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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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lebendigen Buddha betrachten. Mao Zedong, Deng Xiaoping, Jiang Zemin sind der lebendige Buddha, denn sie waren Kaiser. Unter den alten Kaisern hat der eine den Buddhismus gefördert, der andere hat den Buddhismus vernichtet, und dann gab es noch die, die Buddha töteten, wenn sie ihn trafen. Wie soll man das verstehen?
    In der Republikzeit gab es einen Meister, er hieß Pu Qin, der sich am Abend des Tages, an dem man den Eingang von Guanyin ins Nirvana feiert, die Brust aufschnitt und einen Docht hineinsteckte und drumherum aus Teig ein teeschalengroßes Ölgefäß machte, das er mit Rapsöl füllte und anzündete. Das nannte er »mit brennendem Herzen dem Buddha opfern«. In der Schatzhalle des Großen Helden knisterten die Flammen und loderten fast vier Ellen in die Höhe, bis zum Tagesanbruch. Meister Pu Qin war verbrannt, sein Herzgrund lag bloß, aber überraschenderweise konnte er lebend geborgen werden, und er wurde wieder so gesund wie zuvor. Und es war der gleiche Pu Qin, der später mit dem Blut aus seiner durchstochenen Zunge das »Yanhuajing« verfasste, sieben Jahre lang schrieb er daran und sieben Jahre lang durchstach er sich tagtäglich die Zunge und hat am Ende das große Werk vollendet. Ganz zuletzt hat er einfach vor den versammelten Mönchen die Finger ins Feuer gehalten und sie Buddha geopfert, der Ringfinger der linken Hand verbrannte dabei zu Asche.
    LIAO YIWU:
    Das ist doch Masochismus!
    DENG KUAN:
    Sich selbst aufgeben und sich Buddha opfern, das steht in der Tradition von dem, der sich vor Buddha aufgab und mit seinem Körper einen Tiger fütterte. Das andere Extrem bildet Mao Zedong … Buddha wird zerstört, Buddha wird bewahrt … hätte er Buddha nicht zerstört, würden dann heute so viele Menschen an Buddha glauben? Als ich Großgrundbesitzer war, haben viele Menschen mich geschlagen und bekämpft. Das ist Jahrzehnte her, ihre Kinder und Enkel sind arm, können nicht lesen und schreiben, also spende ich ihnen Almosen, gebe ihnen Geld für die Schule. Wenn sie krank sind, gebe ich ihnen Geld für den Arzt. Aber das Geld, das ich habe, kommt sowieso von anderen, wenn man es festhält, bringt das nur Unglück. Buddha verargt vor allem die Sünde, würde es aber nicht sagen. Wenn ich mit den Mönchen im Fastenraum sitze, weiß ich im Herzen ganz genau, wer einen Fehler gemacht hat, aber ich werde es nicht sagen, ich werde nicht zürnen und nicht ärgerlich sein.
    Das Leben kehrt im Tod dorthin zurück, woher es gekommen ist. Es hat keinen Namen und keinen Ort. Wenn man nach Westen geht, nach Sukhavati, in das Glücksland des Buddha Amithaba, wohin kehrt dann wiederum das Glücksland zurück? Deshalb, alle Kreatur ist Vater und Mutter, wenn sie mich schlagen, dann ist es, als würden mich Vater und Mutter erziehen.
    Wenn du schlägst, dich ärgerst, zornig und zügellos bist, wird die Reaktion Buddhas sich auf dich senken, du wirst sie für mich erhalten. Wie zum Beispiel dieser Kompanieführer der Volksmiliz, der mit seinem Bajonett auf dem japanischen Kaliber 38 die sterbliche Hülle von Patriarch Wu Kong durchbohrt hat – sein erster Stoß ging durch den Beckenknochen, ein paar Monate später bekam er an der gleichen Stelle eine große Geschwulst, die sonderbar stank und immer tiefer in den Körper hineinfaulte. Er war bei den berühmtesten Ärzten im ganzen Land, es wurde nicht besser, ihm ist der ganze Unterleib verfault, und er hatte einen fürchterlichen Tod. Wieder ein paar Jahre später sind nacheinander seine Frau und sein kleines Kind gestorben, am Ende ist seine ganze Verwandtschaft gestorben, die Familie wurde ausgelöscht.
    Als ich davon hörte, war ich ganz und gar nicht froh. Ich hatte Mitleid und las die Fegefeuer-Sutren für ihn – wenn das nicht geschehen wäre, wäre ihre Schuld vielleicht auf mich übergegangen. Denn ich weiß nicht genau, was ich im vorigen Leben und im vorvorigen Leben getan habe.

Der Komponist
    Den Namen Wang Xilin habe ich zum ersten Mal im Februar 2001 gehört. Damals waren meine »Gespräche mit Menschen vom Bodensatz der Gesellschaft« gerade herausgekommen und wurden in Peking der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei dieser Gelegenheit lernte ich unter anderem Liang Heping, Zhao Li und He Yong kennen, die für die musikalische Untermalung sorgten. Aufgrund Liang Hepings lebendiger Schilderung setzte sich der Namen Wang Xilin in meinem Kopf fest.
    Liang erzählte Folgendes:
    Selbst von offizieller Seite weiß man um den auch internationalen

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