Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Heiden aufgeführt.« Cheftu legte die Arme des Leichnams über Kreuz in die Sterbeposition.
    »Wir haben uns gefreut!«, entgegnete Dadua zornig. »Wir waren überglücklich, ihn wieder in unserer Mitte zu haben! Wir hatten nichts Böses im Sinn!«
    »Der Ägypter hat Recht«, widersprach der Tzadik. »Wir haben den Thron angebetet wie ... einen Götzen. Er gehört nicht uns, es ist der Sitz Gottes.«
    Alle blickten auf den Thron, der, umgeben von einem Strahlenkranz versengter Erde, in der Erde steckte.
    N’tan wandte sich an einen anderen Priester. »Holt ein paar Frauen, die den Leichnam herrichten sollen.«
    Der Mann nickte bibbernd und mit kalkweißem Gesicht, dann rannte er los.
    »Woran ist er gestorben?«, fragte N’tan und kniete neben Cheftu nieder.
    »Siehst du diese Wunden?« Cheftu deutete auf die Stelle, wo der Priester die Finger in die Brust geschlagen und in sein Gewand gekrallt hatte. »Siehst du sein Gesicht? Die nach unten gezerrten Mundwinkel?«
    N’tan grunzte.
    »Ich glaube, sein Herz hat ausgesetzt«, erklärte Cheftu.
    »Hierfür habe ich allerdings keine Erklärung.« Er drehte die Hand des Toten, die verkohlte Hand um. »Oder für das Feuer. Oder warum ihm das Haar zu Berge steht. Vielleicht haben sich mehrere Sachen ereignet. Ein Schlaganfall, als er begriffen hat, dass er es berührt hatte? Oder vielleicht .« Er drehte die Hand wieder zurück. »Ich weiß es nicht.« Er sah zu N’tan auf. »Wer war das?«
    »Mein Onkel Uzzi’a.«
    In diesem Moment traten Cheftu die Worte wieder vor Augen, die Bibelgeschichte vom fehlgeschlagenen Einzug der Bundeslade in Jerusalem. Wieso habe ich mich nicht früher daran erinnert?, dachte er. Vielleicht hätte ich etwas sagen, sie warnen können. Er blickte auf den Leichnam, auf die Brandmale an jenem Menschen, der nur hatte helfen wollen. Es ergab keinen Sinn.
    »Was will Shaday?«, fragte Dadua in die Runde, während er in sicherem Abstand vor dem Thron auf und ab ging. »Dürfen wir unseren Gott nicht freudig verehren wie andere Völker?« »Ganz genau«, bestätigte N’tan. »Wir dürfen nicht wie andere Völker sein.«
    »Wir sollen uns nicht freuen? Nicht feiern?« Daduas Stimme schwoll an.
    Seine zweite Frau sah ruhig auf den Thron. »Vielleicht sollte unsere Freude ein anderes Motiv haben.«
    Cheftu hustete und hoffte, dass er das Richtige tat.
    »In Ägypten tragen wir unsere Totems auf den Schultern der Priester.« Er deutete auf den Thron. »Vielleicht sind ja darum diese Ringe daran angebracht?«
    In jede Ecke waren oben und unten Goldringe eingelassen. Schwere Goldringe. »Wenn wir ihn auf unseren Schultern trügen, dann wären wir genau wie die Heiden«, meinte Dadua frustriert. Der Gestank verschmorten Fleisches hing immer noch in der Luft. Was hatte Uzzi’a verbrannt? Die Kiste schien aus reinem Gold zu bestehen.
    Während Cheftu den Leichnam zudeckte, starrte Dadua auf den Thron und zuckte schließlich mit den Achseln. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »N’tan?«
    Der Tzadik schüttelte den Kopf. »Wir wissen, dass wir ihn nicht berühren dürfen«, meinte er. »Das ist uns überliefert. Wer ihn berührt, muss sterben.«
    Alle traten einen Schritt vom Gnadenthron zurück, so als wäre ihnen das eben wieder eingefallen. Cheftu blickte auf die Elohim. »N’tan?«, entfuhr es ihm entsetzt.
    »Mah?«
    »Die Elohim?«
    Der Tzadik sah hoch, schrie auf und warf sich gequält in den Schmutz.
    Dadua blieb wie vom Blitz getroffen stehen. »Dann stimmt es also«, flüsterte er. »Wenn Gott seine Gunst von uns wendet, sieht man das den Elohim an.«
    Cheftu starrte die Truhe mit den Figuren an, die, einander zugewandt, an den gegenüberliegenden Seiten des Deckels gestanden hatten. Nun hatten sie sich den Rücken zugekehrt. Die eingelegten Augen der Frau waren in die Ferne gerichtet. Die Statuen hatten sich bewegt!
    Dadua sprach mit verzweifelter, brechender Stimme: »Wie kann ich es wagen, diese Kiste in meine Stadt zu bringen, wenn ich weiß, dass sie jemanden töten kann, der nur helfen möchte? Wie können wir einem solchen Gott gefallen?«
    Cheftu starrte den Thron an und nahm zum ersten Mal die Feinheiten daran wahr. In die Seiten waren Darstellungen von geflügelten Löwen, Symbolen und Buchstaben, Trauben und Granatäpfeln graviert. Der Deckel lag schief auf und ließ einen höchstens fingerbreiten Spalt frei. In diesem Moment sah er etwas Schwarzes auffliegen und verschwinden. Ein winziges schwarzes Ding. Dann noch eines und noch

Weitere Kostenlose Bücher