Frauen, die Geschichte machten
Patriarchen von Aquileja an,
Margarete auf den März 1342 nach Treviso vorzuladen, wo sie sich mit ihrem verstoßenen Ehemann wieder vereinigen sollte. Die
Gräfin lehnte ab. Nun drohte der Bann, die Ausstoßung Margaretes und ihres künftigen Mannes aus der Gemeinschaft der Gläubigen.
Kaiser Ludwig, selbst wegen »Ungehorsams« und Missachtung päpstlicher Rechtssprüche im Kirchenbann seit 1324, ließ von zwei
prominenten Kirchenkritikern, Wilhelm von Ockham und Marsilius von Padua, die bei ihm in München Schutz gefunden hatten, nachweisen,
dass auch ein Kaiser berechtigt sei, Ehescheidungen und -schließungen vorzunehmen. Ein Hochzeitszug brach im Februar 1342
nach Tirol auf. Unterwegs verunglückte der Bischof von Freising, der die Zeremonie hatte vollziehen sollen, auf einer vereisten
Passstraße und brach sich den Hals. Das wurde im Land als böses Omen angesehen. Danach fand sich kein Geistlicher mehr, der
das Paar trauen wollte, Kaiser Ludwig nahm die Handlung schließlich selbst vor, getreu der Lehren, die seine Theologen für
ihn aufgestellt hatten. Über das Fürstenpaar von Tirol wurde der Bann und über das Land das Interdikt verhängt. 17 Jahre lang,
bis Margarete und ihr Mann vom Bann befreit wurden, blieben die Kirchentüren in Tirol verschlossen.
Das propagandistische Kesseltreiben gegen die »Maultasch« trug Früchte. Was immer in dieser Zeit an Widrigkeiten im Land passierte,
Heuschreckenplage, |91| Überschwemmungen, Erdbeben, schließlich der »Schwarze Tod«, die Pestepidemie von 1348–1350, für alles galt als Ursache das
vermeintlich sündige Verhalten der Tiroler Landesherrin.
1347 war die Luxemburger Partei so weit, dass sie einen Einmarsch in Tirol wagen konnte. Johann Heinrichs Bruder, der Böhme
Karl, war inzwischen als Gegenkönig gegen Ludwig den Bayern gewählt worden. Er stieß, im Bund mit oberitalienischen Fürsten
und Teilen des Tiroler Adels, von Trient aus vor. Sein Angriff kam allerdings nicht weiter als bis zum Schloss Tirol, Margaretes
Regierungssitz. Ihr Mann war außer Landes in Kämpfe in Brandenburg verstrickt. Sie musste die Verteidigung allein organisieren
und tat das geschickt und energisch. Es gelang ihr, die Belagerer so lange abzuwehren, bis Markgraf Ludwig auf dem Plan erschien
und sowohl Karl zum Rückzug nötigte als auch die abtrünnigen Tiroler Adligen zur Rechenschaft zog. Die Verteilung der Regierungsaufgaben
spielte sich ein. Ludwig, des Öfteren abwesend, um die Wittelsbacher Positionen anderweitig zu verteidigen, überließ Tirol
weitgehend der Obhut seiner Frau, die mit fester Hand die Geschicke des Landes lenkte. Die räumliche Trennung der Ehegatten
wurde allerdings ab 1351 geringer; anlässlich einer Erbteilung verständigte sich Ludwig mit seinen Brüdern darauf, das ferne
Brandenburg abzugeben. Er erhielt dafür das an Tirol grenzende Oberbayern.
Anders als die erste Ehe war Margaretes zweite mit Kindern gesegnet. Wie viele es genau waren, ist nicht bekannt, wahrscheinlich
je zwei Mädchen und Jungen, die aber alle nicht lange lebten. Dokumentiert ist nur der 1343 geborene Sohn Meinhard, der dringlich
ersehnte männliche Erbe. Für ihn wurde bereits im Alter von zehn Jahren eine Habsburger Prinzessin als Frau ausersehen. Noch
galt er aber als illegitim, weil er im Ehebruch gezeugt war. Es wurde also nachgerade Zeit, Margaretes Trennung von ihrem
ersten Mann und die Verheiratung mit dem zweiten zu legalisieren. Das Tiroler Fürstenpaar nahm deswegen im Jahr 1355 Verhandlungen
mit der Kurie in Avignon auf, um endlich vom Bann loszukommen. Es bedurfte noch längerer Wartezeit, bis sich die Kirche bereit
fand, ihre verstoßenen Schafe wieder aufzunehmen. Dabei bestand gar kein Grund, noch länger an der Rechtmäßigkeit wenigstens
der Scheidung zu zweifeln, denn der verstoßene Ehemann Johann Heinrich hatte längst mit dem Segen der Kirche neu geheiratet.
Dennoch erteilte Papst Innozenz VI. erst im April 1358 die nötigen Vollmachten. Im Juni desselben Jahres durften die Kinder,
Margarete von Österreich und Meinhard von Tirol, inzwischen 13 und 15 Jahre alt, ihre Hochzeit feiern. Im September 1359 erfolgten
dann auch die Lösung Margaretes und Ludwigs vom Kirchenbann und die Aufhebung des Interdikts über ihr Land. Beauftragte des
Papstes schieden die »wilde« Ehe zwischen Margarete und Ludwig und gaben den beiden auf, vorerst getrennt zu leben. Das war
nur symbolisch gemeint.
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