Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Rupert Frisko und unterbrach ihn in seiner Ansprache. Anstatt wie sonst energisch abzuwehren, nickte der Alte zahm wie ein Lamm und forderte die Männer auf, sich am Schanzkleid festzuhalten und auf die Bordwand zu klettern. Die „Fritz Stoltz“ lag mittlerweile seitlich im Wasser und die Backbordseite nahezu waagerecht. So bot die Schiffsseite tatsächlich einen besseren Halt als das Deck.
Nach einem erneuten knappen Wortwechsel mit dem Alten winkte Jons Linke dem Storekeeper zu, worauf sich Jochen Koch gemeinsam mit Enko Teske, dem langen Bäcker, nach achtern hangelte, um die Laschings der Barkasse zu lösen. Falls der Kahn doch und wider Erwarten sinken sollte, wie Frisko auf die fragenden Blicke der Seeleute hin betonte, also, wenn es trotz allem passieren sollte, wovon er selbstverständlich nicht ausging, nicht zu diesem Zeitpunkt, würde das Boot freischwimmen und die Männer könnten bequem einsteigen.
„… und zu ihrer sonntäglichen Spazierfahrt in See stechen“, lästerte Svend in bissigem Ton.
„Lass ihn reden“, versuchte Suse, ihn zu beschwichtigen. „Irgendwas muss er schließlich tun, um Ruhe und Sicherheit zu vermitteln.“
„Alles Lug und Trug.“
„Aber offenbar wirkt es, schau dir die Jungs an, und einzig das zählt für den Augenblick.“ Sie schüttelte sich vor Kälte und rückte dichter an Svend. „Kannst du mir ein bisschen von deiner Wärme abgeben? Ich kann gar nicht so schnell mit den Zähnen klappern, wie ich friere. Wo ist eigentlich deine Weste?“
Svend zuckte lässig mit der Schulter und legte von hinten beide Arme um Suse. Er gab keine Antwort, um sie nicht anlügen zu müssen, denn die Wahrheit würde mehr Fragen provozieren, als ihm momentan lieb sein konnte.
„In dieser Lage wird sich das Schiff auf jeden Fall eine ganze Weile halten. Alle Schotten und Bullaugen sind wasserdicht verschlossen. Es wird …“
Nur noch halbherzig folgte Susanne den enthusiastischen Durchhalteparolen des Kapitäns. Der Mann strahlte eine dermaßen übertriebene Zuversicht aus, dass sie längst Zweifel an seiner Aufrichtigkeit hegte. Glaubte er ernsthaft an das, was er sagte? Kein Wort über die Vier in dem abgetriebenen Rettungsfloß. Und was war mit den anderen auf der Steuerbordseite?
Mit Adrian? Oh nein, Adrian! Sie hatte sich nicht einmal nach ihm umgesehen! War er vielleicht sogar einer der Männer im Floß? Im Wasser? Die Angst drückte Suse die Kehle zu. Nein! Das war nicht möglich! Sie war vor ihm den Niedergang nach oben geklettert. Demnach hätte er hinter ihr sein müssen, als sie versuchte, das Schott zu öffnen. Aber …
Da war er nicht! Da war niemand ! Sie war mutterseelenallein gewesen, bis Hans Nienberg und ein Matrose sie durch das Schott gezogen hatten. Und danach hatten sie das Schott hinter ihr wieder geschlossen. Verriegelt und verrammelt! Adrian würde es von innen genauso wenig alleine öffnen können wie sie, obwohl er größer war als sie und über die Kräfte eines Schwerathleten verfügte.
Und wenn er vom Hauptdeck aus gleich zum Bootsdeck gegangen war? Dann hätte sie ihn trotzdem sehen müssen! Er musste an Steuerbord sein. Dort, wo das Schiff bereits im Wasser versunken war!
Ihre zitternde Hand griff nach dem obersten Knopf der Jacke. Ungestüm zerrte sie daran, um ihn zu öffnen. Sie bekam keine Luft mehr! Und sie wollte endlich weg von hier! Verdammt noch mal, sie konnte hier nicht länger bleiben und auf irgendetwas warten, was nicht eintreffen würde!
„Suse, komm. Wir müssen auf die Bordwand. He, was hast du?“, hörte sie Svend Berners warme, dunkle Stimme aus scheinbar weiter Ferne.
„Hast du … Adrian … weißt du, wo …“
Der Decksmann drückte sanft ihre Hand, die er immer noch wie in einem wärmenden Nest in seiner tiefen Jackentasche hielt. „Um diesen Teufelskerl musst du dir keine Sorgen machen. Ist ein wahrer Glückspilz , dein Liebster. Ich habe ihn wohlbehalten im Steuerbord-Floß abgeliefert und ihm versprochen, mich um dich zu kümmern, wie er es besser nicht könnte.“
Ein tonnenschwerer Fel sblock schien von ihrer Brust abzufallen und sie stieß die angehaltene Luft mit einem tiefen Seufzer aus. Und noch während Svend im Geiste drei Kreuze schlug, nistete sich tiefes Misstrauen in ihrem Herzen ein.
„ Du warst da drüben? Warum bist du dann nicht mit ins Floß gestiegen? Und überhaupt, wieso versprichst du Adrian, dich um mich zu kümmern? Bist du sein …“
Ein heftiger Ruck ging durch das bereits arg
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