Frau Schick räumt auf
ist noch was frei, aber ich hoffe, Sie haben schon gegessen. Wir haben nicht viel.« Sie macht eine kurze Pause. »Außer meinem Eintopf, den können Sie gerne haben.«
»Keine Sorge, Frau Schick«, wirft Herberger ein, bevor Hildegard etwas sagen kann. »Ich habe in unserem Hostal – das übrigens vorzüglich ist – etwas für Sie und Ihre Damen einpacken lassen.« Er hebt einen Korb an.
»Hoffentlich handelt es sich nicht um Suppe.«
»Es handelt sich um Käse.«
»Wie einfallslos!«
»Zum Nachttisch gibt es Mandelgebäck von der Mutter unseres Busfahrers. Sie bedauert es sehr, dass unsere Gruppe nicht vollzählig in Castrojeriz erschienen ist. Ebenso wie ich.«
»Sagen Sie ihr, dass ich diese Geste zu schätzen weiß. Sie können dann wieder fahren. Sie erwartet doch sicherlich ein fröhlicher Männerabend mit Flötenspiel und Busfahrerchor.«
»Davon ist auszugehen. Hermann wurde nach kurzem Vorsingen ein Solopart angeboten. Er übt mit Hingabe. Ich ziehe es allerdings vor, in Ihrer Nähe zu bleiben.«
»Sie schlafen auf keinen Fall mit uns in einem Raum«, protestiert Frau Schick. »Das gehört sich nicht, schon gar nicht auf geweihtem Kirchenboden. Sie sind mit keiner von uns verheiratet.«
»Das hatte ich auch nicht vor. Ich würde nämlich gern ein Auge zutun. In Notfällen finden Sie mich im Jaguar. Er parkt direkt neben dem Wohnwagen. Gute Nacht, die Damen.«
» How exciting«, haucht Hope.
» What?« , will Nelly wissen.
» This man. What a chin.«
Aufregend? Herberger? Tolles Kinn? Frau Schick würde eher sagen, dass ihr Chauffeur heute Abend wieder einmal außergewöhnlich verkniffen aussieht, und die Narben machen das nicht besser.
»Ich mach dann mal Ihre Suppe für uns warm«, bietet Bettina an.
»Nein, die überlassen wir Hildegard«, bestimmt Frau Schick. »Wer Kummer hat, muss tüchtig essen.«
Am Ende wird es dann doch ein schöner und – vor allem für Hildegard – lustiger Abend. Das liegt an Nellys zwei Flaschen Wein, von denen Hildegard eine allein leert, um den interessanten Fischgeschmack von Frau Schicks Suppe hinunterzuspülen. Seltsamerweise hat ihr der Eintopf geschmeckt, die anderen haben auf Frau Schicks Rat hin darauf verzichtet.
»Sie sollten weniger salzen«, empfiehlt Hildegard Frau Schick mit schwerer Zunge.
»Darf ich Ihnen ein bisschen Wasser nachschenken?«, erkundigt die sich beschämt. Dass sie so bösartig war, Hildegard den Katzenfraß vorzusetzen, tut ihr – nach deren Dankeschön – nun doch ein wenig leid.
»Nein, Wasser ist was für die Füße«, wehrt Hildegard ab, »denken Sie an San Bol.« Sie trinkt stattdessen den Tequila, den Hope aus ihrem Rucksack zieht.
Bettina räumt den Tisch ab. Nelly holt Frau Schick eine warme Jacke, und Hildegard steckt ein paar Münzen ins Sparschwein vor der Andenkenvitrine, ersteht eine Silberkette mit Jakobsmuschel und stößt mit sich selbst und Tequila im Weinglas auf ihren Hochzeitstag an. Dann singt sie den Mond an, bis Quijote wild zu bellen beginnt und Herberger auftaucht, um nach dem Rechten zu sehen.
»Alles in Ordnung«, beruhigt ihn Frau Schick. »Hier wird niemand ermordet, höchstens eine Flasche Tequila.«
»Trinken Sie doch’n Glas mit!«, versucht Hildegard Herberger auf ein Glas einzuladen. Der aber zieht sich rasch zurück, um einen kurzen Rundgang um die Ruine zu machen. Er leuchtet mit der Taschenlampe ins Strauchwerk, das sich von außen in die Mauern krallt, lässt den Lichtkegel über die angrenzende Weidefläche schweifen und sucht auch den Torweg noch einmal ab. Dann kehrt er zum Wagen zurück.
Im Ruinenhof breitet Hope Pferdedecken um das Feuer aus und verteilt selbstgeflochtene Freundschaftsbändchen an alle, um ihre Energiefelder miteinander und mit den Engeln zu verknüpfen. Für Frau Schicks Augen sehen die Bänder nach bunten Schnürsenkeln aus. Und Engel? Na ja, na ja, na ja. Sie sagt aber nichts, sondern bindet sich ihr Bändchen brav ums Handgelenk.
» And now let’s start our meditation on happiness« , lädt Hope zur Glücksmeditation ein. » Relax and take a deep breath.«
»Für Yoga bin ich zu müde«, lallt Hildegard. »Ein Sonn’gruß, und ich fall um.«
»Schön wär’s«, murmelt Frau Schick und zupft an ihrem Bändchen.
Bettina versichert Hildegard, dass sie weder die Sonne noch den Mond gymnastisch begrüßen müsse, sondern sich einfach hinlegen darf.
»Und dann?«
»Atmen Sie still ein und aus. Hope erzählt zunächst eine Geschichte, und ich
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