Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
eine andere Abteilung einen Weg gefunden hat, zu Geld zu kommen, dann bekommen sie schnell rote Augen. Wenn du dann kein Opfer darbringst, dann drohen sie, dir den Mönchsstatus abzuerkennen oder sogar deinen Tempel zu verhökern. Eine ganze Reihe recht ansehnlicher Tempelanlagen wurde von ihnen an Privatpersonen überschrieben, für kaum mehr als hunderttausend Yuan.
LIAO YIWU:
Ihr seid nun über hundert Jahre alt, sie werden doch wohl kaum versuchen, von Eurem Haupt noch Haare zu reißen!?
DENG KUAN:
Atheisten ist alles zuzutrauen. Wenn ich es dir sage, selbst die Limousinen des Büros Einheitsfront sind vom Geld der Mönche gekauft worden, jeder Tempel musste allerwenigstens fünftausend »spenden«. Einmal kam der Leiter des Büros für religiöse Angelegenheiten angerast, ich habe ihn höchstpersönlich in unseren Empfangsraum gebeten, Tee und Gebäck auf den Tisch gestellt, da haut der doch, die Tür war noch nicht richtig zu, mit der Hand auf den Tisch, bohrt sich mit den Fingern in der Nase und fängt an zu brüllen: »Du rückst jetzt auf der Stelle hunderttausend raus, die Straße muss ausgebessert werden!«
Mit war bewusst, dass der Staat für die Ausbesserung der Straßen schon längst zwei Millionen zugewiesen hatte, aber den Großteil hatten sie unter sich aufgeteilt, und jetzt konnten sie die Löcher nicht mehr stopfen, da schlugen sie wohl oder übel Profit aus den Mönchen.
LIAO YIWU:
Ihr hättet sie anzeigen können.
DENG KUAN:
Wer der Welt den Rücken gekehrt hat, der setzt auf Erbarmen, Mitleid und Duldsamkeit. Ich habe ihm halt erst einmal geantwortet: »Warte, bis wir wieder Almosen bekommen haben, dann sprechen wir uns wieder.«
Da befahl er wie aus der Pistole geschossen: »Gib mir einen Zeitrahmen!«
Ich sagte: »Was wir heute bekommen, bekommst du heute. Was wir morgen bekommen, bekommst du morgen, was wir in der Ewigkeit bekommen, bekommst du in der Ewigkeit.«
Als der Büroleiter das hörte, verlor er die Beherrschung, er fing an zu fluchen, von wegen ich ficke deine Mutter und so weiter. Draußen standen einige Dutzend Laienbrüder, die waren so erschrocken, dass sie hereinstürzten und den Büroleiter schimpfend hinauswarfen. Meine Schuld, meine Schuld.
Wenn der Rachen von so einem Gierschlund nicht zu groß ist, kann ich ihn doch stopfen. Wenn sie zum Beispiel hierherkommen und Mah-Jongg spielen und verlieren, dann kommen sie zu mir altem Mönch und leihen sich etwas, da fangen sie mit zweihundert gar nicht erst an, gleich fünfhundert oder achthundert, tausend, und wenn das Geld weg ist, dann ist es weg, von Zurückgeben ist keine Rede. Sie gehen mit einem um wie die Sau mit dem Bettelsack, aber wenn sie gehen, kreuzen sie die Arme vor der Brust und leiern etwas von »A-mi-to-fu« [52] .
Ach, was soll’s, das Büro für religiöse Angelegenheiten ist zuständig für buddhistische, daoistische und muslimische Tempel, und der Büroleiter nennt sich selbst »Vater und Mutter aller Heiligen«. Damit will er uns hinters Licht führen.
LIAO YIWU:
Wo gibt es denn so was!
DENG KUAN:
Über die Dynastien und Epochen hinweg sind die Beamten immer gieriger, die Kaiser immer ohnmächtiger geworden, aber dass sie versucht hätten, auch noch einem kahlköpfigen Mönch ein Haar auszureißen, habe ich auch noch nicht gehört.
LIAO YIWU:
Das höre ich auch zum ersten Mal.
DENG KUAN:
Deshalb habe ich noch nicht ausgerechnet, wie viel Geld wir noch zum Wiederaufbau der Tempelanlage zur Verfügung haben, ich meine, nach Abzug aller Ausgaben. Ach, was geht, das geht.
LIAO YIWU:
Nur so geht es.
DENG KUAN:
Du bist ein besonnener Mensch, ich schenke dir ein Foto von der sterblichen Hülle unseres Patriarchen Wu Kong. Der das Foto gemacht hat, hieß mit buddhistischem Namen »Xu Kong«, »Fortführung der Leere«, er wohnte in einem alten Dorf am Fuß des Berges. In den vierziger Jahren ist er mit dem ersten Belichtungskasten, noch mit Magnesiumlicht, auf der Schulter zu den Seelenpagoden hinaufgestiegen und hat dieses Dharma-Foto gemacht, was sofort und für eine ganze Weile für Aufregung sorgte. Nachher dann machte er daraus eine Art Berechtigungsausweis für die Einreise in tibetisches Gebiet, er ist viele Male dorthin und hat Opium verkauft, er konnte immer ungehindert passieren. Der buddhistische Glaube ist im tibetischen Volk fest verankert, vor allem verehren sie Meister der esoterischen Lehre. Wenn sie das Foto sahen, haben sie sich sofort auf den Boden geworfen.
Nach der
Weitere Kostenlose Bücher