Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
fit sind!“,
erklärte mir mein Freund mit einem jovialen Lachen.
Bei der
bloßen Erwähnung von Essen suchte mich eine Welle der Übelkeit heim.
Als
Italienerin konnte ich
einen solchen Vorschlag beim besten Willen nicht nachvollziehen. Wieso sollte
sich jemand an einem freien Tag aus dem Bett QUÄLEN, Nahrung REINWÜRGEN und
BEEILEN, um VOR ALLEN ANDEREN da zu sein? Klar, das war sicherlich effizient,
keine Frage, aber vielleicht doch ein bisschen, äh, wie soll ich es sagen,
unentspannt? Nehmen wir als Gegenbeispiel ein typisches italienisches Pärchen.
Die beiden würden gegen acht Uhr aufwachen, einen Espresso trinken, NICHT
frühstücken (wer kann schon um 5 Uhr morgens schon frühstücken???), alles in
Ruhe packen und dann gemütlich losfahren. Ungefähr auf halber Strecke würden
sie an einem Autogrill [36] einen Stopp einlegen, einen Cappuccino mit Cornetto [37] verspeisen und mit den vielen Freunden telefonieren, die eigentlich auch hatten
mitkommen wollen, aber noch zu Hause waren, weil sie vergessen hatten, den
Wecker zu stellen. Irgendwann gegen Mittag würden sie an der Talstation ankommen,
sie würden die Gondel nach oben nehmen und erst einmal ins Restaurant zum
Mittagessen einkehren, um auf die verspäteten Freunde zu warten (das Mittagessen
ausfallenzu lassen wäre für Italiener genauso wie ohne Handy zu leben eine absurde Vorstellung). Dass
dieses Vorgehen eindeutig ineffektiv ist, interessiert den
Durchschnittsitaliener dabei nicht die Bohne. Schließlich ist er im Urlaub und
da wird nicht gehetzt. Basta.
Nun stellen
Sie sich mal vor, welche gegensätzlichen Einstellungen bei Martin und mir
aufeinanderprallten. Eine gewisse Befremdung, um nicht zu sagen komplettes
Unverständnis für den Standpunkt des anderen, war von beiden Seiten einfach
vorprogrammiert.
Und doch, jedes
Mal, wenn ich mir vornahm, die Beziehung aufgrund unvereinbarer
Inkompatibilität zu beenden, stellte ich fest, dass ich ihn im Grunde doch
ziemlich toll fand. So, wie er durch das Leben ging und sich das Beste
herauspickte, als hätte er selbstverständlich das Recht dazu; sein
unerschütterlicher Glaube, dass alles am Ende gut wird und ich mich nicht
sorgen dürfte; die Art, wie er mich anschaute, als hätte er mit mir einen zwar
ungewöhnlichen, jedoch wertvollen Preis gewonnen; das alles nahm mich einfach für
ihn ein. Ich hatte damals das Gefühl, ich kam aus der Sache nicht mehr heraus. Mittlerweile,
nachdem die gute Laune verflogen war und Martin mich eher anschaute als hätte
er eine Niete gezogen, hatte sich mein Gefühl verändert.
Capitolo cinque -- Sara bussa alla porta (Sara klopft an)
Das Telefon klingelte.
Da meine Hände mit Kochutensilien belegt waren,
klemmte ich mir den Hörer zwischen Ohr und Schulter.
„ Pronto ?“, sagte ich, weil
ich Simonas Nummer erkannt hatte.
“Ciao bella , was kochst
du?”, fragte mich Simona. Nach den Hintergrundgeräuschen zu urteilen, hantierte
sie auch gerade mit Töpfen und Pfannen, was alle meine italienischen Freundinnen
und diese abendliche Uhrzeit taten. Im ferneren Hintergrund schrien Ihr Mann
und ihre Kinder durcheinander.
„Ich mache eine pasta , und
du?“, antwortete ich unkreativ und hoffte, dass sie nicht „ saltimbocca alla romana “ oder „ melanzane alla parmigiana “ antworten würde.
“Ach, heute habe ich keine große Lust zu kochen. Ich
mache nur pollo alla cacciatora “.
Jetzt müssen Sie wissen, dass dieses geschmackvolle
Gericht mindestens eineinhalb Stunden köcheln muss, bis das Huhn in der
Tomaten-Karotten-Sellerie-Soße schön zart wird. Und das machte Simona, wenn sie
keine große Lust zum Kochen hatte.
„Ach so, nur das“, sagte ich und nahm die gewünschte
Menge Spaghetti aus der Packung. Eine Waage brauchte ich dafür nicht, denn mit
der Zeit hatte ich gelernt, mich auf mein Augenmaß zu verlassen. Ich brach die
Spaghetti entzwei (das machen
tatsächlich viele Italiener!) und warf sie ins Wasser. Diese Tätigkeit gehört
so stark zur italienischen Kultur, dass Männer abends ihre Frauen vom Auto aus anrufen,
um ihnen mitzuteilen, dass sie jetzt „die pasta werfen können“, um zu bedeuten, dass sie gleich zuhause sein werden.
„Laura, ich wollte Dir wegen neulich danken. Mit dem
Schwangerschaftstest und so…“, kicherte Simona.
„Keine Ursache, habe ich gerne getan“, sagte ich,
obwohl ich beim reinen zurückdenken einen Schweißausbruch bekam.
“Sollen wir uns demnächst mal über
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