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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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uns von den übrigen Stämmen abzusondern, Gott höher zu ehren als alle Idole und Legenden und die Natur, ihn mit unserem ganzen Leben zu ehren.«
    Die Erkenntnis traf Dadua wie ein Schlag. Cheftu bekam mit, wie seine Miene sich veränderte, wie Zorn und Entrüstung zu Scham und Demut verblichen. »Ich habe sie zu Heiden gemacht«, stöhnte Dadua. Wie gefällt knickte er in die Knie. »Ich habe versucht, uns zu einer Nation wie alle anderen zu machen! Ich habe sie dazu verführt zu glauben, der Thron sei nichts als ein Kunstwerk, nicht der Sitz unseres leibhaftigen Gottes!« Er pulte ein paar Dreck- und Dungkrümel aus der Erde, die er sich in das Gesicht, in die Haare und auf sein irisblaues Gewand rieb. »Shaday, Shaday, ich habe gefehlt! Vergib mir, dass ich Deine Heiligkeit gelästert habe!«
    »Bist du sicher, dass wir den Thron hier lassen sollen?«, fragte ein Priester. »Sollten wir nicht versuchen, ihn in die Stadt zu bringen?«
    »Und noch mehr Menschen in Gefahr bringen, wo ich allein gesündigt habe?« Daduas Gesicht war von braunen Streifen überzogen. »Ani haMelekh. Ich trage die Verantwortung und die Strafe.« Tränen rannen aus seinen Augen. »Wir müssen, ich muss mehr über el haShaday erfahren. Ich muss nach Vergebung dafür streben, dass ich den Thron an den anderen Königen vorbeiziehen ließ, um sie zu beeindrucken. Ich darf nie vergessen, dass der Thron, die Hütte, unsere Rituale nicht uns, sondern Gott zustehen.«
    N’tans spitze schwarze Brauen hoben sich erbost. »Du hast das aus Stolz getan? Um die Heiden aus Ägypten und Tsor zu beeindrucken?«
    »Ich habe gefehlt, ich habe gefehlt!« Jetzt schluchzte Dadua ganz unverhohlen. »Ich dachte, was ich auch tue, kann nicht falsch sein, doch ich habe mich getäuscht.«
    »El haShaday sieht mit mehr Liebe auf dich als je auf einen Menschen zuvor, doch er bleibt immer noch unser Gott, über allen Bergen, über dem Meer, über den Sternen«, zürnte N’tan. »Er lässt nicht zu, dass wir über ihn herrschen.«
    Was heute überdeutlich geworden war, dachte Cheftu.
    »Er ist unsterblich und unsichtbar; wir Erdenbürger hingegen sind nur aus Lehm geformt!« Der Tzadik machte auf dem Absatz kehrt und zog ab. Dadua schlug mit der Stirn auf den Dreck, wodurch er die Tiere aufschreckte, die eben weggeführt wurden, und die mitfühlenden Blicke der Priester erntete.
    »Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so dürstet mein Nefesh nach Dir. Mein Nefesh verlangt nach Dir, Shaday, nach dem lebendigen Gott. Wann kann ich Dir ins Angesicht blicken? Meine Tränen dienen mir zur Speise Tag und Nacht, denn ich höre die Menschen fragen: >Wo ist dein Gott?< An diese Worte will ich denken und meinen Nefesh vor Dir ausschütten. Als Jüngling zog ich mit den Stammesbrüdern und wollte mit ihnen zum Hause Gottes. Frohlockend und dankend waren wir in der Schar jener, die da feierten.«
    »Das heute war kein Frohlocken, kein Dank«, wandte ein anderer Priester ein. »Das war Habgier, wenn nicht Lust.« Er sank auf die Knie, beschmierte sein Gewand mit Dreck und rief aus: »Mein Nefesh ist betrübt und unruhig in meinem Guf. Ich harre auf Shaday, auch jetzt will ich ihn loben, denn er ist meine Rettung und mein Gott.«
    Cheftu beobachtete, wie der Priester und Dadua jene Worte sprachen, die er als Psalm kannte, die ihm jetzt aber wie ein von Herzen kommendes Flehen erschienen, nicht wie eine poetische Niederschrift. » Auch wenn mein Nefesh betrübt ist, so will ich Deiner gedenken«, sagte der Priester. »Aus dem Land am Yarden bis zu den Höhen Hermons. Eine Tiefe ruft die andere im Rauschen der Fluten, und Deine Wogen gehen über mich.
    Am Tage sendet el Shaday Seine Güte. Nachts höre ich Sein Lied in mir und bete zu dem Gott meines Lebens.«
    Dadua schlug sich gegen die Brust und rief, vor dem Thron auf dem Boden liegend, zum Dach auf: »Ich sage zu Dir, Sha-day, meinem Fels: Warum hast Du mich vergessen?
    Warum muss ich so traurig gehen, warum bin ich in Bedrängnis wie ein Feind?«
    Seine Stimme brach, als er mit hoch erhobenen Händen aufstand. Die nächsten Worte entrangen sich seiner tränenrauen Kehle und seiner zerrissenen Seele: »Warum betrübt sich meine Seele? Was bist Du so unruhig in mir? Ich will auf Gott bauen, ich will an sein Chesed glauben. Ich will ihn loben, denn Er ist Gott, mein Gott.«
    Gebrochen und demütig weinte Dadua still in seine Hände hinein. Avgay’el beobachtete ihren Gemahl mit gepeinigter Miene. Hinter ihm glühte der

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