Fratze - Roman
Brandy in ihrer Unterwäsche steht immer noch viel zu nah an mir dran.
»Es ist komisch«, sagt Brandy, »aber das ist nicht das erste Mal, dass ich ein schönes Kleid kaputtgemacht habe« und zwinkert mir mit einem großen Aubergine-Dreams-Auge zu. Ihr Atem und ihre Haut fühlen sich warm an, so nah ist sie mir.
»In der Nacht, als ich von zu Hause weggelaufen bin«, sagt Brandy, »habe ich so ziemlich alle Kleidungsstücke verbrannt, die meine Familie an der Wäscheleine hängen hatte.«
Brandy weiß über mich Bescheid, oder sie hat keine Ahnung. Sie schüttet mir ihr Herz aus, oder sie nimmt mich auf den Arm. Wenn sie Bescheid weiß, ist das, was sie von Manus erzählt, vielleicht gelogen. Wenn sie nicht Bescheid weiß, ist der Mann, den ich liebe, ein unheimlicher irrer Sexualverbrecher.
Entweder belügt mich Manus, oder Brandy belügt mich, mich, das Muster an Tugend und Wahrheitsliebe hier. Manus oder Brandy, ich weiß nicht, wen ich hassen soll.
Ich und Manus oder ich und Brandy. Es war nicht schrecklich, aber Liebe war es nicht.
26
E s musste eine bessere Möglichkeit geben, Brandy zu töten. Mich zu befreien. Irgendeinen schnellen Abschluss, ein für alle Mal. So was wie ein Kreuzfeuer, aus dem ich mich wegschleichen könnte. Evie hasst mich inzwischen. Brandy sieht aus wie ich früher. Manus ist immer noch so in Brandy verliebt, dass er ihr überallhin folgen würde, auch wenn er nicht genau weiß, warum. Ich müsste Brandy nur irgendwie ins Fadenkreuz von Evies Büchse bringen.
Badezimmergeschwätz.
Brandys Kostümjacke mit der gesunden schmalen Taille und den modischen Dreiviertelärmeln liegt gefaltet auf der aquamarinblauen Ablage neben dem großen Muschelwaschbecken. Ich nehme die Jacke, und mein Souvenir aus der Zukunft fällt heraus. Die Postkarte zeigt einen sauberen, sonnengebleichten 1962er-Himmel und die Space Needle am Eröffnungstag. Man könnte aus den Bullaugen des Badezimmers blicken und sehen, was aus der Zukunft geworden ist. Überrannt von Gruftis, die Sandalen tragen und zu Hause ihre Linsen einweichen, ist sie weg, die Zukunft, die ich mir gewünscht hatte. Die Zukunft, die mir versprochen war. Alles, was ich erwartet hatte. Wie alles hätte kommen sollen. Glück und Frieden und Liebe und Behaglichkeit.
Wann , hatte Ellis einmal auf eine Postkarte geschrieben,
hat die Zukunft aufgehört, ein Versprechen und angefangen, eine Drohung zu sein?
Ich stopfe die Postkarte zwischen die Vaginoplastik-Broschüren und Labiaplastik-Informationsblätter, die zwischen den Seiten des Miss-Rona-Buchs stecken. Der Umschlag zeigt eine Satellitenaufnahme des Hurrikans »Blonde« dicht vor der Westküste ihres Gesichts. Die Blondine ist mit Perlen behangen, hier und da scheinen Diamanten zu glitzern.
Sie sieht sehr glücklich aus. Ich schiebe das Buch in die Innentasche von Brandys Jacke zurück. Ich sammle die auf den Ablagen verstreuten Kosmetika und Medikamente ein und tue sie weg. Die Sonne steht sehr tief und scheint durch die Bullaugen hinein, bald wird die Post zumachen. Ich muss noch Evies Versicherungsgeld abholen. Mindestens eine halbe Million Dollar, nehme ich an. Was man mit so viel Geld machen kann, weiß ich nicht, aber das werde ich garantiert noch herausfinden.
Brandys Frisur ist eine einzige Katastrophe, also schüttle ich sie.
Brandys Aubergine-Dreams-Augen flackern, zwinkern, flattern, blinzeln.
Ihre Haare sind hinten total plattgedrückt.
Brandy stützt sich auf einen Ellbogen. »Weißt du«, sagt sie, »ich stehe unter Medikamenten, also ist es in Ordnung, wenn ich dir das sage.« Brandy sieht mich an, die ich mich über sie beuge und ihr eine Hand hinhalte. »Ich muss dir das sagen«, sagt Brandy, »aber ich liebe dich wirklich.« Sie sagt: »Ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich möchte, dass wir eine Familie sind.«
Mein Bruder will mich heiraten.
Ich helfe Brandy hoch. Brandy stützt sich auf mich,
Brandy, sie stützt sich auf die Ablage. Sie sagt: »Nicht so was unter Schwestern.« Brandy sagt: »Ich hab noch ein paar Tage Alltagstraining zu absolvieren.«
Medikamente stehlen, Medikamente verkaufen, Kleider kaufen, Luxusautos mieten, Kleider zurückbringen, Mixgetränke bestellen, das ist nicht das, was ich Alltag nennen würde, absolut nicht.
Brandys beringte Hände öffnen sich zu voller Blüte und streichen den Rock unter ihrem Bauch glatt. »Ich habe immer noch meine komplette Originalausstattung«, sagt sie.
Die großen Hände streichen und
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