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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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meiner Aufgabe
widmen.«
    Ich zitterte vor Erregung. Leidenschaftlich
wallte mein Blut und in meinem Verhalten mag etwas von der
fanatischen Wildheit gelegen haben, das vor Zeiten den Märtyrern
innegewohnt haben soll. Aber für einen Genfer Richter, dessen Seele
ja so unendlich weit von dem entfernt ist, was mit Heroismus
zusammenhängt, hatte mein Verhalten nichts anderes bedeutet als die
Wutausbrüche eines Irren. Er gab sich Mühe, mich zu beruhigen und
sprach sanft auf mich ein, wie eine Wärterin auf ein Kind.
    »Mensch,« schrie ich, »Ihr seid töricht in eurer eingebildeten
Weisheit. – »Schweigen Sie, Sie wissen ja nicht, was Sie reden!«
antwortete er.
    Wütend stürmte ich aus dem Hause und zog mich in die Einsamkeit
zurück, um über mein weiteres Vorgehen nachzudenken.

Kapitel 24
     
    Ich war meiner selbst nicht mehr mächtig. Ich hatte nicht Ruhe,
nicht Rast. Der Gedanke, mich zu rächen, erfüllte mich mit Mut und
Tatkraft und gab meinem Sinnen die Richtung; er allein ließ mich
gefaßt und überlegend erscheinen.
    Vor allem mußte ich Genf verlassen, das stand fest. Das Land,
das ich in Zeiten des Glücks und des Friedens so heiß geliebt, war
mir nun in meinem Jammer verhaßt. Ich nahm eine Summe Geldes und
einige Wertsachen, die meiner Mutter gehört hatten, zu mir und
reiste ab.
    Und nun begann meine Wanderschaft, die erst mit meinem Leben zu
Ende gehen wird. Ich habe weite Erdstriche durchzogen und alle
Leiden erduldet, die jeder zu ertragen hat, der Wüsten und
unbewohnte Länder durchreist. Wie ich gelebt habe, weiß ich heute
nicht mehr. Oftmals habe ich meine müden Glieder im Wüstensand
gebettet und Gott angefleht, daß er mich zu sich nehme. Aber immer
wieder trieb mich der Rachedurst auf und weiter. Ich durfte nicht
leben und meinen Feind auf der Erde zurücklassen.
    Als ich Genf verließ, war es mein erstes,
Anhaltspunkte zu suchen, wohin sich der Dämon gewendet haben
könnte. Aber ich hatte keinen Erfolg. Viele, viele Stunden streifte
ich in der Umgebung der Stadt umher, unentschlossen, welchen Weg
ich gehen sollte. Am Abend stand ich am Eingang des Friedhofes, wo
Wilhelm, Elisabeth und mein Vater ruhten. Ich trat ein und näherte
mich ihrem Grabstein. Alles war still, nur die Blätter der Bäume
flüsterten im Winde. Es war schon sehr dunkel. Die Geister der
Verstorbenen schienen sich aus den Grüften erhoben zu haben und
unsichtbar, aber wohl fühlbar, das Haupt des einsam Trauernden zu
umschweben.
    Die tiefe Ergriffenheit wich bald heftigem Zorn und furchtbarer
Verzweiflung. Sie waren tot, die da unten schliefen, und ich lebte
noch. Aber auch den Mörder trug noch die Erde, und nur, um ihn zu
vernichten, mußte ich mein Leben weitertragen. Ich kniete vor dem
Hügel nieder, küßte die heilige Erde und rief mit bebenden Lippen:
»Bei dem geweihten Boden, auf dem ich kniee, bei den geliebten
Schatten, die mich umschweben, bei meinem ewigen, tiefen Leide
schwöre ich, und bei dir, du stille Nacht: ich will den Dämon
verfolgen und nicht rasten, bis einer von uns beiden im erbitterten
Kampfe fällt. Darum allein will ich mein Leben erhalten; und nur um
der Rache willen werde ich noch das Licht der Sonne schauen. Und
ich rufe euch, selige Geister, und euch, ihr geheimnisvollen Diener
der Rache, helft mir und unterstützt mich in meinem schweren Werke.
Das verfluchte, höllische Ungeheuer soll in Todesnot röcheln und
Verzweiflung soll es erdrücken; eine tiefere Verzweiflung, als sie
je mich marterte.«
    Feierlich war mir zu Mute nach diesem Schwur und ich wußte, daß
die Schatten der Gemordeten ihn gehört hatten.
    Durch die Nacht aber erscholl ein grelles, höhnisches Lachen,
laut und schrill, daß es an den Bergwänden widerhallte. Als es dann
wieder ruhig wurde, vernahm ich die wohlbekannte, verhaßte Stimme
nahe an meinem Ohr: »Ich bin nun zufrieden, elender Zwerg. Du
kannst weiterleben, wenn du willst, aber ich bin zufrieden.«
    Rasend vor Wut sprang ich auf die Stelle zu,
von der her die Stimme ertönte; blitzschnell jedoch hatte sich der
Unhold meinem Griffe entwunden. Im Scheine des Vollmondes, der sich
gerade über den Horizont erhob, erkannte ich die gespenstische,
gräuliche Gestalt, wie sie in übernatürlicher Geschwindigkeit
dahinfloh.
    Ich verfolgte ihn, und seit Monaten nun ist das mein Zweck und
Ziel. In den Windungen der Rhone entlang ging sein Weg und ich war
ihm auf den Fersen. Bald leuchtete mir das tiefe Blau des
Mittelmeeres entgegen und durch einen seltsamen

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