Franz Sternbalds Wanderungen
außen mit grünen verschränkten Zweigen bekleidet waren, und ein dämmerndes Licht, wie in einer traulichen Kapelle bildeten; hier erschien die Gräfin in ihren leichten und anmutigen Bewegungen noch reizender. Es waren Kleider von verschiedenen Farben ausgebreitet, Franz wählte ein grünes von Sammet, dessen Ausschnitte mit Gold reich und prachtvoll geschmückt waren; er entfernte sich wieder in den Saal, und nach wenigen Minuten stand sie vor ihm, das grüne Gewand weit und anmutig um sie fließend, Ärmel, Saum und Busen von Golde glänzend, und auf den schweren niederhängenden Locken ein goldenes Netz, das halb das Haupt von einer Seite nur bedeckte, mit grünem Bande, wie mit Laub durchzogen. Sie nahte ihm lächelnd, und Franz fühlte in diesem Augenblicke, welche wunderbare Macht die Schönheit über das Herz ausüben könne, denn eine plötzliche Entzückung traf ihn wie ein Blitz, und er fühlte sich wie ohnmächtig. Noch bestimmter glaubte er die Unbekannte in diesem Schmucke vor sich zu sehn. Er mußte sich mit ihr vor einen großen Spiegel stellen, und er meinte in ein Zauberreich hineinzuschauen, als ihn im Spiegel die edle Gestalt mit den leuchtenden Augen und frischen Lippen schalkhaft und vertraulich anlächelte. »Nun«, sagte sie, indem sie sich in einen Sessel warf, und den entblößten runden Arm mit seinem weißen Glanze auf seiner Schulter ruhen ließ – »wie findet Ihr mich so?« Sternbald konnte erst keine Antwort auf diese Frage finden, endlich sagte er: »Glaubt mir nur, schönste Frau, daß ich noch nie geschmeichelt habe, aber wie der, der plötzlich zum erstenmal die schönste Musik in seinem Leben hörte, nicht gleich würde sagen können, wie und warum sie ihn entzückte, und welche Töne ihn am meisten hinrissen, so ist es mir bei Eurem Anblick: ich bin zu sehr von diesem Glanz überschüttet und geblendet, um wissen zu können, wann Ihr am schönsten seid.«
Die Gräfin wurde still und nachdenkend, sie ließ den reizenden Arm herunterfallen und sah vor sich hin, so daß die langen finstern Augenwimpern die feinen Wangen beschatteten. »Warum nur«, sagte sie endlich, »immer wieder diese Freude an solchem Worte, und warum erschüttert es fast die Seele, wenn es so ernst und eindringlich gesprochen wird? Ich muß und will Euch glauben, daß Ihr nicht lügt – und doch – auch die Schönheit ist Lüge, Täuschung, Traum; sie flieht wie der Frühling, wie der Gesang, wie die Liebe, und nichts ist beständig, als diese unglückselige Unbeständigkeit.« Mit einem tiefen Seufzer entfernte sie sich, sie sang drinnen einige wehmütige Töne, und kam in einem schwarzen Atlaskleide zurück, indem noch ein Tränchen, wie eine Perle, in den langen Wimpern hing. Goldene Spangen umschlossen den Arm, Perlen glänzten auf dem weißen Halse, und goldene Ketten wiegten sich auf dem Busen. »Ich bin sehr ernst«, sagte sie, »und will nicht Euer Lob und Eure Bewunderung; zeichnet jetzt, bei der ersten Anlage des Bildes kommt es auch nicht so sehr darauf an, wie ich gekleidet bin.« Der Maler machte sich an die Arbeit. Der Ausdruck ihres schönen Angesichtes war jetzt ein sehnsüchtig schwermütiger. Indem er zeichnete, sah sie ihn oft lange stumm und bedeutend an, als wenn sie mit der Seele verlorenen Erinnerungen nachginge. Ihm wurde ängstlich zu Sinne, seine Hand irrte oft, und er war endlich froh, als die Sitzung geendigt war. »Morgen«, sagte die Gräfin, »wollen wir heiterer sein«, indem sie ihm die Hand zum Kusse reichte.
Am andern Morgen fand er die Gräfin auf einem Ruhebette in Tränen aufgelöst, ein dunkler Purpur umhüllte den schönen Leib, die reichen und lockigen Haare schwellten in lieblicher Verwirrung auf Nacken, Brust und Schultern: der junge Maler glaubte sie noch nie so schön gesehn zu haben, er war von dem Anblicke entzückt, aber doch von ihren Schmerzen innigst bewegt. Ein junges Mädchen saß neben ihr, die eine Laute in Händen hatte, worauf sie eben gespielt zu haben schien. Die Gräfin setzte sich aufrecht, strich ihr schweres Haar etwas zurück, und ließ das holdseligste Lächeln durch die weinenden Mienen scheinen. »Vergebt mir«, sagte sie, »meine Trauer, wodurch ich Eure Arbeit erschweren werde; es ist überhaupt wohl kindisch, daß ich dieses Bild wünsche, um mich daran zu erfreuen, mich sollte gar nichts mehr freuen, denn mein Leben ist verloren, und doch geben wir auch im höchsten Leid unser Herz immer wieder dem törichten Spiel der Lust, dem
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