Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
Soldaten. Im Norden reihten sich Wachtürme aneinander, von denen drei mit bloßem Auge erkennbar waren.
Wir wurden langsamer. Unsere Pferde waren müde. Meine Knochen fühlten sich gestaucht an, und meine Haut pochte immer noch im Rhythmus der Reise. Wir warteten auf Takala. Kaum wandte ich einmal den Blick ab, schon kam sie aus dem Nichts herangeflogen. Im Gegensatz zu mir lenkte sie ihren Streitwagen selbst. Ihre Pferde schäumten. Sie schoss an uns vorbei und den Hügel hinunter zum Feldlager. Der Soldat, der mich fuhr, folgte ihr, ohne weitere Anweisungen abzuwarten.
In der Abenddämmerung trafen wir im Lager ein.
Ein militärischer Alarmzustand hat etwas an sich, das man augenblicklich wieder erkennt, ob man sich nun unter Philistern in weiß Gott welchem Jahrhundert oder unter Amerikanern im zwanzigsten Jahrhundert befindet: Die dissonante, aufgereizte Atmosphäre ist stets die Gleiche. Die Soldaten der Pelesti wirkten wie Berufssoldaten. Wohin ich auch sah, erblickte ich Männer in spitzen und paspelierten Schurzen, mit bartlosen Gesichtern und gefiederten Helmen. Eine ganze Reihe von ihnen hatte einen Oberkörperpanzer angelegt, der aussah wie aus Leder und Metallspangen gefertigt. Sie trugen lange Speere mit dunklen Klingen an der Spitze und dazu Schwerter und Rundschilde.
Sobald ich ihnen beim Üben zuschaute, formulierte ich meinen ersten Eindruck um: Es waren Berufssoldaten. Unsere Pferde wurden ausgeschirrt und weggeführt, die Wagen in eine Reihe mit den Übrigen gestellt. Mit großen Augen verfolgte ich, wie sich unsere leichten Streitwagen in schwere gepanzerte Wagen verwandelten, einfach, indem einige Soldaten bronzene, beinschienenähnliche Verkleidungen daran befestigten.
Yamir-dagon war leicht auszumachen. Das Gefieder auf seinem Helm war rot und blau, sein Mantel rot. Unter den braunen, grünen und goldenen Schurzen stach er heraus wie Klatschmohn aus einem Kornfeld. Takala marschierte los. Zu meiner Verblüffung sah ich, dass sie wie die Soldaten einen gefiederten Helm und einen Kampfpanzer angelegt hatte. Während wir durch das Lager schritten, verneigten sich die Männer vor ihr. Yamir umarmte seine Mutter, nickte mir knapp zu und winkte uns dann, ihm in sein Zelt zu folgen.
Während meiner Zeit als Offizier in der Air Force hatte ich keine einzige Kampfhandlung, dafür aber jede Menge Lagebesprechungen miterlebt. Hier wurde ganz offensichtlich Kriegsrat gehalten. Ich erkannte die Serenim und ein paar der Soldaten wieder. Wadia, im gleichen Helm und Umhang wie sein Bruder, zwinkerte mir zu. Ich setzte mich neben Takala.
Der befehlshabende General umriss den Schlachtplan.
Die Hochländer machten das Gebiet um die Stadt Jebus unsicher. Deshalb würden die Pelesti sich von hinten anschleichen, sie am Fuß der bewaldeten Hügel unter der Stadt einkesseln und sie dort abschlachten. Es war allseits bekannt, dass Dadua viel zu schlau war, als dass er all seine Männer an einem Ort zusammenzog, darum würde die Schlacht keine endgültige Entscheidung bringen. Dennoch hätte man den Hochländern eine Lektion erteilt und nach dem Verbrennen der Teraphim das Gesicht wiedergewonnen.
»Warum stehlen wir nicht einfach ihre Teraphim?«, fragte ich. Die Idee, gegen Dadua in den Kampf zu ziehen, klang für mich nach einem Selbstmordkommando. Schließlich kannte ich die Geschichten aus der Bibel. Und dieses Wissen machte mich ganz krank. Ich musste hier raus, und zwar schnell.
Der Rat war schockiert. Wadia erklärte mir, dass er mir die Sache später erklären würde, dass aber selbst ihr Totem heimtückisch sei. Nie wieder würden sich die Pelesti auf das Wort der Hochländer verlassen, nicht, nachdem sie ihren Kämpfer Gol’i’at derart mit einem Zauber gedemütigt hatten. Nicht nach der Zerstörung, die ihr Teraphim über die Pelesti gebracht hatte.
Mir schwirrte der Kopf.
Ich hatte immer gedacht, die Israeliten, die Hochländer, seien ihren Feinden gegenüber im Nachteil. Wurde es in der Bibel nicht so dargestellt?
Doch aus der Sicht der Pelesti waren die Hochländer prinzipienlose Rabauken. Sie kämpften nicht mit einem stehenden Heer, sondern mit einer Bande umherstreifender Apiru, die Dadua angeheuert hatte und die notfalls mit Sensen oder Rechen angriffen. Sie scherten sich nicht um allgemein akzeptierte Kampfregeln, sie kannten keine Gnade und, was das Schlimmste war, sie achteten keine fremden Götter.
Was man mir in der First Methodist Church von Reglim, Texas, alles verschwiegen
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