Fragmente des Wahns
tauchte in die Warteschleife ein, bis sie endete und einer anderen Stimme wich.
„Krankenhaus ‚Barmherzige Brüder’. Sie sprechen mit Frau Marianne Steger. Was kann ich für Sie tun?“
„Alexander Schneider hier. Könnte ich bitte mit Doktor Fleischmann sprechen?“
„Ich verbinde.“
Eine weitere Warteschleife. Es kam Alex so vor, als wäre er seit diesem bescheuerten Autounfall in einer dieser Warteschleifen gefangen. Vielleicht war es tatsächlich so und die Lösung aller Dinge. Wer wusste das schon. Alex war es langsam aber sicher egal.
„Tut mir leid“, es war Marianne, „aber Doktor Fleischmann scheint nicht an seinem Platz zu sein. Kann ich ihm etwas ausrichten?“
„War er denn heute schon mal im Krankenhaus?“
„Ich habe ihn noch nicht gesehen, Herr Schneider. Ich kann Ihnen leider keine Antwort darauf geben. Ich müsste mich selbst erst informieren.“
„Nein, schon gut. Danke.“
Alex legte auf. Das Piepsen hallte in seinem Kopf weiter, obwohl sich sein Handy nicht mehr an seinem Ohr befand. Fleischmann war also noch immer nicht aufgetaucht. Und was nun? Was sollte er jetzt tun? Wohin sollte er gehen?
Vielleicht sollte ich mich einfach in das nächstbeste Krankenhaus einweisen lassen … und gut ist.
Nun ja, warum eigentlich nicht. Hatte Fleischmann nicht von einem Kollegen gesprochen, mit dem er sich über meinen Fall unterhalten wollte? Wie war noch gleich sein Name? Verdammt! Alex konnte sich einfach nicht erinnern.
Okay, langsam und ganz ruhig. Der Vorname ist mir bekannt vorgekommen. Er hatte etwas mit meiner Arbeit zu tun gehabt. Es war … ja … Stefan. Es war Stefan, Stefan Niederseher aus Nürnberg.
Zufall?
Bestimmt. Doch egal ob Zufall oder nicht, es war die beste Lösung, die Alex im Moment einfiel. Wenn Fleischmann mit Niederseher über mich gesprochen hat, dann weiß dieser bestimmt über meine Untersuchungsergebnisse Bescheid. Alex musste es einfach versuchen.
Er wählte noch einmal die Nummer der Auskunft. Diesmal hatte er einen Mann am anderen Ende. „Ich brauche bitte die Adresse des Krankenhauses, wo ein gewisser Stefan Niederseher arbeitet.“
„Okay … das kann aber einen kleinen Moment dauern.“
Er hörte nur noch ein leises Rauschen und das Klimpern der Tastaturtasten. Es dauerte gute zwei Minuten, bis der Mann einen Namen für ihn hatte.
„Danke“, sagte Alex, ehe er auflegte, um gleich darauf eine neue Nummer zu wählen. „Ein Taxi in die …“, Alex suchte das nächste Straßenschild. „Grolandstraße, bitte.“ Er legte ein weiteres Mal auf. Jetzt gab es nur noch eins zu tun.
Er tippte eine Textnachricht in sein Handy und sendete sie ab. Wenige Minuten später tauchte das bestellte Taxi auf und fuhr Alex zur besagten Praxis und seinem Schicksal entgegen.
Du hattest Recht, Bruder. Ich bin auf dem Weg in die Gemeinschaftspraxis Meyer und Niederseher. Sehen uns da. Alex.
Der Taxifahrer war so freundlich und fuhr ihn bis zum Eingang der Gemeinschaftspraxis. Alex bedankte sich und bezahlte erneut mit einem großzügigen Trinkgeld. Dann stieg er aus und ging zum Eingang.
Dort musste sich Alex erst zurechtfinden. Es dauerte eine Weile, bis er herausfand, dass sich die besagte Praxis im vierten Stock des Gebäudes befand. Ein Aufzug brachte ihn nach oben.
Den gesamten Weg über hatte Alex noch einmal über alles nachgedacht. Angefangen vom Autounfall bis zum Erreichen des Nürnberger Hauses. Soviel war geschehen, soviel passiert und nichts davon ergab einen Sinn. Ob es nun der Gedächtnisverlust, die merkwürdigen Halluzinationen oder der Anruf seiner Schwiegermutter war. Egal, jetzt stand er hier.
Der Aufzug fuhr nach oben und würde ihn zu einem Arzt bringen, der ihm sagte, dass sein Gehirn einen irreparablen Schaden davongetragen hatte und er deswegen wahnsinnig wurde. Langsam musste Alex den anderen einfach recht geben. Er, Alexander Schneider, war verrückt.
Es gab einfach keine andere Möglichkeit, keinen anderen Weg, keine andere Wahrheit. Fleischmann hatte es ihm bereits gesagt, doch er wollte es einfach nicht wahrhaben. Auch Andreas hatte es ihm mehr als einmal mitgeteilt und was hatte er getan? Er hatte alles nur noch schlimmer gemacht … immer und immer wieder. Er allein trug die Schuld an allem.
Die Aufzugstüren gingen auf, Alex atmete noch ein paar Mal tief durch, um sich und seinen Körper endgültig zu beruhigen. Dann ging er los.
Seine Füße trugen ihn hinaus in den Flur, wo rechts eine weiße Tür auf ihn
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