Frau Schick macht blau
gezwungen, über Brautkleider und Hochzeitstorten zu diskutieren, nachdem sie ihm seine Heiratsabsichten entlockt hatte.
Man darf gespannt sein, was sie sich inzwischen so ausgedacht hat.
3.
Frau Schick sitzt immer noch bei Psychiater Grünschnabel. Der will zwar das Gespenst loswerden, sie aber anscheinend nicht. Dabei muss sie wirklich weg, das Gutachten auf die Post bringen, Hochzeitstorten probieren, und – was war ihr eben noch eingefallen? – ach ja, eine Reitgerte besorgen.
Die hätte sie jetzt schon gern parat, um Dr. Grünschnabel auf Trab zu bringen. Allmählich versteht er wenigstens, wie lästig Freda von Todden ist, weniger allerdings, dass man die Mutter aller Schreckschrauben nicht mit »vernünftigen« Fragen vertreiben kann. Trotzdem holt Dr. Grünschnabel gerade zur nächsten aus.
»Frau Schick, ich lese in Professor Ludrikeits Gutachten etwas über ›Kurzsichtigkeit und zwei Operationen wegen grünen Stars‹. Trugen Sie Ihre Brille, als Sie diese … äh … befremdliche Erscheinung im Kleiderschrank hatten?«
»Ja«, lügt Frau Schick. Sie muss dem doch nicht auf die Nase binden, dass sie auch in ihrem gesegneten Alter ungern als Eule mit zwei Glasbausteinen rumläuft.
»Sind Sie sicher? Jetzt tragen Sie die Brille schließlich auch nicht.«
Stimmt. Das muss Frau Schick zugeben. Allein wegen des charmanten Professors Ludrikeit, aber das geht den Grünschnabel nichts an. »Ist das hier ein Verhör oder ein Patientengespräch?«, fragt sie spitz. »Ich weiß, was ich gesehen habe. Schließlich hat Fredas Gesicht grün wie eine Verkehrsampel geleuchtet. Schreckliche Fratze, dazu der Hut.«
»Haben Sie das Licht eingeschaltet, bevor Sie zum Kleiderschrank gegangen sind?«
»Halten Sie mich für eine Bangbüchs? Ich bin eine preußische Offizierstochter und mehr als dreimal vier Jahre alt. Ich brauche kein Nachtlicht, und, wie gesagt, Freda hat geleuchtet.«
»Zu den Nebenwirkungen Ihrer blutdrucksenkenden Mittel gehört eine lebhafte Traumtätigkeit. Waren Sie wirklich wach, als Sie Ihren Kleiderschrank geöffnet haben?«
»Hellwach! Wenn es nächtelang im Keller ächzt und rumpelt, kann kein Mensch fest schlafen.«
»Haben Sie die Heizungsrohre überprüfen lassen?«
»Rohre und Kessel werden regelmäßig gewartet und halten derzeit brav und still ihre Sommerpause, Herr Doktor. Schließlich holt der September gerade den Sommer nach, der im August ausgefallen ist. Sehr schwül draußen, finden Sie nicht?«
Der Arzt legt eine Schweigepause ein und blättert im Gutachten über ihren Geisteszustand.
Frau Schick mustert ihn empört. Das ist ja so was von unkollegial gegenüber seinem Professor! Grünschnabel ist bestimmt ein heimlicher Zwilling von Grüßaugust Pottkämper. Könnte glatt beim Geschäftsvorstand der Schick und von Todden GmbH anfangen, der ihr, ihr , Hausverbot erteilt hat, weil sie wichtige Geschäftsverhandlungen behindern könnte. Gerne wäre Frau Schick dennoch jeden Tag ins Büro gegangen. Jetzt erst recht! Aber ihr Patensohn Johannes hat ihr geraten, der Firma fernzubleiben – »einfach einmal blaumachen«, hat er gesagt – und in der Zwischenzeit Professor Ludrikeits Gutachten einzuholen. Er will sich um alles kümmern, sobald er aus China zurück ist, wo er eine Gastdozentur als Wirtschaftsjurist innehat.
Das soll ihr auch recht sein. Parkhausbau und Pottkämpers Intrigen interessieren sie nicht die Bohne, seit sie auf dem Jakobsweg war. Seither hat sie wahrlich Spannenderes zu tun. Etwa mit dem Hochzeitskuchen und der – verflixt, was war das noch mal? – passte irgendwie nicht zur Hochzeit. Ach ja, die Reitgerte! Reitgerte .
Dafür muss sie sich auch mal eine Eselsbrücke ausdenken. Hoho! Eselsbrücke ist gut. Sehr gut! Schließlich braucht sie die Reitgerte für einen. Ihre Pilger- und Tierfreundin Bettina Blauauge hat ihr am Telefon nämlich von einem erzählt, der entsetzlich gequält wird. Direkt bei Frau Schick um die Ecke. In Hürth-Knapsack. Da muss sie sich auch mal drum kümmern.
Bettina hat an einen Eselkauf oder ein Protestschreiben gedacht, aber handfeste Nächstenliebe liegt Frau Schick mehr und Tierquäler bezahlen geht ja mal gar nicht. Verprügeln schon. Frau Schick reibt sich die Hände. Das könnte Herberger übernehmen oder Nelly, die kann sehr schön zuschlagen, wenn es darauf ankommt. Hat zwar kleine Fäuste, aber die Kraft sitzt im Herzen, wie mal ein Boxweltmeister gesagt hat. Der Name ist Frau Schick leider
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