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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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folgendes:
    »Ich war auf dem gewohnten Gange nach dem Walde begriffen, und freute mich schon im voraus, daß nun das Gemälde von der Heiligen Familie vollendet sein würde. Es war mir verdrießlich, daß der Maler so lange zögerte, daß er immer noch nicht meinen dringenden Bitten nachgab, zu endigen. Alle Gestalten, die mir begegneten, einzelne Gespräche, die ich unterwegs hörte, nichts ging mich an, denn nichts davon hatte Bezug auf mein Gemälde; die ganze außenliegende Welt war mir jetzt nur ein Anhang, höchstens eine Erklärung zur Kunst, meiner liebsten Beschäftigung. Einige alte arme Leute gingen vorbei, aber es war keiner darunter, der zu einem Joseph getaugt hätte, kein Mädchen hatte Spuren vom Antlitz der göttlichen Jungfrau, zwei Alte sahen mich an, als ob sie sich nicht unterständen, ein Almosen zu begehren; aber erst lange nachher fiel es mir ein, daß ich sie mit einer Kleinigkeit hätte fröhlich machen können.
    Es war ein heiterer Tag, die Sonne schien in die Dunkelheit sparsam hinein, nur an einzelnen Stellen sah ich die lichte Bläue des Himmels. Ich dachte: ›O wie beglückt ist dieser Maler, der hier in der Einsamkeit, zwischen schönen Felsen, zwischen hohen Bäumen seinen Genius erwarten darf, dem keine andre der kleinlichen menschlichen Beschäftigungen nahetritt, der nur seiner Kunst lebt, nur für sie Aug und Seele hat. Er ist der glücklichste unter den Menschen, denn die Entzückungen, die uns nur auf Augenblicke besuchen, sind in seinem kleinen Hause einheimisch, die hohen Götter sitzen neben ihm, geheimnisreiche Ahndung, zärtliche Erinnerung spielen unsichtbar um ihn, Zauberkräfte lenken seine Hand, und unter ihr entsteht die wundervolle Schöpfung, die er schon vorher kennt, befreundet tritt sie aus dem Schatten, der sie dem Auge zurückhält.‹
    Unter diesen Gedanken hatte ich mich der Wohnung genähert, die abseits im Holze lag. Auf einem freien weiten Platze stand das Haus, hohe Felsen erhoben sich hinter seinem Rücken, von denen Tannen rauschten und krauses Gebüsch sich im Winde oben rührte.
    Ich klopfte an die Hütte. Die beiden Kinder des Malers waren zu Hause, er selbst war nach der Stadt gegangen, um einzukaufen. Ich setzte mich nieder, das Gemälde stand auf der Staffelei, aber es war ganz vollendet. Es übertraf meine Erwartung, meine Augen wurden auf den schönen Gestalten festgehalten: die Kinder spielten um mich her, aber ich gab nicht sonderlich acht darauf, sie erzählten mir dann von ihrer kürzlich gestorbenen Mutter, sie wiesen auf die Jungfrau, ihr sei sie ähnlich gewesen, sie glaubten sie noch vor sich zu sehen. ›Wie herrlich ist diese Wendung des Kopfs!‹ rief ich aus, ›wie überdacht! wie neu! Wie wohl ist alles angeordnet! Nichts Überflüssiges, und doch, welche herrliche Fülle!‹
    Das Gemälde ward mir immer lieber, ich sah es in Gedanken schon in meinem Zimmer hängen, meine entzückten Freunde davor versammelt. Alle übrigen Bilder, die in der Malerstube umherstanden, waren in meinen Augen gegen dieses unscheinbar, keine Gestalt war so innig beseelt, so durch und durch mit Leben und Geist angefüllt, wie auf der Tafel, die ich schon als die meinige betrachtete. Die Kinder beschauten indessen den fremden Mann, sie verwunderten sich über jede meiner Bewegungen. Ihnen waren die Gemälde, die Farben alltäglich, sie wußten sich davon nichts Sonderliches, aber mein Kleid, mein Hut, diese Gegenstände waren ihnen dafür desto merkwürdiger.
    Nun kam der Alte mit einem Korbe voll Eßwaren aus der Stadt, er war böse, daß er die alte Frau aus dem benachbarten Dorfe noch nicht antraf, die für ihn und seine Kinder kochen mußte. Er teilte den Kindern einige Früchte aus, er schnitt ihnen etwas Brot, und sie sprangen damit vor die Tür hinaus, lärmten und verloren sich bald in das Gebüsch.
    ›Ich freue mich‹, fing ich an, ›daß Ihr das Bild fertig gemacht habt. Es ist über die Maßen wohl geraten, ich will es noch heute abholen lassen.‹
    Der alte Mann betrachtete es aufmerksam, er sagte mit einem Seufzer: ›Ja, es ist nun fertig, ich weiß nicht, wann ich wieder ein solches werde malen können; laßt es aber bis morgen stehn, wenn Ihr mir gefällig sein wollt, daß ich es bis dahin noch betrachten kann.‹
    Ich war zu eifrig, ich wollte es durchaus noch abholen lassen, der Maler mußte sich endlich darin finden. Ich fing nun an, das Geld aufzuzählen, als der Maler plötzlich sagte: ›Ich habe es mir seitdem überlegt, ich

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