Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
aus, keinerlei Hinweise auf irgendwelche Laubspuren oder so was in der Richtung.Ja, mehr weiß ich für den Moment leider auch noch nicht. Hilft dir das irgendwie weiter?«
»Vor fünfzig, sechzig Stunden, sagst du? Das wäre der siebenundzwanzigste gewesen«, sag ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr.
»Exakt!«
»Hat sie denn gar nix bei sich gehabt? Ausweis, Pass, Führerschein?«, frag ich, steh auf und taste nach dem Lichtschalter.
»Gar nix! Noch nicht mal eine Monatskarte.«
»Man will also nicht, dass ihre Identität bekannt wird«, murmele ich so vor mich hin.
»Das rauszufinden, lieber Franz, ist wiederum dein Job«, sagt der Günter. »Ich melde mich jedenfalls, sobald es von meiner Seite her Neuigkeiten gibt.«
»Merci!«, sag ich und leg auf.
Kapitel 5
Draußen düst ein Wagen in den Hof, dass der Kies nur so fliegt. Rein aus meinen Erfahrungswerten heraus tipp ich auf den Leopold und geh rüber zum Fenster. Bingo! Der hat mir grade noch gefehlt. Was schleppt er denn da bloß ins Haus rein? Sind das etwa Koffer? Ich glaub’s ja nicht! Sieht direkt so aus, als würde er hier grad all seine Habseligkeiten anschleppen. Das muss ich mir anschauen.
Wie ich in die Küche komme, hockt er schon drin. Und mit ihm der Papa und die Oma. Allesamt sitzen sie um den Küchentisch rum und machen betretene Gesichter. Die Koffer türmen sich mannshoch und stehen dort wie ein Mahnmal mitten im Raum.
»Was wird das, wenn’s fertig ist?«, frag ich erst mal. »Ich meine: diese ganzen Koffer da. War nicht von einem kleinen Streit die Rede? Von ein paar Nächten oder so? Das hier sieht mir eher nach einer Dauerbelagerung aus als nach einem kurzen Gastspiel.«
»Ja, so wie es momentan ausschaut, wird das nix mehr«, sagt der Leopold leise. »Bis auf weiteres werd ich wohl hier bei euch bleiben müssen. Weil eine zweite Wohnung, das ist schon rein finanziell gar nicht drin.«
Das zieht mir direkt den Boden unter den Füßen weg. Seit fast zwanzig Jahren wohnen wir jetzt ohne den Leopold auf dem Hof. Der Papa, die Oma und ich, vollkommenharmonisch quasi. Es war wirklich eine ganz großartige Zeit. Bisher. Und jetzt das hier! Mein ganzes Leben zieht plötzlich an mir vorbei.
»Franz!«, schreit mich die Oma irgendwann an und reißt mich aus meinen Gedanken heraus. »Ist was mit dir? Du schaust ja aus, als hätt’st den Teufel persönlich gesehen.«
Hab ich auch. Er sitzt mir genau gegenüber. Und er hat gerade damit gedroht, für einen unberechenbaren Zeitraum hier bei uns einzuziehen. Ja, sagt der Teufel, seine Eheprobleme, die sind offenbar unüberbrückbar. Hauptsächlich wegen diesem echt großen Altersunterschied. Weil die Panida halt lieber in die Disco will statt ins Theater. Und mehr auf Tokio Hotel steht als auf Florian Silbereisen. Sie ist halt noch unglaublich unreif, trotz ihrer einundzwanzig Jahre, gell. Und mittlerweile ist sie auch noch bockig geworden. Nicht so wie am Anfang ihrer Beziehung, wo sie noch wie Wachs war in seinen Händen. Nein, gar nicht mehr. Angefangen hat das ja alles schon bei diesem dämlichen Deutschkurs. Und wie sie dann auch noch ein paar so andere blöde Weiber kennengelernt hat, ist es noch viel schwieriger geworden. Seitdem will sie nämlich ständig nur noch tun, was ihr gefällt. Und was ihm gefällt, das interessiert sie überhaupt gar nicht mehr. Deswegen gibt’s halt jetzt freilich ständig Zoff, ganz klar. Und damit die süße kleine Tochter, die arme Uschi, nicht immer diesen blöden Streitereien ausgesetzt ist, drum eben jetzt erst mal ein bisserl Auszeit. Vielleicht wird’s ja wieder, wer weiß. Vielleicht kommt sie ja tatsächlich wieder zur Vernunft, die Panida. Er persönlich hat ja ganz tief in seinem Herzen noch ganz große Hoffnungen. So erzählt er das alles, der Leopold, und wischt sich dabei immer wieder mal über die Augen. Und sagen wir einmal so, ich würde ihm diese Story mit den Hoffnungen vielleicht sogar abkaufen. Weil er sie schon ziemlich gut präsentiert, eigentlich jedes Malwieder. Aber die Erfahrungen mit seinen anderen Exfrauen, die sprechen halt so ihre eigene Sprache. Und das eigentliche Problem dabei ist doch der Leopold selber. Weil der schlicht und ergreifend beziehungsunfähig ist. Gut, das bin ich auch. Aber ich weiß es wenigstens und versuch nicht immer, den Schwarzen Peter dem anderen unterzujubeln. Beim Leopold ist das anders. Der ist nicht nur beziehungsunfähig, sondern eben auch ein Arschloch. Das macht die Sache umso
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