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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Mellina
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elektrischen Ofen.
    Der
Straßenverkehr bestätigte aus meiner Sicht die Regelkonformität der Deutschen,
nämlich: was die Deutschen machen, machen sie richtig.   Die deutschen Autos sind die zuverlässigsten,
die Regeln werden eingehalten, die Pünktlichkeit der öffentlichen
Verkehrsmittel ist geradezu sprichwörtlich.
    Das gilt
allerdings auch für die damalige Mode.
    Rein modisch
stellten die 80er den größten Fehlgriff des zwanzigsten Jahrhunderts dar und
das in mehr oder weniger allen Ländern dieses Planeten.
    Die
Problematik der Mode in jenen berüchtigten Zeiten beruhte aus meiner Sicht auf
ähnlichen Gründen wie die Geschichte „des Kaisers neue Kleider“. Im Grunde hat
jeder von uns in seinem tiefsten Inneren gewusst, dass der damals herrschende
Stil nur einer vorübergehenden Fehlempfindung der Sinne entsprungen sein konnte.
Nur traute sich keiner, offen seine Bedenken darzulegen; natürlich aus Angst
als Banause da zu stehen.
    Ich für
meinen Teil konnte mich in meinem elektrisch-blauen Overall mit extra
Schulterpolstern und breitem Taillengürtel nie richtig wohlfühlen. Und auch den moonwashed Jeans mit dazu passender Jacke in XXL
stand ich recht skeptisch gegenüber. Ich meine: Man hat die Sachen ja angezogen
- es blieb einem schließlich nichts anderes übrig - aber richtig gut sah
einfach niemand darin aus. Und das wusste auch jeder, davon bin ich überzeugt.
    Während
Italiener jedoch immerhin einen gewissen Stil bewahrten, schienen die Deutschen
in den 80er Jahren ihren Sinn für das Schöne komplett über Bord geworfen zu
haben. Schließlich war das deutsche Volk in der Vergangenheit durchaus zu
Schönheit fähig gewesen, nehmen wir zum Beispiel den Kölner Dom oder Goethe.
    Kaum
diktierte die Mode einen lässigen und lockeren Stil, den berühmten casual , schon setzten   die Deutschen ihn 100%ig um. Übergroße
und unförmige T-Shirts wurden in den Hosenbund gestopft, der sich unmittelbar
unter der letzten Rippe befand. Die Jeans, es gab damals fast keinen anderen
Hosenstoff, hatten die unwahrscheinlichsten Farben und betonten durch ihre
schmal-breit-schmal-Form unvorteilhaft die Hüften und den Hintern. Dadurch,
dass die Hosenbeine an den Fesseln schmal endeten, hatte man einen freien Blick
auf die meist weißen Tennissocken, die, im schlimmsten Fall, in sogenannten
Jesuslatschen steckten. Bei den Männern vervollständigten Blousons in okker oder magenta das Outfit.
    Der
stilbewusste deutsche 80er Jahre-Mann hatte außerdem einen schmalen Schnauzbart
und eine gepflegte Voku-Hila-Frisur. Die emanzipierten deutschen Frauen,
zumindest diejenigen, die ich kannte, trugen häufig keinen BH und ließen gerne
die Beinhaare sprießen. Aber während wir Italienerinnen ohne BH und mit
behaarten Beinen vor Scham in Boden versunken wären, schienen die Deutschen gar
kein Problem damit zu haben. Baumelnde Brüste und zentimeterlange Beinhaare
wurden gerne und ungeniert zur Schau gestellt. Zusätzlich ließen die damals
trendigen großzügigen Ärmellöcher einen wunderbaren Einblick auf ihre ebenfalls
naturbelassenen Achselhöhlen zu. Das Erstaunlichste dabei war   die Reaktion der Männer. Sie schienen
gegen diese unberührte und fast animalische Weiblichkeit nichts einzuwenden.
Ein Bekannter von mir behauptete einmal sogar, das Herumlaufen ohne BH würde die
Brustmuskulatur im Grunde sogar stärken, da sie sich dann bewusst sei (die
Muskulatur), dass sie alleine den Kampf gegen die Schwerkraft bestreiten müsse.
Unnötig, ihm zu erklären, dass Muskulatur erstens über kein Bewusstsein verfügt
und, zweitens, speziell Brustmuskulatur dazu neigt, solche Kämpfe über kurz
oder lang zu verlieren.
    Das war also
das äußere Bild, das sich mir bei meinem ersten Deutschland-Aufenthalt
präsentierte.
    Doch auch
die Innenwelt dieses Volks hielt Überraschungen bereit.
    Zu den deutschen
Frauen und ihrem Selbstbewusstsein sei folgendes gesagt: Für mich, zur Demut
erzogenen, schüchternen und zurückhaltenden jungen Italienerin, waren sie schlicht
und einfach überwältigend. Ich war voller Bewunderung für ihre
Schlagfertigkeit, ihre lockere Art, ihr technisches Verständnis. Während sich
diese Frauen hier über Computer und Autos unterhielten, war meine Freundin in
Italien noch nicht mal in der Lage, selbst zu tanken und fuhr kilometerlange
Umwege, um eine Tankstelle mit Tankwart zu finden oder überließ es gleich ihrem
Vater.
    Hier ein
typisches Gespräch, dem ich am Anfang meines deutschen

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