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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Geist so von der Materie abhängig ist. O wahrlich, kein größeres Glück könnte ich mir wünschen, als wenn mir der Himmel vergönnte, daß ich arbeiten dürfte, ohne an den Lohn zu denken, daß ich so viel Vermögen besäße, um ganz ohne weitere Rücksicht meiner Kunst zu leben, denn schon oft hat es mir Tränen ausgepreßt, daß sich der Künstler muß bezahlen lassen, daß er mit den Ergießungen seines Herzens Handel treibt, und oft von kalten Seelen in seiner Not die Begegnung eines Sklaven erfahren muß.«
    Franz hielt eine kleine Weile ein, weil er sich wirklich die Tränen abtrocknete, dann fuhr er fort: »Auch kann es der Kunst zu keinem Vorwurfe gereichen, daß ihr unwürdige Menschen zu nahe treten, und sich ihr als Priester aufdrängen. Daß es in ihr Abwege und Irrtümer geben kann, beweist eben ihre Erhabenheit. Der Handwerker kann nur auf eine Art vortrefflich sein, in den mechanischen Künsten ist eine Erfindung die beste; nicht also mit der göttlichen Malerei. Je tiefer einige sinken, um so höher steigen andre; wenn es jenen möglich ist, den Weg zu verfehlen, so ist es diesen dafür vergönnt, das Göttliche zu erreichen, und uns wie durch himmlische Offenbarung mitzuteilen.«
    »Ihr habt Eure Sache recht wacker verteidigt«, sagte der Alte, »ob ich gleich noch manches dagegen einwenden könnte.«
    Hier wurde das Gespräch durch die Nachricht unterbrochen, daß Vansens Tochter plötzlich krank geworden sei. Der Vater war in der größten Unruhe, er schickte sogleich nach einem Arzte, und besuchte seine geliebte Sara. Der Arzt kam und versicherte, daß keine Gefahr zu besorgen sei; es war spät und die Gesellschaft ging auseinander.
    Franz ging nicht nach seiner Wohnung, sondern begleitete die übrigen. Alle hatten sich entfernt, und er war mit dem alten Manne allein. »Ihr vergebt mir wohl«, fing er an, »meine Hitze, da ich Euch heute als ein junger Mensch so auffahrend widersprochen habe; es kam, ohne daß ich sagen könnte, wie es geschah.«
    »Wenn Ihr es so nehmt«, sagte der Alte, »so müßte ich Euch auch um Vergebung bitten, ich habe Euch nichts zu vergeben, Ihr seid ein wackrer Mensch und das freut mich.«
    »Ihr glaubt recht zu haben«, sagte Franz.
    »Laßt das«, fiel ihm der Alte ein; »haben nicht alle Zungen recht und alle unrecht? Jeder trachte darnach, daß er es wahr und redlich mit sich meine, das ist die Hauptsache.«
    Franz sagte: »Wenn Ihr mir also nicht böse seid, so reicht mir zum Zeichen Eure Hand, denn mich gereut meine Heftigkeit.«
    Der Alte drückte ihm die Hand herzlich, dann umarmte er ihn und sagte: »Sei immer glücklich, mein Sohn, und bewahre diese Herzensliebe zu allem Guten.« Franz ging zufrieden nach seiner Herberge.

Siebentes Kapitel
    Rudolph war indessen nach Antwerpen gekommen, und da der Winter fast verflossen war, hatten sie ihre baldige Abreise beschlossen. Franz war damit beschäftiget, noch einige Bilder zu endigen, die er übernommen hatte, und unter diesen auch das von Vansens Tochter, die zwar wiederhergestellt, aber doch nicht zufriedener und heiterer war, als er sie seit lange gesehn hatte.
    Als man sich das nächstemal wieder bei Vansen versammelte, rief dieser den jungen Maler, als er in das Haus trat, beiseit und sagte zu ihm: »Entfernt Euch heute nicht mit den übrigen, denn ich habe etwas Wichtiges mit Euch zu sprechen.« Als sie in den Saal traten, war die Rede wieder von der Kunst, und der neulich so strenge Alte schien sich heute gern belehren zu lassen. Ein angesehener Mann, der auch ein Sammler war, sagte: »Nicht ohne Rührung habe ich an den neulichen Streit gedacht, und mir ist ein alter Brief, oder vielmehr die Erzählung eines auswärtigen Freundes in die Hände gefallen, den ich euch heute mitteilen will, weil er sich besonders über den Gedanken verbreitet, der neulich auch erörtert wurde, wie schmerzlich es nämlich dem Künstler oft fallen müsse, sich von den geliebten Werken seines Fleißes auf immer zu trennen. Mein Freund ist ebenfalls ein Enthusiast für die Kunst, er sammelt viel, und sandte mir diese Erzählung, weil wir uns oft unsre Gedanken über dergleichen Gegenstände mitteilen, schon vor mehrern Jahren, und ich kann freilich nicht wissen, inwiefern sie Wahrheit enthält, oder ob sie zum Teil eine Erfindung ist, um eine Vorstellung klarer ins Licht zu stellen.«
    Der Alte, so wie die übrigen, baten, sie mitzuteilen, Sternbald besonders war begierig, und jener zog einige Blätter hervor, und las

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