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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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Wunsch nach
Rache erwacht. Niemand anderes war schuld an all dem Leid und
Unglück, das über mich hereingebrochen war, als der Dämon, den ich
selbst geschaffen, den ich mutwillig auf die Welt gehetzt hatte.
Rasender Zorn packte mich bei dem Gedanken an ihn und ich wünschte,
ja ich betete darum, daß es mir vergönnt sein möge, an dem
verruchten Ungeheuer eine furchtbare, unerhörte Rache zu
nehmen.
    Aber nicht lange gab ich mich nur mit
fruchtlosen Wünschen ab. Ich begann sofort auf Mittel und Wege zu
sinnen, wie ich den Erfolg auf meine Seite zu bringen vermöchte.
Kaum ein Monat, nach dem ich wieder genesen war, stand auch mein
Entschluß fertig da. Ich begab mich zu einem der Richter der Stadt
und erhob Anklage gegen den Mörder meiner Familie; ich gab an, ihn
zu kennen und forderte, daß mit aller Strenge gegen den Täter
vorgegangen werde.
    Aufmerksam und freundlich hörte mir der Richter zu. »Seien Sie
überzeugt, Herr Frankenstein,« sagte er, »daß ich keine Mühe und
Arbeit scheuen werde, um des Schurken habhaft zu werden.«
    »Ich bin Ihnen sehr zu Dank verbunden,« entgegnete ich, »und
bitte Sie, gleich jetzt meine Aussagen machen zu dürfen. Es ist
allerdings eine so merkwürdige Geschichte, daß Sie nicht daran
glauben würden, wenn nicht einige fest bestimmbare Daten vorlägen.
Für einen Traum ist zu viel Zusammenhang darin, und außerdem habe
ich ja gar keinen Grund, Unwahres vorzubringen.« Ich sprach
eindringlich, aber vollkommen ruhig. Ich hatte mir fest
vorgenommen, meinen Peiniger zu Tode zu hetzen. Diese Absicht gab
mir Ruhe und machte mir das Leben noch lebenswert. Ich erzählte ihm
also meine ganze Geschichte, kurz aber bestimmt und klar, indem ich
auch die Daten zweifellos angab und es vermied, in Klagen
auszubrechen oder von dem einfachen Gang der Erzählung
abzuweichen.
    Anfangs schien der Richter meinen Aussagen wenig Glauben
beizumessen, im weiteren Verlaufe aber wurde er aufmerksam. Ich
konnte sogar bemerken, wie ihn manchmal das Grauen packte; zuweilen
drückte sein Gesicht Erstaunen und Überraschung aus.
    Als ich geendet hatte, fügte ich hinzu: »Dies also ist das
Wesen, das ich des Mordes anklage und zu dessen Ergreifung ich Sie
bitte Ihren ganzen Einfluß aufzuwenden. Es ist Ihre Pflicht als
Richter, und ich hoffe und glaube, daß Sie als Mensch meinen Wunsch
begreifen und nicht vor der Aufgabe zurückschrecken.«
    Diese Aufforderung rief eine gewaltige
Änderung im Verhalten des Beamten hervor. Er hatte mir zugehört mit
dem halb gutmütigen Glauben, den man solchen Geschichten von
Gespenstern und übernatürlichen Vorgängen zu schenken pflegt. Als
er aber sich in dieser Weise aufgefordert sah offiziell
einzuschreiten, wurde es wesentlich anders. »Ich möchte ja,« sagte
er milde, »Ihnen gern in jeder Hinsicht behülflich sein, aber das
Wesen, von dem Sie sprachen, scheint mit Kräften und Eigenschaften
ausgestattet zu sein, die alle meine Bemühungen vereiteln würden.
Wer könnte diese Bestie fangen, die mühelos Gletscher überquert und
sich in Höhlen und Schluchten versteckt, die kein Mensch zu
betreten wagen darf? Außerdem sind ja Monate verflossen, seit sich
das alles ereignet hat, und wer könnte sagen, wohin er sich
gewendet hat, wo er sich jetzt aufhält?«
    »Ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß er sich in
allernächster Nähe aufhält; und wenn er tatsächlich sich in den
Gebirgsschluchten verbirgt, so muß man ihn eben verfolgen wie eine
Gemse und ihn zur Strecke bringen. Aber ich errate Ihre Gedanken;
Sie schenken mir nicht vollen Glauben und haben nicht die Absicht,
meinen Feind der Strafe zuzuführen, die er verdient hat.«
    Während ich so sprach, mochte es in meinen Augen zornig geblitzt
haben, denn der Richter sagte eingeschüchtert: »Sie irren sich. Ich
werde bestrebt sein, so weit es in meiner Macht steht, das
Ungeheuer zu fangen und es nach seinen Verbrechen zu bestrafen.
Aber nach allem, was Sie mir berichtet haben, glaube ich nicht, daß
es sich wird ermöglichen lassen, und Sie werden enttäuscht
sein.«
    »Das ist undenkbar; aber mein brennender Rachedurst läßt Sie ja
kalt. Jetzt kann ich es Ihnen ja eingestehen: es ist mein einziger,
leidenschaftlicher Wunsch, meinen Feind zu vernichten. In mir
empört sich alles, wenn ich daran denke, daß der Mörder, den ich
schuf, noch unter uns Menschen weilt. Sie verweigern mir also die
Erfüllung meiner Bitte? Gut, ich werde mir dann auch allein zu
helfen wissen und mich mit Leib und Seele

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