Die sind alle von Heinrich.«
Es dauerte eine Weile, bis sie diesen Satz und die darin enthaltene spektakuläre Information verdaut hatte. Dann fragte sie nach, leise und bange: »Und Schmauchspuren, wie sieht es damit aus?«
»An seinen Händen haben wir nichts gefunden. Dafür jede Menge auf seiner Hose.«
Als Eva Brunner und sie in den Wagen stiegen, fragte Paula: »Haben Sie es der Schwester schon gesagt?«
»Ja. Es war nicht zu vermeiden.«
»Warum? War sie störrisch, hätte sie sonst nicht mit Ihnen geredet?«
»Oh nein, im Gegenteil. Die hat zu viel geredet. Unaufhörlich geredet. Die hat überhaupt nicht mehr aufgehört zu reden. Da habe ich keine andere Möglichkeit gesehen, als es ihr zu sagen. Damit ich auch mal zu Wort komme. Wie ein Mensch nur so viel quasseln kann!«
Solche Worte aus dem Mund von Eva Brunner, immerhin der ungekrönten Vielrednerin des Präsidiums, stimmten sie nachdenklich. Sie würde bei diesem Gespräch von Anfang an die Zügel fest in die Hand nehmen müssen, um aus dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Quasselstrippen einen Erkenntnisgewinn ziehen zu können.
»Und, wie hat sie es aufgenommen?«
»Na, entsetzt war sie nicht. Wissen Sie, was die gesagt hat?«, stellte Eva Brunner die rhetorische Frage, die sie sich umgehend selbst beantwortete. »Das trifft mich in etwa so, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.«
Nach einer Weile fügte die Jungkommissarin noch hinzu: »Ich glaube, die kann uns nur wenig sagen, was uns weiterhilft. So wie die sich am Telefon aufgeführt hat, hatte die schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Bruder.«
»Gerade in so einem Fall kann ein Gespräch sehr aufschlussreich sein«, war alles, was Paula darauf entgegnete.
Eine halbe Stunde später hatten sie die ZiegenstraÃe erreicht, waren links in die kurze BlumröderstraÃe abgebogen und standen nun vor einer hübschen alten Stadtvilla. Ein gepflegter Vorgarten mit weià gestrichenem Holzzaun, rotes Ziegeldach, rote Holzfensterläden, dezente Hausbegrünung in Form von altem wilden Wein, dessen Ãste frisch kupiert aussahen.
Noch bevor sie auf den
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