Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
komplizierter.
»Aber wir zwei, wir kriegen das schon irgendwie hin, gell, Papa«, sagt er abschließend, steht auf, stellt sich dann hinter den Papa und massiert ihm das Genick.
So schnapp ich mir lieber den Ludwig, und wir drehen unsere Runde. Wir brauchen eins-neunzehn dafür. Hinterher schau ich noch zum Wolfi rein. Die Susi ist da und die Simmerl Gisela auch. Die zwei sitzen drüben auf der Eckbank und sind ganz offensichtlich in ein Gespräch vertieft. Vorn am Tresen hockt der Simmerl selbst und ratscht mit dem Wolfi. Jetzt weiß ich gleich gar nicht, wo ich zuerst hingehen soll. Der Ludwig läuft schnurgrad zur Susi und wedelt mit dem Schwanz. Deshalb mach ich das auch erst mal. Also das mit dem Hingehen, mein ich. Und geb ihr ein Bussi auf die Backe.
»Servus, Franz«, sagt die Gisela und grinst. »Setzt dich ein bisserl her zu uns?«
»Servus, Gisela«, sag ich und deute mit dem Kinn rüber zum Tresen. »Nein, du, ich will euch nicht stören, gell. Habt’s bestimmt einen Haufen zu reden. So mädchenmäßig, mein ich.«
Gleich darauf geh ich zur Theke und bestell mir ein Bier. Da geht die Tür auf, und der Flötzinger saust rein.
»Schnell!«, ruft er, während er durchs Lokal hindurch saust. »Eine Halbe und einen Kümmerling!«
»Was pressiert’s dir denn so, Flötzinger?«, fragt der Wolfi und zapft das Bier.
»Ich hab keine Zeit, Mensch. Die Kinder und die Mary schlafen grad. Aber wer weiß, wie lange. Wenn die Amy-Gertrud erst aufwacht, dann muss ich unbedingt wieder daheim sein, verstehst. Sonst kriegt die Mary nämlich die Krise. Die Kleine kann problemlos die ganze Siedlung wachbrüllen, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Der Ignatz-Fynn und die Clara-Jane, die sind schon völlig fertig mit den Nerven. Die sind im Unterricht sogar schon eingeschlafen vor lauter Müdigkeit – so, dass sich die Lehrer beschweren. Die Mary, die hat gesagt, das ist wieder typisch Deutschland. Kein Verständnis für so was. In England, da wär das alles ganz anders. Viel relaxter praktisch.«
Aha.
»Aha«, sag ich, aber was schert mich die schreiende Brut vom Flötzinger?
Der Flötzinger kippt den Schnaps in die Kehle und das Bier gleich hinterher, knallt dem Wolfi das Geld hin, und schon ist er wieder draußen.
»Armer Hund!«, sagt der Simmerl und erhebt dabei sein Glas. Wir stoßen an.
»Der ärmste Hund überhaupt«, sag ich und nehm einen großen Schluck Bier.
»Seit die Kleine auf der Welt ist, drehen die völlig durch, die Flötzingers. Alle miteinander«, sagt die Gisela.
»Aber sie muss ja auch wirklich kaum schlafen, hat die Mary erzählt. Das muss schon ziemlich anstrengend sein«, sagt die Susi ganz verständnisvoll.
»Geh, geh, geh, so ein Schmarrn. Man muss halt ein Kind auch einmal plärren lassen, gell, und nicht bei jedem Schoaß gleich losrennen. Der Max, der hat sich oft die Seele aus dem Leib gebrüllt, und aus dem ist schließlich auch wasgeworden«, sagt die Gisela weiter und schlürft an ihrem Weinglas.
»Ja«, sagt der Simmerl und schaut rüber zur Gattin. »Ein ziviler Sicherheitsdienst ist aus dem geworden. Alle Achtung!«
»Ja, und? Ist das vielleicht nix«, keift jetzt sein Weib zurück.
»Da hast du seit hundertsiebzehn Jahren eine Metzgerei. Seit hundertsiebzehn Jahren, verstehst, Franz. Großvater, Urgroßvater, Ururgroßvater …«
»Ich versteh dich schon, Simmerl«, unterbrech ich ihn.
»Und was macht der Bub, der depperte? Einen Sicherheitsdienst macht er, herrje!«, schnauft er noch und nimmt einen Schluck Bier.
»Ja, wenn er halt ein Vegetarier ist, der Max«, knurrt die Gisela zu uns rüber.
»Ein Vegetarier! Dass ich nicht lach! Ein Hanswurst ist er, der Max. Sonst nix. Angefangen hat das ja alles schon mit seinem blöden Polo! Du kannst doch mir nicht erzählen, Franz, dass ein Achtzehnjähriger ernsthaft einen Polo haben will, wenn er einen BMW haben könnte. Ist das vielleicht normal?« Er klingt jetzt irgendwie verzweifelt, der Simmerl.
»Hast du denn die Kleine von den Flötzingers schon gesehen?«, will die Susi jetzt wissen, vermutlich schon, um das Thema zu wechseln.
»Ja, mein Gott!«, sagt die Gisela ganz erschüttert. »Also schön ist die nicht, das kann ich dir sagen. Aber sie ist ja noch klein, vielleicht verwächst sich das noch alles ein bisschen.«
»Und wenn nicht, dann kann man auch nix machen«, mischt sich jetzt der Simmerl wieder ein. »Der Max, der war ja vielleicht auch hässlich bei seiner Geburt. Mein lieber Schwan, war der
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