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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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als je zuvor.
    »Du bist eine Göttin, ich kann dich nicht zwingen. Doch ich bitte dich, denn du kennst meine Söhne. Du hast mit uns zusammen gespeist und mit uns zusammen gebetet. Es sind brave Burschen, sie lieben dieses Land, sie ehren ihre Götter. Wenn du nicht mitkommst, wird es keine Pelesti mehr geben.«
    Pelesti, ein Wort, das ich selten zuvor gehört hatte. Philister, die von den Juden unterworfen worden waren, so weit konnte ich mich erinnern. Ich hatte hier nichts zu suchen, ich gehörte nicht in die Bibel.
    Ja, ich hatte den Exodus beobachtet, doch ich hatte keine Rolle dabei gespielt. Moses und ich hatten kein Tête-à-tête gehabt. Ich musste verschwinden, ehe ich irgendwas durcheinander brachte. Schließlich kämpften diese Philister hier gegen die Juden. Sie würden nicht überleben, lediglich der Name Palästina würde überdauern.
    Auf Grund der Arbeit meines Vaters wusste ich, dass es die Römer gewesen waren, die diesen Landstrich in »Palästina« umbenannt hatten, in dem Versuch, die Juden aus den Geschichtsbüchern, von den Landkarten und schließlich und endlich vom Erdboden zu tilgen. Es war das einzige Wort, das von den Philistern übrig geblieben war. Doch das Volk, das den Namen gestiftet hatte, gab es nicht mehr.
    Ich wollte das ganz bestimmt nicht mit ansehen und auch nicht mitbekommen. Wie schrecklich, so zum Untergang verurteilt zu sein. Andererseits waren im Hier und Jetzt ihre Schmerzen genauso real wie Cheftus Peitschennarben. Was konnte es schon schaden, wenn ich mitkam und ihnen eine Weile Beistand leistete? Ich wäre nicht auf dem Schlachtfeld, und ich würde nicht eingreifen. Vielleicht würde das den Menschen ein wenig Mut machen.
    Ganz zu schweigen davon, dass ich die vielen Wachen und Mauern hinter mir lassen würde. Es wäre leichter zu fliehen. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. »Ich muss meinen Sklaven mitnehmen«, sagte ich.
    »Dafür ist gesorgt. Er wird sich auf dem Schlachtfeld zu uns gesellen.« Ich lächelte in mich hinein. Diese Frau hätte einen Wahnsinnsgeneral abgegeben. Ich versuchte zu überlegen, was ich noch mitnehmen konnte, ohne allzu viel Staub aufzuwirbeln. »Und meine Juwelen und Kleider.«
    Sie sah mich aus schwarzen Augen an. »Dafür ist gesorgt.«
    »Und Proviant.«
    »Dafür auch.«
    Was konnte ich sonst noch erbitten? Die Kleider würden uns warm halten, mit den Juwelen konnten wir unsere Flucht erkaufen, der Proviant würde uns ernähren - was brauchten wir noch? »Dann gehen wir«, sagte ich resigniert.
    Die Streitwagen, die sie herbeirief, und die Schnelligkeit, mit der sie bereitgestellt wurden, machten mir klar, dass sie in jedem Fall vorgehabt hatte, mich mitzunehmen, ob ich nun wollte oder nicht. Insgeheim degradierte ich sie zum Oberst.
    Im Gegensatz zu den Karren, die ich in Ashqelon gesehen hatte, waren diese Streitwagen leicht und geländegängig. Sie hatten Speichenräder statt fester Holzscheiben. Zum Glück hatte Takala einen eigenen Wagen, denn ich war nicht sicher, ob die Pferde unser vereintes Gewicht hätten ziehen können. Kaum war ich hinten in mein Gefährt gestiegen, fuhren wir auch schon los.
    Ich klammerte mich mit aller Kraft fest und sah die Welt an mir vorbeifliegen. Wir waren in der Küstenebene, die von einem Blumenmeer bedeckt war: in Rosa, Gelb und Weiß. Zu beiden Seiten dieses aufgeblasenen Ziegenpfades wuchsen Stängel mit rot-lila Blüten, doch wir fuhren zu schnell, als dass ich etwas Genaues erkennen konnte. Der Wind zerzauste mein Haar, und ich begriff augenblicklich, wieso wir alle Haarbänder trugen: damit wir etwas sehen konnten.
    Nach einigen Kilometern ließ meine Anspannung nach. Ich hatte mich an das Schaukeln und Hüpfen gewöhnt und keine Angst mehr, hinten hinauszupurzeln. Der Streitwagen hatte ausgezeichnete Stoßdämpfer. Mein Griff lockerte sich, ich begann mich zu entspannen und Pläne zu schmieden. Fröhlichkeit blubberte in mir hoch; Cheftu war da!
    Erst vor wenigen Stunden hatten wir uns in den Armen gehalten. Und heute Nacht würden wir es wieder tun. Wie von nun an jede Nacht. Doch wohin wollten wir fliehen? Wie sollten wir dorthin gelangen? Danke, dass du ihn mir zurückgebracht hast, sagte ich zu Gott. Tolle Arbeit, danke.
    Am Spätnachmittag kam Lakshish in Sicht. Die Stadt lag in einer Kuhle unterhalb eines Berghanges, und die umgebenden Hügel waren mit noch schlummernden Reben bepflanzt. Die Befestigungsanlagen waren beachtlich. Im Osten sah ich die Zelte der lagernden

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