Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
zu Sloterdijks Kastration, weil der alte Trottel doch tatsächlich versucht hat, sich mit einem Küchenmesser vom Sattel loszuschneiden.
«Das ist alles so primitiv», denkt Precht angewidert vor dem Spiegel, schüttelt sich kurz und übt weiter.
«Schuldgefühle können aber auch ein ganz wichtiger Motor sein!»
Dazu Dackelblick, leicht gerunzelte Stirn, Haarsträhne beiläufig hinters Ohr gesteckt. Hervorragend!
Es klingelt an der Haustür. Deutschlands schönster Philosoph reißt überrascht die Augen auf. «Hallooo! Auch kein schlechter Gesichtsausdruck! Memo an mich selber: Ruhig öfters mal überrascht gucken!», denkt er sich, geht dann aber erst mal an die Tür. Draußen steht niemand. Dafür liegt auf Prechts Fußmatte eine brennende Zeitung. Hektisch tritt er die Flammen aus. Ein ekelhafter, süßlicher Geruch steigt ihm in die Nase, und irgendwas klebt da unter seiner Sohle. «Verdammt! Nicht der alte Trick mit der Hundescheiße!» Wütend scannt er die Nachbarschaft. Im Augenwinkel sieht er gerade noch einen älteren Herrn mit schütterem Haar und Schnurrbart davonlaufen. «Sloterdijk! Das wirst du mir büßen, du fette Qualle!» Sofort nimmt er die Verfolgung auf.
Fünf Minuten später ruft ein Anwohner bei der Polizei an, weil sich in seinem Vorgarten, Zitat, «zwei so komische Männer wälzen».
«Wie jetzt? Die kämpfen da bei Ihnen, oder was?»
«Weiß nicht. Sieht nicht besonders gefährlich aus, eher bescheuert, aber die machen mir die Hortensien kaputt!»
«Wie sehen die Männer denn aus?»
«Der ältere trägt einen Rollkragenpullover. Und der jüngere reißt die ganze Zeit so komisch die Augen auf … wie beim Kacken!»
53. JOSCHKA FISCHER
Der Marathonmann
Joschka Fischer wiegt hundertdreißig Kilo und ist frustriert. Er kann und will sich nicht mal mehr über Guido Westerwelle aufregen. Zum x-ten Mal in dieser Woche nimmt er eine alte «Focus»-Reportage zur Hand – aus einer Zeit, da er noch voll im Saft stand.
Joschka, der Marathonmann
Bevor er aufsteht, ist Joschka Fischer schon vierzig Kilometer durch seine Träume gehetzt, das spart Zeit. Um 5.00 Uhr klingelt endlich der Wecker, und Joschka Fischer liegt schweißgebadet zwischen den Laken. Draußen vorm Haus wartet bereits startklar die Flugbereitschaft mit einer 737. Seitdem er eine kleine Einliegerwohnung auf dem Flughafen Tegel bezogen hat, ist sein Alltag wesentlich effektiver geworden.
Heute hat Joschka Fischer drei Termine auf drei Kontinenten: 9.00 Uhr Ramallah, Treffen mit Mahmud Abbas. Auf dem Hinflug muss er noch eben einen Nahostfriedensplan raushauen, maximal drei DIN-A4-Seiten. Mittags landet Joschka Fischer in Brüssel. Bis dahin hat er den Plan für eine gemeinsame EU-Außenpolitik entworfen (eine DIN-A4-Seite). Vor der EU-Kommission hält er eine Rede mit interessanten neuen Wörtern drin, die er sich letzte Nacht ausgedacht hat, zum Beispiel «Verstetigung der multilateralen Friedenskonsolidierungsmaßnahmen». Sieben Simultanübersetzer kriegen gleichzeitig einen Nervenzusammenbruch. Um 16.30 Uhr trifft sich Joschka Fischer noch auf ein Wasser mit einem Politiker, den er nicht kennt. Es geht darum, ob der ihm einen Job besorgen kann, falls seine Affäre hochkocht. Verheugen sagt: Bei Scheckbetrug könne er leider auch nix für ihn machen. Joschka Fischer lässt trotzdem seine Bewerbungsunterlagen da: 487 DIN-A4-Seiten plus Lichtbild, drei mal vier Zentimeter. Um 17.30 Uhr geht’s zurück nach Berlin, um 20.00 Uhr muss sich Joschka Fischer mit den Spitzenpolitikern der Grünen zu einer geheimen Sitzung treffen.
Angemeldet haben sich Roth, Trittin und Göring-Eckardt. Joschka Fischer kennt keine Sau von denen. Ort des Treffens: der Kurdische Hof in Kreuzberg. Thema des Abends: Verlautbarungsstrategie über irgendwas. Claudia Roth kennt eine superknuffige PR-Agentur in Reutlingen, nur alleinerziehende Frauen, die würden günstig eine Kampagne stemmen. Joschka Fischer sagt, dass er genau neunundvierzig Minuten Zeit hat für das Meeting. Göring-Eckardt schlägt vor, erst mal allgemein über das Thema zu reden. Noch achtunddreißig Minuten. Jürgen Trittin geht pissen und kommt nicht zurück. Vierundzwanzig Minuten. Göring-Eckardt bestellt einmal Falafel mit Kichererbsenpampe, sechzehn Minuten, Roth hat schon gegessen und findet es scheiße, dass man nicht vorher darüber diskutiert hat, ob man sich hier zum Essen trifft oder bloß auf ’ne Schorle. Eine Minute. Joschka Fischer
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