Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
Vom Netzwerk:
zumindest das Klingeln des Telefons, welches sadistischer weise in ein Schweigen verfallen war, das an einen buddhistischen Schweigemönch erinnerte.
     
    Den ganzen Abend hatte sie darauf gewartet, dass endlich die Tür aufging und Fou-Mai nach Hause käme. Selbst die Teelichter im Schlafzimmer hatte sie in der Nacht noch angezündet, in der Hoffnung auf eine romantische Versöhnungszeremonie. Es tat ihr leid, und wenn ihre Eifersucht auch noch so begründet war, dass sie wieder einmal mit dem leidigen “Gib-doch-zu-du-willst-seinen-Schwanz-noch-immer!-Thema" angefangen hatte! Diese Diskussionen änderten nie etwas. Im Gegenteil, sie machten die Lage nur noch schlimmer. Die Stimmung war ruiniert, die Fronten verhärtet, all das Schöne das sie verband wurde in den Hintergrund gedrängt; darüber aufragend, überlebensgroß, dieser Moloch der Eifersucht, der drohte ihre Liebe aufzufressen.
    Zwar lag sie in vielen Punkten falsch, doch wie nahe sie mit diesem Vergleich der Wahrheit trotzdem kam, konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Ansatz erahnen.
    Doch war es so nicht schon immer? Eifersucht war und ist seit Urzeiten einer der Stolpersteine, über den selbst die größten Lieben fallen. Man denke nur an Othello. Die Vorstellung, seine Liebste könne einen anderen begehren, hatte am Ende das Leben der Geliebten gefordert. Oder Ödipus, der sich des Vatermordes schuldig machte, weil ihn die Eifersucht zu arg plagte; die Seelenqual, die Liebe seiner Mutter teilen zu müssen. Man betrachte die Liebe von Paris zur schönen Helena, die eine so große Eifersucht in ihrem Gatten schürte, dass er hernach ganz Troja in Schutt und Asche legte. Die Beispiele in der Geschichte waren mannigfaltig und Naomi folgte ihnen blind.
     
     
     
     
    Kapitel 6 - Traum
    Wer heutzutage Karriere machen will, muss schon ein bisschen Menschenfresser sein.                                (Salvador Dali)
    Die Mittagszeit war bereits vorüber, als Franklin aus seinem Schlaf erwachte. Gähnend streckte er sich, warf einen kurzen Blick auf seinen Wecker, den er seltenst zu anderen Zwecken als dem Ablesen der Zeit benutzte, und ging dann pfeifend in sein Badezimmer, wo er seine morgendliche Notdurft verrichtete und sich anschließend drei Minuten lang akribisch die Zähne putzte. Im Gegensatz zu den armen Schweinen, die aufgrund schlechter Ernährung bereits mit 30 kaum noch einen Zahn im Mund hatten, war er in dem halben Jahrhundert, welches er schon auf Erden wandelte, stets besonnen gewesen. Er hatte immer gut auf seine Esswerkzeuge aufgepasst.
    Über seine Kauwerkzeuge nachzudenken regte seinen Appetit an. Es gelüstete ihn nun nach einem reichhaltigen Brunch nach Art der Engländer; Eggs Sunny Side Up, dazu weiße Bohnen in Tomatensauce und etwas gebratenen Speck. Bereits die Vorstellung ließ ihm das Wasser im Munde zusammen laufen. Schnell holte er die nötigen Zutaten, das meiste aus dem Kühlschrank, den Rest aus dem Keller.
    Während er frühstückte warf Franklin einen rein informativen Blick in die Handtasche seiner jüngsten Beute. Nicht aus persönlichen Gründen, nicht einmal aus habgierigen; hingegen mitfühlend, wie ein Retter an einer Unfallstelle, der herausfinden möchte, ob es Angehörige gibt, die besorgt zu Hause warten oder ein Haustier. Vielleicht eine Katze oder sogar ein kleiner Hund, der treu und geduldig die Rückkehr seiner Herrin ersehnte. Nichts wies auf einen Partner hin, ihre Identifikationskarte verriet ihm, dass sie weder verheiratet noch geschieden war; vermutlich lebte sie allein. Sie war wohl eine dieser einsamen Seelen, die ihre Tage mit dem unnützen Abheften von Aktenordnern in einem staubigen Keller oder dem Servieren fettiger Hamburger aus minderwertigem Analog-Fleisch verbrachte. Im Übrigen ein kulinarisches Verbrechen, eine überteuerte Karikatur einer Mahlzeit, die in der Realität niemals auch nur halb so gut aussah, geschweige denn schmeckte, wie das Bild über der Verkaufstheke suggerierte. Sie war nur eine kleine Ameise in dem wimmelnden Haufen der sich menschliche Zivilisation nannte und bestimmt würde niemand sie vermissen.
    Zufrieden griff er nach der letzten verbliebenen Scheibe ihres köstlichen Specks und dachte versonnen daran, wie sie lerchengleich ihr morgendliches Lied der Pein angestimmt hatte. Wie süß sie doch sang, aber wie herzhaft sie doch schmeckte! Er würde sparsam mit dem Speck umgehen müssen; besonders viel davon war bei der

Weitere Kostenlose Bücher