Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
verdurstet etwa ein Dutzend mexikanische Grenzgänger beim Versuch, diese Wüste zu durchqueren, so dass die Grenzer schon rot beflaggte Wassertanks deponiert haben, um wenigstens ein paar von ihnen das Leben zu retten.
Aus der Stadt wurde nie was Rechtes, heute ist sie kaum mehr als eine Kolonie für Winterflüchtlinge, verstärkt durch ein paar tausend Unverdrossene, die immer hier leben, auch im Sommer, wenn die Hitze unerträglich wird.
Frank kommt über die Route 22 herein, die sich in endlosen Serpentinen von den Bergen hinab ins Wüstenbecken schlängelt und dann zur Mainstreet von Borrego Springswird, mit ein paar Hotels, Restaurants und Läden – und einer Bank.
Die Bank ist es, die Frank interessiert.
Es ist eine »kooperative« Bank, eine von den vielen, in denen Sherm Geld wäscht und wo sich Frank in Notfällen mit Bargeld versorgen kann. Er fährt an der Bank vorbei und hält Ausschau nach auffälligen Autos oder Leuten.
Nichts zu sehen.
Vor dem Alberto, einem kleinen mexikanischen Imbiss, wo er schon einmal gegessen hat, parkt er den Wagen. Das Essen ist gut, billig und reichlich, denn Alberto versorgt die hier ansässigen Mexikaner, die verdammt hart arbeiten müssen und für ihr Geld eine anständige Mahlzeit erwarten.
Aus dem Zeitungsspender vor dem Eingang nimmt Frank eine Borrego Sun , dann geht er an die Theke und bestellt Eistee und zwei Chicken-Enchiladas mit schwarzen Bohnen und Reis, setzt sich an einen Tisch und wartet, dass er aufgerufen wird.
Viel ist nicht los in Borrego Springs. Ein Artikel handelt von einer neuen archäologischen Grabung, ein anderer von der Renovierung der Schulturnhalle, aber der Aufmacher befasst sich mit dem Skandal im Stadtrat von San Diego und der Klageerhebung gegen einen weiteren städtischen Beamten.
Frank überspringt den Artikel und nimmt sich Tom Gortons Kolumne vor. Gorton ist der Chefredakteur, ein Journalist alter Schule – und er kann schreiben. Jedes Mal, wenn Frank irgendwo die Sun sieht, liest er die Kolumne. Diesmal schreibt Gorton über den vielen Regen in diesem Winter, der eine wundervolle Frühlingsblüte hervorbringen wird.
Das werde ich mir ansehen, denkt Frank.
Es ist Jahre her, seit die Wüste zum letzten Mal geblüht hat und mit einem üppigen Flor (ein Kreuzworträtselwort) von Wildblumen bedeckt war. Frank fand es immer anrührend,wenn sich der ausgedörrte Wüstenboden in ein buntes Blütenmeer verwandelte. Ein Beweis für die Kraft des Lebens , denkt er. Ein Beweis, dass Erlösung möglich ist, wenn mitten in der Wüste Blumen blühen.
Ich hoffe, ich kriege das zu sehen.
Ich werde mit Donna hierher fahren, vielleicht auch mit Jill. Und vielleicht wird es ein Ausflug zu dritt.
Genau, denkt er. So wird es kommen. Die beiden zusammen in seinem Auto.
»Bob!«
Frank hebt die Hand, geht zur Theke und holt sein Tablett. Ein köstlicher Duft steigt ihm in die Nase. Er sucht sich zwei Sorten Salsa aus – verde und fresca – und nimmt eingelegte Möhren dazu.
Das Essen ist so gut, wie es duftet, die Enchiladas schwimmen in dicker Mole-Sauce, Reis und Bohnen sind perfekt. Frank stellt fest, dass sie auch Fisch-Tacos auf der Speisekarte haben, und fragt sich, wer ihnen den Fisch liefert. Er überlegt kurz, ob er ihnen ein Angebot machen soll, dann rechnet er aus, dass der lange Transportweg mitsamt der Leerfahrt jeden Profit mehr als zunichte machen würde.
Nachdem er aufgegessen hat, wirft er den Plastikteller in den Müllkübel und geht hinaus. Der Regen ist mild, fast nur ein Schleier, aber die Straßen sind still, als würden sich die Bewohner in ihren Häusern verstecken und auf die Rückkehr der Sonne warten.
Frank betritt die Bank, wendet sich an die nette Kassiererin und fragt nach dem Chef, Mr. Osborne.
»Wen darf ich melden?«, fragt die Kassiererin.
»Scott Davis«, sagt Frank mit einem Lächeln.
»Einen Moment, Mr. Davis.«
Als Osborne aus seinem Büro kommt, sieht er nervös aus. Er hat einen großen Adamsapfel und einen dürren Hals, und der Adamsapfel hüpft nervöser auf und ab, als es Frank lieb ist.
Nur keine Panik, sagt sich Frank. Der Mann ist ein gesetzestreuer Bürger, der nervös wird, wenn er ausnahmsweise gegen das Gesetz verstößt.
Osborne streckt ihm die Hand entgegen. Sie fühlt sich feucht an.
»Mr. Davis«, sagt er so laut, dass es die Kassiererin hören kann. »Darf ich Sie in mein Büro bitten? Wollen wir mal sehen, wie wir das mit Ihrem Darlehen regeln können.«
Frank folgt ihm ins
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