Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
und drehe mich um. Völlig erschöpft schwankt sie auf mich zu. Und ich kann sie grade noch abfangen, ehe sie mir auf den Küchenfußboden knallt. Ich bring sie lieber gleich mal zum Kanapee rüber. Jetzt kommt auch der Papa wieder und setzt sich daneben in den Sessel. Die zwei hier teilen sich ein und denselben Gesichtsausdruck. Was zum Teufel ist denn da los? Dann geh ich jetzt wohl besser mal in den Hof hinaus.
Ich traue meinen Augen nicht und kann es trotzdem glasklar erkennen. Sowohl optisch als auch geruchstechnisch werden die Aussagen meiner Vorfahren bis ins kleinste Detail bestätigt. Da liegt eine Leich’ in unserem Kofferraum.
Kapitel 4
Was die nächste Stunde über passiert, ist trotz allem irgendwie lustig. Eigentlich ist es ja eher traurig, weil bei einer Leich’ ist ja immer irgendwas Trauriges dabei. Meistens jedenfalls. Es gibt auch Leichen, die sind nur lustig. Zumindest für einige Beteiligte. Beim Barschl zum Beispiel. Beim Barschl war ich gar nicht traurig. Nicht im Geringsten. Ja, gut, lustig war ich jetzt auch nicht direkt. Weil ich eine ganze verschissene Zeit lang der einzige Tatverdächtige war. Das war eigentlich nicht besonders lustig. Aber traurig war es eben auch nicht. Weil das Ableben vom Barschl halt auch seine endgültige Abwesenheit garantiert hat. Und das allein war es schon wert. Weil er einfach ein unglaubliches Arschloch war, der Barschl. Der war nämlich früher einmal mein Vorgesetzter, und in dieser Funktion hat er mir eine ganze Zeit lang das Leben so richtig versaut. Und irgendwann ist er dann einfach mausetot im Polizeihof gelegen. Mitsamt durchschnittener Kehle. Zuerst einmal haben fast alle geglaubt, ich hätte diesem blöden Idioten die Gurgel halbiert. Aber freilich war ich es gar nicht. Und so hab ich den Fall geklärt, ganz klar. Aber jetzt bin ich abgeschweift.
Nein, was ich eigentlich sagen wollte, trotz aller Traurigkeit, die mit fast jeder Leiche einhergeht, gibt’s in diesem aktuellen Fall eben auch eine lustige Seite. Und zwar die, dass sie keiner haben will, diese Leich’. Die Kollegen in Landshutsagen: Wir? Wir sind dafür nicht zuständig. Schließlich wurde das Auto im Dachauer Forst gefunden. Und vom Dachauer Forst aus bis hin nach Niederkaltenkirchen bestand nicht die geringste Möglichkeit, dass die Leiche in den Kofferraum gekommen wäre. Ja, gut, das kann ich unterschreiben. Also, die Landshuter wollen sie auf gar keinen Fall. Sollen sich doch die Dachauer drum kümmern. Oder die Münchner. Wir in Landshut, wir haben damit nix am Hut. Ja. Aber die Dachauer, die sagen, das Auto wurde doch da in München gestohlen. Und dort ist vermutlich auch diese Leiche reingekommen. Und nur rein zufällig wurde der Wagen dann im Dachauer Forst abgestellt. Das hätte auch überall anders sein können, ganz klar. Sie wollen damit jedenfalls nix zu tun haben. Und fertig. Und die Münchner, die sind wirklich die Allerbesten. Die sagen nämlich: Auto aus Landshut, Fundort Dachauer Forst. Leiche unbekannt. Was haben wir damit zu tun? Ja, prima. Und was soll ich jetzt machen? Soll ich sie in unserem Hof verscharren, oder was?
Also schnapp ich mir trotz unbeschreiblicher Müdigkeit und unter den stärksten Protesten vom Papa diesen blöden Admiral samt Inhalt wieder und fahre mit weit geöffneten Fenstern nach München zurück. Genauer: in die Gerichtsmedizin. Da hab ich nämlich einen alten Spezi, den Günter, seines Zeichens Pathologe. Der hat mir schon oft in den verfahrensten Ermittlungen weitergeholfen. Und den such ich jetzt erst einmal auf. Vielleicht kann ich auf diesem Weg diese verdammte Leiche endlich loswerden.
»Ja, der Franz Eberhofer aus Niederkaltenkirchen bei Landshut! Was machst denn du hier um diese unchristliche Uhrzeit? Mensch, du schaust ja ziemlich scheiße aus. Müde?«, fragt mich der Leichenfläderer, während er ein Kühlfach zuschiebt.
Ich nicke einigermaßen kraftlos.
»Also, los! Was verschafft mir die Ehre? Wir haben uns ja schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Lass mich raten … du hast eine Leich’?«
»Exakt, Günter! Servus erst mal«, sag ich und will ihm die Hand geben. Er trägt aber Handschuhe bis hinter zum Ellbogen, und so zieh ich meine Hand lieber gleich wieder zurück. Er lacht.
»Also, her damit«, sagt er und geht rüber zum Seziertisch. »Wo ist sie?«
»Im Kofferraum von unserem Wagen. Also in dem Wagen von meinem Vater, um genau zu sein.«
»Wow! Das nenn ich mal mutig! Hast du ihn denn schon verhaftet, deinen
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