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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hatte ...
    Da die Totems von Dagon und Ba’al gestohlen und zerstört worden waren, würde ich in meiner Eigenschaft als örtliche Göttin an Stelle der Totems der Schlacht beiwohnen. Meine Aufgabe bestand darin, auf dem Hügel zu stehen, den Kampf zu beobachten und um Dagons Hilfe zu bitten - schließlich wollten sie extra seinetwegen in der Nähe eines Baches kämpfen -, wie auch um jene Ba’als, des Blitzeschleuderers, sollte es notwendig werden. Als Vorsichtsmaßnahme gegen die gerissenen Hochländer würden die Pelesti einen bestimmten
    Punkt im Tal nicht überschreiten, da die Karren und Pferde im felsigen, baumbestandenen Gelände der Hügel nicht manövrieren konnten.
    Takala und ich logierten im selben Zelt, das im Grunde nur aus einer Ziegenhautplane über ein paar Zweigen bestand. Es tat nichts zur Sache; nach der nächtlichen Wiedersehensfeier mit Cheftu und der stundenlangen Fahrt im Streitwagen hätte ich auch auf dem Rücksitz eines Rennautos schlafen können, und zwar die gesamten vierundzwanzig Stunden von Le Mans durch. Allerdings machte es mich nervös, dass Cheftu noch nicht aufgetaucht war. Takala beschwichtigte meine Ängste, und gleich darauf waren mir die Augen zugefallen.
    Ich erwachte in tiefschwarzer Nacht und mit einer Gänsehaut. Ich hörte nichts weiter im Zelt, nicht einmal Takalas Atem.
    Dann wehten Worte zu mir herein, die ich im ersten Moment nicht einzuordnen vermochte.
    Ich richtete mich auf, schlüpfte unter meiner Decke hervor, wanderte zum Rand des Lagers und dann noch weiter.
    Ein wenig höher als wir und nicht einmal zwanzig Meter von uns entfernt feierten die Hochländer. Von meinem Beobachtungspunkt aus wirkte das Plateau wie eine Theaterbühne mit natürlicher Akustik. Die Musik setzte ein, ein wildes Trommeln, das mein Blut zum Brodeln brachte. Hinter ihnen brannte ein riesiger Scheiterhaufen, um den herum die schwarzen Gestalten tanzten, ummalt von orangenen und roten und goldenen Flammen. Es sah aus wie auf einem Hexensabbat.
    »Wir wollen doch nur so wenig«, sagte Takala hinter mir, und zwar ausnahmsweise leise. »Dass wir in Frieden auf unserem Land leben können. Dagon hat uns ha Hamishah geschenkt, wieso hilft er uns nicht, es zu verteidigen?«
    Als sie »Hamishah« sagte, leuchtete mein innerer Diapro-jektor auf und zeigte mir die fünf Städte, welche die Pelesti als die ihren betrachteten: Gaza, Ashdod, Ashqelon, Ekron und
    Qisilee. Ich sagte nichts, ich sah nur zwischen den Bäumen auf. Jetzt verharrte vor dem Feuer die Silhouette eines einzelnen Mannes, der seine Hände über den Kopf erhoben hatte. Seine Stimme trug, als hätte er eine Stereoanlage aufgedreht, denn der geschwungene Hang des Hügels wirkte wie ein Amphitheater.
    »Morgen stoßen wir in der Schlacht auf unsere ehemaligen Verbündeten« - die Hochländer lachten - »und gegenwärtigen Feinde.« Die einsame Figur schritt mit gesenktem Kopf vor dem Feuer auf und ab, weshalb sich bei jeder Bewegung ihr Schatten über die Bäume und das Plateau legte. Der Schatten eines Riesen im Gebet oder in Gedanken. Als er sich umdrehte, der Mann im Schatten, glitzerte an seiner Braue Gold auf.
    Seine Soldaten verharrten wie reglose schwarze Klumpen vor dem goldgetönten Licht. »Was bleibt am Vorabend unserer Schlacht noch zu sagen?«, fragte er in derselben Sprache, die auch die Pelesti sprachen. »Welche Fragen strömen durch unser Blut? Welcher heimliche Kummer wird uns heute Nacht den Schlaf rauben?«
    Der Auftritt war darauf angelegt, den Pelesti Angst einzujagen. Und obwohl ich das wusste, verfehlte er seine Wirkung nicht. Die Stimmen der Männer konterten in titanischer Lautstärke, fast als würde das Tal selbst die Antworten zurückbrüllen. Als wäre selbst der Himmel auf seiner Seite, hörten wir um uns herum: »Möge Shaday dir in deiner Not zur Seite stehen! Möge el Sh ’Yacov dich beschützen! Möge Er dir Hilfe von den Außenposten senden und dir Unterstützung aus Qiryat Yerim gewähren! Möge Er das Blut nicht vergessen, das du ihm geopfert hast, und auch deine Brandopfer nicht!«
    El war »Gott«; das wusste ich, einerseits von meiner Mutter, der Archäologin, und andererseits, weil ich ihre Sprache verstand. Yacov war Jakob ... wie in Jakob und Esau. Ich konnte mich an keine Einzelheiten erinnern, doch ich entsann mich, dass Jakob eine ausgesprochen wichtige Figur war. Das »sh« vor seinem Namen war das Schrecklichste. Es bedeutete, dass Shaday der Gott Jakobs war. Und dieser Gott Jakobs

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