Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Bibliothek, in der Patty Machianno halbtags arbeitet. Nur, um mit ihr zu plaudern. Nicht als FBI-Agent, sondern als besorgter Freund.
Sie ist nicht da.
Er läuft durchs ganze Haus und sieht sie nicht, daher fragt er die Frau am Empfang.
»Ist Patty im Haus?«
Die Frau schaut hoch, ihr Blick richtet sich auf seinen Ehering.
»Ich bin ein Freund von Frank«, sagt er. Weil Frank, der Mann vom Angelladen, bei allen beliebt ist. »Ich hatte in der Nähe zu tun und dachte, ich sag mal hallo.«
»Patty hat sich gestern krankgemeldet«, erklärt die Frau. »Wie lange, konnte sie nicht sagen.«
»Danke.«
Dave fährt ins Büro zurück, holt sich einen anderen Wagen und fährt hinüber zu Pattys Haus. Er klingelt ein halbes Dutzend mal, dann sieht er sich um, blickt durch die Fenster. Alles verriegelt und verrammelt. Er öffnet den Briefkasten. Keine Post, keine Zeitung. Er weiß, dass Patty die Union-Tribune abonniert hat, weil Frank immer darüber lästert.
»Die könnte sie doch auch in der Bibliothek lesen«, hat Frank mal gesagt.
»Vielleicht liest sie gern beim Frühstück, Frank.« Patty ist ein erklärter Fan der Padres und der Chargers und liest jeden Morgen den Sportteil. Und sie ist süchtig nach den Kolumnen von Nick Canepa.
Dave ruft beim Abo-Service der Zeitung an.
»Hallo, hier Frank Machianno«, sagt er. »Ich habe heute meine Zeitung nicht bekommen.«
Er nennt der Dame am Hörer Pattys Adresse. Ein paar Sekunden später meldet sie sich zurück: »Sir, Sie haben die Zeitung für zwei Wochen abbestellt.«
Dave beendet das Gespräch, ruft das Büro an und lässt sich Troy geben. »Troy, besorgen Sie Autonummer und Fahrtzeugdaten von Machianno, Patricia, und machen Sie sich auf die Suche nach dem Fahrzeug.«
Den Namen buchstabiert er.
»Versuchen Sie’s am Flughafen«, instruiert er Troy. »Aber nicht auf dem Hauptparkplatz, sondern auf den billigen.«
Eine Frau, die so lange mit Frank Machianno verheiratet war, würde nicht die hohen Gebühren für den Hauptparkplatz zahlen. Sie würde einen von den preiswerteren Privatparkplätzen am Küsten-Highway suchen und sich mit dem Kleinbus zum Flughafen bringen lassen.
Troy fragt zurück: »Welche Akte soll ich –«
»Sie sollen gar keine Akte«, schnauzt Dave. »Sondern machen, was ich sage.«
»Ja, Sir.«
»Und nennen Sie mich nicht Sir!«
»Nein.«
Dave ärgert sich, dass er den jungen Kollegen angefahren hat, und sagt: »Troy, Sie machen einen guten Job, okay?«
Von Pattys Haus fährt Dave weiter nach Solana Beach – mit schlechtem Gewissen, denn Frank weiß nicht, dass Dave über Donna Bescheid weiß. Frank hat die Eigenheit, sein Privatleben als, nun ja, als Privat sache zu betrachten, und sieht es wahrscheinlich nicht gern, wenn sich Dave in seine Privatangelegenheiten einmischt. Es ist nur so, dass Frank eine Akte beim FBI hat und Dave jedes Wort davon kennt.
Ich mache mir langsam Sorgen um dich, Frank, denkt Dave, während er nordwärts fährt.
Die Boutique von Donna Bryant ist geschlossen.
Dave steigt aus und liest den handgeschriebenen Zettel.
Wegen Urlaub geschlossen.
Eine Donna Bryant macht keinen Urlaub.
Dave hat den Laden schon öfter überprüft, und er ist immer geöffnet – sieben Tage in der Woche. Wollte Donna Bryant Urlaub machen, würde sie das lange vorher planen und eine Vertretung organisieren. Und zumindest würde sie für ein gedrucktes Schild sorgen, versehen mit dem Datum ihrer Rückkehr.
Auch sie wusste nicht, dass sie verreisen würde.
Fazit: Frank ist auf der Flucht, seine Frau ist verschwunden und seine Workaholic-Freundin ist plötzlich in die Ferien gefahren.
Und das alles, nachdem ein Mafioso aus Detroit bei uns an Land gespült wurde.
Nein. So laufen die Dinge nicht.
Frank Machianno steckt in Schwierigkeiten.
Aber Frank würde niemals abtauchen, ohne vorher seine Schutzbefohlenen in Sicherheit zu bringen. Dass Patty und Donna verschwunden sind, spricht dafür, dass er noch am Leben ist, dass er ihnen nahegelegt hat, sich zu verdrücken, bevor er selbst auf Tauchstation ging.
Und wo steckt Jill?
Er überlegt, ob er sie anrufen soll. Einerseits will er sich vergewissern, ob sie in Sicherheit ist, andererseits will er sie nicht in Angst und Schrecken versetzen. Und obendrein: Jill hat keine Ahnung, dass ihr Vater …
Frank hat gerade wieder ein gutes Verhältnis zu ihr aufgebaut, das ihm alles bedeutet, und das will ihm Dave auf keinen Fall vermasseln.
Also muss ich sie aufspüren, sagt er
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