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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Galizien – unmittelbar vor sich haben.
    »Und wie steht es mit Musik und Tanz?«, fragt Frau Schick, die das mit dem harten Weg nicht hören will.
    Paolo zögert.
    »Na, kommen Sie schon, Paolo. Sie, unser reizender Fahrer und Herberger werden da doch etwas auf die Beine stellen können. Ich zahle sehr gut, fragen Sie Herberger.«
    Paolos schönes Gesicht verdunkelt sich. »Ich bin nicht käuflich, Señora Schick. Für niemanden, und meine Musik erst recht nicht. Basta!«
    Hui, kann der grimmig gucken! Da muss sie wohl ein wenig nacharbeiten. Sie zieht Paolo noch ein wenig weiter von der Gruppe weg und teilt ihm in wenigen Sätzen mit, warum Nelly dringend ein Fest mit Musik und Tanz braucht, bevor die Realität mit einer ziemlich schlechten Nachricht sie einholen wird. »Kann gut sein, dass Nelly schon morgen nur eins will: umgehend nach Deutschland zurückfliegen.«
    Paolo guckt betroffen. »Ihre Tochter iste verschwunden, abgehauen?«
    Frau Schick nickt.
    »Aber, das musse sie sofort wissen!«
    »Noch nicht, Paolo, noch nicht. Heute kann Nelly sicher keinen Flieger mehr bekommen, oder?«
    »Kaum. Wir sind hier nichte auf Mallorca.«
    »Na also. Sie würde sich nur unnötig aufregen, was weder ihr noch Becky hilft. Morgen kann Herberger sie direkt zum nächsten Flughafen fahren. Wo wäre der übrigens?«
    »Santiago. Aber bis dahin sind es von Molinaseca noch über zweihundert Kilómetros, und dazwischen liegt der Cebreiro-Pass. Besser, Eckehart fährt noch heute.«
    Frau Schick stutzt. Eckehart? Haben die beiden heimlich Brüderschaft getrunken? Interessant. Aber jetzt nicht wichtig. »Morgen ist früh genug, und Pässe sind Herbergers Spezialität«, versichert sie. »Die nimmt er souverän im Walzertakt.«
    »Geben Sie mir mein móvil«, verlangt Paolo.
    »Ihr was?«
    »Das ’andy! Ich werde Eckehart anrufen.«
    »Das werden Sie nicht tun!«
    Paolos sanftes Gesicht wird so unfassbar grimmig, dass Frau Schick nachgibt. »Bettina hat es.«
    »Señora Bettina!«, kommandiert Paolo Frau Schicks Freundin herbei. Die guckt sehr erstaunt, als sie sein Handy aus ihrer Tasche zieht.
    Der junge Mann schnappt ihr das Telefon weg, tippt eine Nummer ein und hält sich nicht lange mit Begrüßungen auf. »Wo seid ihr?«
    Paolo wiederholt einen Ortsnamen, der in Frau Schicks Ohren wie »Placebo« klingt. Danach verstehen sie und Bettina leider gar nichts mehr, denn Paolo redet in sehr schnellem Spanisch auf Herberger ein. Das Gespräch entwickelt sich stürmisch. Paolos Worte hageln und prasseln in den Hörer.
    Mit einem »Maldito« beendet er das Gespräch. Maldito muss eine Art spanisches »Donnerwetter« sein, so viel ist Frau Schick klar.
    »Und?«, will sie wissen.
    »Er wird sich um die Sache kümmern, sagt er.«
    »Soll das heißen, er will Nelly alles sagen und sie direkt nach Santiago bringen?«, forscht Bettina nach.
    » No , eben nicht. Er iste verruckt wie Frau Schick! Er sagt, wir sollen auf Nelly warten unde feiern.«
    Guter alter Herberger, denkt Frau Schick. »Was hat er denn vor?«, fragt sie.
    Paolo zuckt mit den Schultern. »Ich hoffe, eine Flug buchen. Er kennt immer eine Weg, um wegzukommen.«

55.
    Bergauf, bergab, mal linksherum, mal rechtsherum und immer der Nase nach läuft Nelly die etwa sieben Kilometer zwischen El Acebo und Molinaseca. Wenn sie einmal nicht weiterweiß, wartet sie geduldig auf einen anderen Pilger und fragt nach. Es tut gut, sich ganz und gar auf den Weg konzentrieren zu müssen. Sehr gut. Gehen geht immer.
    Quijote kommt gelegentlich vom Camino ab. In üppig bewachsenen Talschneisen, die nach Lavendel duften, locken Kaninchenbauten. Doch Quijote weiß immer, wie er wieder auf den Weg zurückkommt. Als Fährtensucher und Nellyfinder ist er ausgezeichnet. Der Hund hat auch ausgezeichnete Laune, obwohl sich kein Kaninchen blicken lässt. Seine Fröhlichkeit verdankt Nelly der Extraportion Schinkenbrot, die er zum Abschied von Herberger bekommen hat. Nelly ebenfalls. Das war es dann aber. Herberger konnte gar nicht schnell genug von ihr wegkommen, nachdem er sich als Mistkerl geoutet hatte.
    Macht nichts, hat sich Nelly während der ersten zwei Kilometer durch die toskanaähnliche Wildnis eingeredet. Macht gar nichts.
    An einer Wegkreuzung, als sie einmal wieder nicht weiter wusste, weil keine Muschel und kein gelber Pfeil in Sicht waren, musste sie sich dann aber eingestehen, dass es ihr sehr wohl etwas ausmacht, dass Herberger nicht mitgekommen ist. Sie hätte nämlich sehr gern

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