Frau Schick räumt auf
›Verfolgungswahn‹, ›Bewusstseinsspaltung‹, ›Halluzinationen‹ und ›Vergeltungsfantasien‹.«
»Pardon, aber das klingt doch sehr nach Küchenpsychologie!«, protestiert Bettina.
»Also haargenau richtig für den Grüßaugust! Wenn ich schon plemplem sein soll, dann möchte ich wenigstens gefährlich klingen – für andere. Nur bitte fantasieren Sie sich nichts über traumatische Kindheitserlebnisse und Papa-Mama-Freud zusammen. Ich hatte meine Eltern sehr gern und wollte sie auch nie ermorden.«
Bettina zögert und nimmt einen Schluck vom Kaffee, den ihnen Señor Viabadel nach einem vorzüglichen Imbiss und getaner Arbeit im Patio serviert hat. »Ich weiß nicht recht, Frau Schick. Seriöse Neurologen arbeiten nicht mit derart unscharfen Begriffen, das fällt auf.«
»Dem Grüßaugust nicht.«
»Aber Sie sind – salopp gesagt – nun einmal nicht verrückt.«
Frau Schick schnellt im Korbstuhl empor. »Erlauben Sie mal! Ich rede laut mit Madonnenfiguren und bedrohe sie mit dem Tod! Das haben Sie in Burguete doch selbst mitangehört.«
Bettina nimmt einen Schinkenrest vom Teller und lässt Quijote danach schnappen. »Frau Schick, ich habe in der Kirche lediglich gehört, dass Sie den Verrat und den Tod eines geliebten Menschen verarbeiten müssen.«
»Was Sie überhaupt nichts angeht!«
Bettina seufzt. »Wie auch immer. Danach war mir jedenfalls begreiflich, warum Sie tags zuvor Gott als Mörder bezeichnet haben. Wut ist eine wichtige und normale Phase der Trauerarbeit. Es spricht sogar für Ihre stabile Psyche, dass Sie sich dieses Gefühl nicht verbieten oder es mit aller Macht verdrängen. Ein herzhaftes Donnerwetter ist gesünder als ein scheinheiliges Vaterunser, sagt man im Volksmund.«
Frau Schick schürzt trotzig die Lippen. »Ich und gesund? Wehe, Sie schreiben davon auch nur ein Wort an diesen Filou von Pottkämper.«
»Warum werfen Sie diesen Mistkerl nicht einfach raus?«
»Das wäre nur das halbe Vergnügen. Außerdem brauchen Sie das Geld, um endlich ein Tierheim zu gründen und aus Ihrer Irrenanstalt herauszukommen.«
»Frau Schick, bitte, es handelt sich um eine psychiatrische Fachklinik.«
»Die zumindest Ihnen nicht bekommt. Wie viel zahlt der Grüßaugust eigentlich pro Bericht?«
»Hundertfünfzig Euro.«
»Ich hoffe aus eigener Tasche!«
Bettina nickt und lockt Quijote näher zu sich. »Das ist anzunehmen. Er zahlt es mir nämlich schwarz, bar auf die Hand.«
»Trotzdem ganz schön knickerig, wenn man bedenkt, dass dieser Knallkopf auf die Übernahme der Schick und von Todden GmbH spekuliert. Na, da schreiben Sie ab heute am besten zwei Berichte täglich, damit es ihm finanziell schon jetzt ein bisschen wehtut.«
»Ich möchte wirklich keine Berichte mehr verfassen. Mir bekommt diese klinische Betrachtungsweise energetisch überhaupt nicht.«
Transuse! Frau Schick verdreht die Augen. »Also gut, dann machen wir es eben so: Die Verrücktheiten bringe ich selbst zu Papier, und Sie schreiben mich nach Herzenslust gesund. Abschicken werden wir unsere jeweiligen Berichte abwechselnd. Heute gaga, morgen ganz im grünen Bereich; das macht den Grüßaugust hübsch kariert im Kopf und fuchsteufelswild.«
»Ich denke nicht, dass Herr Pottkämper für positive Nachrichten etwas bezahlen wird.«
» Ich bezahle dafür, liebe Bettina. Sagen wir achthundertfünfzig Euro pro Bericht. Zusammen mit dem, was Sie von Pottkämper für die von mir verfassten Wahnsinnsnachrichten einstreichen, erhalten Sie dann pro Tag insgesamt tausend Euro. Wir sind noch acht Tage unterwegs, da kommt zusammen mit Ihren Lebensversicherungen hübsch etwas für unser Tierheim zusammen! Ich bin übrigens sehr dafür, dass wir es hier und nicht auf Lanzarote eröffnen. Der Jakobsweg soll ja voller Streuner sein, und außerdem können Sie Ihre Tierliebe dann mit Ihren spirituellen Interessen verbinden.«
Und wenn sie möchte auch mit gelegentlichen Besuchen auf der Finca Viabadel und bei dem reizenden Basken. Frau Schick lächelt und lehnt sich entspannt im Korbstuhl zurück. Diese vorausschauende Form umfassender Nächstenliebe ist viel vergnüglicher, als immer nur Schecks für gute Zwecke auszustellen. Bettinas Tierheim hat sie bereits eine großzügige Spende zugesichert und sich ein Mitspracherecht.
» Nomen est omen« , hat Paul immer gescherzt, wenn sie ihm besonders hohe Spenden abschwatzen musste: »Ich bin der schnöde Schick und du mein Schicksal, aber übertreib es nicht.« Papperlapapp! Es
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