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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Mellina
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erstickt.
    Aber: Man sage,
was man wolle, eine Alice Schwarzer hatte es in Italien noch nie gegeben und
eine durchschnittlich emanzipierte italienische Frau ist im Vergleich zu Frau
Schwarzer eine anpassungsfähige Hausfrau.
    Als Martin
mir eines Tages vorschlug, die paar Kilometer bis zum Restaurant, in dem wir
mit Freunden verabredet waren, mit dem Fahrrad zurückzulegen, dachte ich, es
wäre ein Scherz. Schließlich war ich zum damaligen Zeitpunkt im neunten Monat
schwanger und auf den Straßen lag eine dünne, jedoch sehr hinterlistige
Eisschicht. Er meinte es allerdings völlig ernst und verstand nicht, wo das
Problem lag.
    Ich bin
überzeugt, dass er sich damals über meine besonderen Umstände kein Gedanken
gemacht hatte. Er hatte einfach Lust, mit dem Fahrrad zu fahren und war nicht
wirklich gewillt, von seinen Plänen abzuweichen.
    „Äh…“, sagte
ich dann ziemlich verunsichert (schließlich hatte ich mittlerweile gemerkt,
dass ein- und dieselbe Situation von zwei Personen auf völlig unterschiedlicher
Weise betrachtet werden konnte. Dementsprechend war ich auf der Hut), „meinst du
wirklich, ich soll meinen hochschwangeren Bauch hinter den Lenker klemmen und
drei Kilometer mit dem Fahrrad auf dem Eis balancieren, auf die Gefahr hin,
dass ich auf meinem fetten Hintern lande und eine spontane Eiswassergeburt auf
der Straße erlebe?“, fragte ich, die einzelnen Silben betonend, als würde ich
mit einem Minderbemittelten sprechen. Ein Blick in sein Gesicht genügte, um
mich zu überzeugen, dass ihn diese Vorstellung eher amüsierte als abschreckte.
Ich beschloss, meine Taktik zu ändern. Einen   hysterischen Anfall später und um ein
Kaffeeservice ärmer kamen wir an dem Abend deutlich verspätet im Restaurant an.
Der Taxifahrer hatte mich während der Fahrt besorgt gefragt, ob ich Wehen
hätte, ich würde nämlich etwas derangiert aussehen. Offensichtlich musste seine
Frau nie um ihr Recht kämpfen, ihre Babys in einem Krankenhaus und nicht auf
der Straße zu entbinden. Selbst die Vorstellung einer hochschwangeren Türkin,
in einem schwarzen Kaftan eingehüllt auf einem Fahrrad strampelnd, vermochte
nicht, meine Stimmung zu heben.
    Damals war
mir bereits klar geworden, dass deutsche Frauen grundsätzlich
widerstandsfähiger waren (die deutsche Frau meines niederländischen Chefs hatte
im neunten Monat ein zwei Meter langes Regal aus dem Baumarkt besorgt und
alleine die vier Stockwerke zu ihrer Wohnung hochgetragen. Das einjährige Baby
hatte sie dabei am Rücken festgeschnallt). Und   trotzdem konnte ich nicht glauben, dass mich
mein Freund ohne mit der Wimper zu zucken und nur, um seinem eigenen
Bewegungsdrang an der frischen Luft zu frönen, einer gefährlichen Situation ausliefern
wollte. Meine Entrüstung war damals so groß gewesen, dass ich tagelang kein
Wort mehr mit ihm sprach. Mittlerweile hatte sich Martin in dieser Hinsicht verändert.
Seit der Geburt unserer kleinen Tochter, die er über alles liebte und
hätschelte, hatte er eine gewisse Sensibilität für die Bedürfnisse anderer Menschen
entwickelte. Ich war allerdings die einzige, die von diesem neugewonnenen Einfühlungsvermögen
nicht profitierte, denn unsere Beziehung war in eine Negativspirale verwickelt,
die hauptsächlich darin bestand dem anderen eins auszuwischen. In der
Zwischenzeit hatte ich mich jedenfalls daran gewöhnt, für mich und mein   Wohlbefinden selber zu sorgen und war zu
dem Schluss gekommen, dass eine solche Fähigkeit im Leben von großem Wert ist.
    Die zweite
Eigenschaft von deutschen Männern, die italienische Frauen zur Weißglut bringt,
ist deren Effizienzwahn. So war es auch bei Martin und mir. Als wir das erste
Mal zusammen Skifahren wollten, klingelte der Wecker um exakt 4:30 Uhr.
    „Martin“,
murmelte ich in seine Bettrichtung.
    Keine
Antwort.
    „Martin, der
Wecker spinnt, mach ihn aus!“.
    Immer noch
keine Antwort. Dafür ging plötzlich die Panikbeleuchtung an.
    „Guten Morgen!“,
tönte es in einer unerträglichen Lautstärke. Mit der allergrößten Mühe schaffte
ich es, blinzelnd ein einzelnes Auge zu öffnen. Martin, der bereits in seinen
Skiklamotten und frisch rasiert war, stand mitten im Raum und versprühte eine
nicht auszuhaltende gute Laune um sich herum. Mit dem Bettlaken versuchte ich
mich so gut es ging davor zu schützen.
    „Los, raus
aus den Federn! Abfahrt ist Punkt 5:15 Uhr, damit wir als Erste am Lift sind! Und
jetzt müssen wir noch kräftig frühstücken, damit wir nachher

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