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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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ließ. Sie sah hoffnungsvoll unserer
Vereinigung entgegen. In diese Hoffnung aber mischte sich eine
leise Furcht, daß das, was uns jetzt wirkliches, greifbares Glück
bedeutete, bald in Schaum zerfließen könne.
    Alle Vorbereitungen für das Fest waren getroffen und wir hatten
mit freudigen Gesichtern die Gratulationsbesuche empfangen. Ich
verbarg, so gut ich konnte, die quälende Angst und ging scheinbar
mit Interesse auf die Pläne meines Vaters ein. Den Bemühungen
meines Vaters war es gelungen, bei der österreichischen Regierung
durchzusetzen, daß Elisabeth ein Teil ihres väterlichen Erbteiles
wieder zurückerstattet wurde. Ein kleines Besitztum am Ufer des
Comersees gehörte hierzu. Es wurde bestimmt, daß wir unsere
Flitterwochen in der direkt am Ufer des herrlichen Sees gelegenen
Villa Lavenza verbringen sollten.
    Unterdessen hatte ich alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um mich
gegen einen offenen Angriff meines Dämons zu schützen. Ich trug
ständig zwei Pistolen und einen Degen bei mir, was mir das Gefühl
einer gewissen Sicherheit verlieh. Je näher der Tag der Trauung kam
und je öfter man von dieser sprach, wie von einer Sache, die sicher
kommen mußte, desto mehr war ich geneigt, die Drohung des Dämons
leichter zu nehmen.
    Elisabeth sah sehr glücklich aus, wozu meine Ruhe ein gut Teil
beitragen mochte. Nur an dem Tage, der uns vereinigen sollte, war
sie traurig und düstere Vorahnungen quälten sie. Vielleicht lastete
auch der Gedanke auf ihr, daß der kommende Tag ihr die Enthüllung
meines furchtbaren Geheimnisses bringen würde. Mein Vater war
überglücklich und sah in der Traurigkeit Elisabeths nichts anderes
als die erwartungsvolle Unruhe der Braut.
    Nachdem die Zeremonie vorüber war,
versammelte sich eine große Gesellschaft im Hause meines Vaters.
Elisabeth und ich sollten zu Schiffe nach Evian fahren, wo wir die
Nacht verbringen und die Reise am nächsten Tage fortsetzen wollten.
Es war ein herrlicher Tag und der Himmel lächelte auf unser junges
Glück herab.
    Das waren die Augenblicke meines Lebens, in denen ich zum
letztenmal das Gefühl des Glückes hatte. Rasch ging die Reise von
statten. Die Sonne brannte heiß auf uns hernieder, aber wir waren
durch eine Art Sonnendach vor ihren Strahlen geschützt und freuten
uns der wundervollen Landschaftsbilder, die an uns
vorüberzogen.
    Ich hielt Elisabeths Hand: »Du bist sorgenvoll, Geliebte? O wenn
du wüßtest, was ich alles zu tragen hatte, und was ich noch zu
ertragen haben werde, du ließest mich die Ruhe und den Frieden
genießen, die ich nur diesen einen Tag zu genießen imstande sein
werde.«
    »Sei unbesorgt, lieber Viktor,« antwortete sie, »ich wüßte
nicht, was dich traurig stimmten sollte; und sei überzeugt, wenn
ich auch äußerlich mein Glück noch nicht so ganz zur Schau tragen
kann, so fühle ich es doch tief im innersten Herzen. Irgend etwas
raunt mir jedoch geheimnisvoll zu, mich nicht allzufreudig auf das
Kommende zu verlassen, aber ich will mich bemühen, dieser düsteren
Stimme kein Gehör zu geben. Sieh, wie rasch wir dahinfliegen und
wie die Wolken, die um das Haupt des Montblanc wehen, das
Landschaftsbild beleben. Und sieh die unzähligen Fische, die sich
in der klaren Flut tummeln, in der wir jedes Steinchen am Boden
unterscheiden können. Welch herrlicher Tag! Wie glücklich und
heiter die ganze Natur aussieht!«
    In dieser Weise versuchte Elisabeth meine und ihre düsteren
Gedanken zu verscheuchen. Aber ihre Stimmung wechselte immer
wieder; eine Zeit lang leuchteten ihre Augen freudig, allmählich
aber nahmen sie wieder einen traurigen Ausdruck an.
    Tiefer und tiefer sank die Sonne. Wir passierten die
Mündung des Drance, der sich seinen Weg
durch die Schluchten und Klüfte des Gebirges bahnt. Die Alpen
treten hier nahe an den See heran und wir näherten uns dem
mächtigen Amphitheater, das den östlichen Abschluß des Sees bildet.
Schon sahen wir die Kirchturmspitze leuchtend über die Baumwipfel
emporragen, die sich deutlich von den schwarzen Bergwänden
abhob.
    Der Wind, der uns bisher mit beträchtlicher Schnelligkeit über
den See dahingetragen, legte sich und nur mehr eine leichte Brise
kräuselte das Wasser zu zierlichen Wellen. In den Uferbäumen
flüsterte es leise und vom Lande her schwebte ein feiner Duft von
Blumen und frischem Heu herüber. Als wir landeten, versank gerade
die Sonne hinter den Bergen, und in dem Augenblick, da mein Fuß den
festen Boden betrat, stürmten Sorge und Angst wieder

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