Frau Bengtsson geht zum Teufel
Straßenseite schicken. Das Ehepaar Bengtsson war mächtig stolz auf seinen dichten, millimetergenau gestutzten Rasenteppich. Vielleicht könnte ihr Mann am Wochenende ein Wörtchen mit Herrn Rubin wechseln.
Ja, es lag wohl am Schock.
Frau Bengtsson verdrängte die Furcht vor Herrn Rubins Unkraut und holte den Staubsauger. Schließlich hatte sie viel zu tun, und es blieb ihr ja der ganze Donnerstag, um die erlösenden Tränen herauszupressen.
Frau Bengtsson war eine pragmatische Frau.
Freilich zerbrach sie sich am Donnerstag lange den Kopf darüber, was geschehen war oder was hätte geschehen können, wenn sie nicht wieder aufgewacht wäre, aber die Tränen blieben weiterhin aus. Stattdessen stellte sie allerlei praktische Überlegungen an, die sie – wie erwähnt – am Freitag ihrem Mann mitteilte. Dieser war übrigens schnell über das Ereignis hinweggekommen. Seine Frau hatte offensichtlich keinen Schaden genommen. Hätte sie Tränen der Verzweiflung vergossen, er hätte eingestimmt (auf angemessene Weise, versteht sich). Aber sie war rasch zu ihrer Routine zurückgekehrt, und dabei wollte er sie nicht stören. Herr Bengtsson war froh, dass ihm weitere Aufregung erspart blieb. Sein Heim verkam nicht, seine Ehefrau auch nicht, und er hatte die Bedrohung, die von den Massagedüsen ausging, abgewendet.
Weil alles im Haushalt seinen gewohnten Lauf nahm, verschwand das Ereignis rasch aus seinem Bewusstsein.
Die Gedanken, die seine Frau am Freitag mit ihm geteilt hatte, über Leichenschminke und Grabsteinlayout, wertete er nach kurzer Bedenkzeit als Ausdruck ihres gesunden Menschenverstandes. In ihrem Alter und nach so vielen Jahren der Ehe konnte es nicht schaden, offen und abgeklärt über solche Dinge zu reden.
Allerdings nicht an einem Freitagabend. Nicht mitten in der Lektüre der Sportbeilage. Zumal seine Frau nicht eine Träne vergossen hatte, sondern einfach mit diesen Fragen angekommen war, als wären sie eine Art Hausaufgabe aus einem ihrer Abendkurse. Und wenn das so war, konnte es auch warten.
Nachdem sie eine Weile in der Küche herumhantiert hatte, kam Frau Bengtsson zurück und setzte sich auf den Schoß ihres Mannes, mit dem sexy Lippenstift auf den Lippen.
Gut so.
Am Samstag, nach dem Abendessen im Kerzenschein (Hummerschwänze in Pernodsoße mit Kartoffelgratin) – bei dem das Ereignis des vergangenen Dienstags mit keinem Wort erwähnt wurde –, bekräftigten sie ihre Liebe ein weiteres Mal körperlich. Fast vierzig Minuten lang anstatt sieben.
Es war schließlich Samstag.
6
W as war das für ein Plan, den Frau Bengtsson da schmiedete? Der den Engel mit dem Kosenamen Nr. 1 so erschreckte, dass er Gott mitten in einem Schöpfungsakt störte?
Nun, als Mitglied der Himmlischen Heerscharen war Nr. 1 mit Recht empört, und in der Tat war der Plan höchst gotteslästerlich, wie er es ausdrückte.
Aber es sollte noch etwas dauern, bis er Gestalt annehmen und von Frau Bengtsson gebilligt würde. Der Weg dorthin war weit, und unsere Hausfrau ahnte noch nichts. Ihre spirituelle Erweckung begann mit allgemeinen, neutralen Überlegungen. Mit Neugier. Vielleicht sogar mit zärtlichen Gedanken.
Ihr Hass auf Gott begann in kleinen, zaghaften Schritten.
Am Sonntag.
Wie unschicklich.
7
E igentlich war Rakel an allem schuld, aber das wusste sie natürlich nicht.
Fräulein Rakel tat dasselbe wie jeden Sonntag.
Sie wachte auf.
Duschte.
Fühlte sich schuldig, dass sie erst eine Stunde nach dem Aufwachen an Gott dachte. Sofort widmete sie eine Viertelstunde der Selbstkasteiung und beklagte ihre Unwürdigkeit vor Gottes Liebe.
Für eine Person wie Rakel hätte es sich gehört, mit Glanz und Gloria aufzuwachen. Oder zumindest in geistiger Ruhe, mit Dankbarkeit im Herzen. Aber das war nicht der Fall. Immer öfter war es wie an diesem Sonntag: aufwachen, duschen, Kaffee trinken und plötzlich bemerken, dass man Gott vergessen hatte. Schlechtes Gewissen.
Rakel war Theologiestudentin. Rakel wollte Pastorin werden.
Doppelt so schlechtes Gewissen.
Das zumindest beherrschte sie ausgezeichnet, was sie als Zeichen eines intakten – wenn auch unvollkommenen – Glaubens interpretierte. Eine Viertelstunde Selbsterniedrigung war demnach angemessen.
Rakel ließ sich auf der Küchenbank nieder und schlug die Sonntagszeitung auf. Noch zwei Stunden bis zum Gottesdienst, dort würde sie eine ganze Stunde lang nur an Gottes Herrlichkeit denken. Also Schluss mit dem dummen Zeug – der Herr will ja, dass wir
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